Tour de Kultur: Die Ruine von Burg Fleckenstein im Elsass

Zerstört unter dem Sonnenkönig

Die Ruine von Burg Fleckenstein im Elsass

Dagmar Scholle   24.07.2023 | 06:00 Uhr

Es ist nicht mein erster Besuch auf der Burg Fleckenstein, aber die imposante Lage überwältigt mich jedes Mal aufs Neue. Da ragt dieser langgestreckte, äußerst schmale Felsen 30 Meter hoch über die hügelige, einladende Waldlandschaft hinaus.

Früher mag das anders gewesen sein. Im 12. Jahrhundert, als die Geschichte der Burg Fleckenstein begann, war der Wald vermutlich urwüchsiger und wenig zugänglich, wer weiß. Aber der Sandsteinfelsen hat schon 240 Millionen Jahre auf dem Buckel – ein paar Jahrhunderte Burggeschichte sind da ein Klacks. Ein Naturwunder also zu allererst, dieser Fleckenstein – und dann kamen die Baumeister.

Eine Burg im uralten Felsen

Die Ruine von Burg Fleckenstein im Elsass (Foto: SR/Dagmar Scholle)
Im Inneren der Burg

Wer die Burg Fleckenstein heutzutage besichtigt, gelangt zunächst zu einem kleinen Besucherzentrum mit angeschlossenem Café. Hier treffe ich Betty Favreau, die langjährige Geschäftsführerin der Anlage, die bei ihr immer noch Eindruck macht. „Wenn man hochsteigt auf die Burg Fleckenstein, geht man mitten durch diesen 240 Millionen Jahre alten Fels. Das spürt man.“

Und tatsächlich: Die ausgetretenen Stufen, die schmale, langgezogene Treppe, die Meißelspuren an den Wänden ziehen mich in ihren Bann. Welche kühnen Baumeister kamen seinerzeit bloß auf die Idee, in diesen schmalen und hohen Felsen Treppen und Kammern hineinzuschlagen? Aber das ist ja nicht alles. Denn Treppen und Kammern alleine machen noch keine Burg. Die wurde ja oben auf dem Felsplateau gebaut. Dort wurde Baumaterial benötigt. Also wurde das, was unten herausgehauen wurde, oben wieder zu einer Burg zusammengesetzt, erzählt Betty Favreau.

Mit Wind in den Haaren auf dem Burg-Plateau

Die Ruine von Burg Fleckenstein im Elsass (Foto: SR/Dagmar Scholle)
Auf dem Burg-Plateau

Mit diesen Gedanken steige ich hinauf. Durch den uralten Fels, der also nicht einfach nur irgendwie mit einer innenliegenden Treppe versehen wurde. Stattdessen hat man das Material sorgfältig in Form von Bausteinen herausgebrochen. Und vom Plateau aus wurde ein breites Loch durch den gesamten Fels nach unten getrieben, als Brunnen. Durch dieses Brunnenloch zog man die Steine dann mithilfe eines Tretrades nach oben. Eigentlich unvorstellbar.

Wer auf dem Plateau angekommen ist, dem pfeift an manchen Tagen ordentlich der Wind um die Ohren. Denn die eigentliche Burg gibt es nicht mehr. Stattdessen stehen noch einzelne Mauerreste – beeindruckend genug. Und diese Aussicht über Wälder und kleine Siedlungen zwischen Elsass und Pfalz: atemberaubend!

Schatzsuche und Rätselspiele

Die Ruine von Burg Fleckenstein im Elsass (Foto: SR/Dagmar Scholle)
Rätselspiel: Am Ende wartet ein Schatz

Mit zerzausten Haaren also ein Rundgang in luftiger Höhe. Wortfetzen in allen möglichen Sprachen sind zu hören – immerhin 70.000 Besucher besichtigen die Anlage pro Jahr. Eine Gruppe Kinder rennt mit konzentrierter Miene durch die Gänge; sie erkunden das Gelände auf ganz besondere Weise. „Ja“, sagt Betty Favreau und lacht. „Die sind auf den Spuren der Rätselburg. Denn so eine Burg „einfach so“ zu besichtigen, das kann ja auch mal ein bisschen langweilig sein. Viel Geschichte, alte Steine – deshalb gibt es hier auch eine andere Art, das Ganze zu erkunden.“

Zwanzig Stationen mit kniffeligen Aufgaben – das hält jede Familie auf Trab, sagt Betty Favreau. Und lässt alle eintauchen in die Zeit des Mittelalters, auf spielerische Weise. Dass es am Ende darum geht, einen Schatz zu ergattern: klar. Aber den hat man sich nach anderthalb bis zwei Stunden Rätselburg auch redlich verdient.

Die Geschichte der Burg Fleckenstein

Die Ruine von Burg Fleckenstein im Elsass (Foto: SR/Dagmar Scholle)
Die Ruine von Burg Fleckenstein

Verdient hat diese Burg auch ihre vielen Besucher. Denn neben der besonderen Lage ist auch die Geschichte der Burg Fleckenstein eine besondere. Nicht nur, weil sie immer im Besitz einer Familie war – was ungewöhnlich ist – sondern auch, weil sie trotz ihrer besonderen Lage am Ende kampflos eingenommen wurde. Ja, sagt Betty Favreau und seufzt, diese Gegend hier war nicht gut zu sprechen auf Louis XIV, den Sonnenkönig. Aber nach dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde das Elsass halt französisch, und die Familie Fleckenstein hat die Burg nur noch verwaltet, nicht mehr bewohnt. Als dann 1680 die Truppen des Sonnenkönigs ans Tor klopften, gelangten sie kampflos hinein – und zerstörten die Burg, die in ihrer Glanzzeit als uneinnehmbar galt.

Jetzt seufze ich auch. Schade drum! Aber da ist ja auch noch der Familienname, Fleckenstein. Den gibt es noch? „Ja“, sagt Betty Favreau, „den Namen gibt es noch, aber die Linie der Fleckensteins von der Burg ist 1720 ausgestorben.“ Trotzdem ist die Geschichte nicht wirklich zu Ende. Betty Favreau holt ein dickes Buch und legt es auf den Tisch: ein Gästebuch, das Buch der Fleckensteins. Wer diesen Nachnamen trägt, darf sich eintragen. Fasziniert blättere ich hindurch. Einträge aus aller Welt sind dort zu lesen. Die Linie der Burgherren mag ja ausgestorben sein – die Verbundenheit mit diesem besonderen Ort und dem Namen aber ist es ganz sicher nicht.


Auf einen Blick


Kontakt
Burg Fleckenstein
Lieu-dit Fleckenstein
F-67510 Lembach
Tel.: (00333) 88 94 28 52
www.fleckenstein.fr/de/

Öffnungszeiten
Die Burg Fleckenstein ist von Ende März bis Anfang Nov. täglich geöffnet von 10.00 – 17.30 Uhr. Letzter Eintritt: 17.00 Uhr.

Eintritt
Der normale Eintritt kostet für Erwachsene 5,- €, für Kinder 3,- €, mit der Rätselburg für Erwachsene 9,50 €, für Kinder 8,- €, als Familienkarte 32,- €.


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 17.08.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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