Ein Kellner räumt einen Tisch in einem Restaurant ab.  (Foto: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Kellner zahlen Strafe für zerbrochene Gläser

Reporter: Max Zettler / Onlinefassung: Corinna Kern   09.06.2023 | 12:00 Uhr

In Gastro-Betrieben geht immer mal wieder ein Glas zu Bruch. Ein Missgeschick, das auch Kellnern mal passiert, wenn sie mit ihrem Tablett durch enge Gänge mit vielen Menschen müssen. Für herunter gefallene Gläser müssen Kellner in einigen Betrieben in Saarbrücken eine Strafe zahlen.

Dass Gläser in Gastro-Betrieben kaputt gehen, passiert immer mal wieder. Mal sind es Kunden denen das Missgeschick passiert und manchmal auch den Servicekräften.

Das Risiko dafür erhöht sich, wenn der Service unterbesetzt ist und zeitgleich viele Gäste bedient werden müssen. In einigen Gastronomie-Betrieben müssen die Servicekräfte eine Strafe zahlen, wenn ihnen Gläser zu Bruch gehen.

Audio

Kellner zahlen Strafe für zerbrochene Gläser
Audio [SR 3, Max Zettler, 09.06.2023, Länge: 03:09 Min.]
Kellner zahlen Strafe für zerbrochene Gläser

Strafzahlungen für die Belegschaft

Anna (Name geändert) arbeitete bis vor Kurzem in einem Lokal in Saarbrücken. Während ihres Studiums wollte sie sich etwas Geld hinzuverdienen.

Glücklich war Anna mit den Arbeitsbedingungen nicht. Einer der Gründe waren ständige Strafzahlungen, die sie und die Belegschaft von Seiten des Chefs erhalten habe, sagt sie. "Es gab vor ein paar Monaten mal eine Zeit, da mussten wir zwei Euro für kaputte Gläser zahlen. Wir mussten auch mal was für Teller zahlen", sagt Anna. Je nach Laune des Chefs seien die Strafzahlungen eingeführt und dann wieder abgeschafft worden.

Auch für andere Gegenstände, die kaputt gingen, sei ein Verantwortlicher gesucht worden. "Wenn es diese Person dann aber nicht wirklich gibt, dann wird die Gruppe halt dafür verantwortlich gemacht", berichtet die ehemalige Kellnerin.

Versuch der Einschüchterung?

Im Arbeitsvertrag hätte es keine Regeln für solche Strafzahlungen gegeben, so Anna. Trotzdem habe das Problem niemand aus dem Kollegium angesprochen. "Ich denke, da geht's auch ein bisschen drum, uns einzuschüchtern. So zu sagen: 'Ihr seid hier unser Team! Ihr müsst immer Vollgas geben. Wenn's für mich schlecht läuft, läuft's für euch auch schlecht."

Kein Einzelfall

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten bestätigt, dass es solche Strafzahlungen gibt. Laut Geschäftsführer Tobias Wolfanger sind die Strafzahlungen auch aus anderen Betrieben im Saarland bekannt. "Wir hören immer wieder davon in unserer gewerkschaftlichen Arbeit", so Wolfanger. Wie weit das System verbreitet sei, könne er jedoch nicht sagen. Es beschränke sich aber nicht nur auf den Saarbrücker Raum und viele Beschäftigte würden sich auch nicht wehren, so der Gewerkschafter.

Mutwillig oder fahrlässig?

Bei einem heruntergefallenen Glas gibt es natürlich die Frage der Haftung. Wenn Servicekräfte mutwillig Gläser zerstören, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einer Zahlung verpflichten. Bei versehentlich vom Tablett gefallenen Gläsern oder Tellern gilt das allerdings nicht. Das fällt in den Bereich der Fahrlässigkeit.

Das bestätigt auch der Geschäftsführer des Deutschen Hotel und Gaststättenverbands im Saarland Frank Hohrath. Falle "im Gewühl" ein Glas herunter, sehe er rechtlich keinen Haftungsgrund. Zudem hält er in den aktuellen Zeiten des Fachkräftemangels Strafzahlungen und Kollektivstrafen für unsinnig.

Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 09.06.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja