Galerie-Wohnung des Malers Vadim Korniloff (Foto: Stephanie Prochnow)

Übernachten im Universum eines Künstlers

Die Galerie-Wohnung des Malers Vadim Korniloff

Stephanie Prochnow  

Eigentlich hatte der Maler Vadim Korniloff aus Metz nur einen Raum in der Innenstadt gesucht, um seine Bilder auszustellen. Eine Art Privat-Galerie. Doch nachdem er die Wohnung im Erdgeschoss eines Hauses aus dem 17. Jahrhundert - nur eine Straße von der Metzer Kathedrale entfernt - gekauft hatte, kam ihm eine bessere Idee: Die Besucher der Galerie können hier auch übernachten. Die Galerie-Wohnung gibt es seit mehr als einem Jahr.

Mit dem Kauf einer Wohnung in der Metzer Innenstadt, wollte der Künstler Vadim Korniloff eigentlich nur eine Privat-Galerie einrichten. Aber, inzwischen können Kunstinteressierte dort auch übernachten. Damit nicht nur Bekannten ein paarmal im Jahr zu einer Vernissage kommen, sondern auch Menschen, die vielleicht zufällig auf das Zimmerangebot stoßen, von seinre Kunst angesprochen werden, schuf Korniloff seine „Galerie-Wohnung“. Eingerichtet ganz dandyhaft im Stil des ausgehenden 19., frühen 20. Jahrhunderts.

Das ist Korniloffs Stil. Vielleicht liegt das auch ein wenig an der Familiengeschichte: Seine Vorfahren entstammen der russischen Oberschicht und waren 1917 mit dem Ende der Zarenherrschaft nach Frankreich emigriert. Korniloff bezeichnet sich selber als altmodisch, mit einem Hang zur Melancholie. Die Dekoration seiner Galerie- Wohnung, sagt er, sei ein wesentlicher Bestandteil seines Universums.

Galerie-Wohnung Vadim Korniloff (Foto: Stephanie Prochnow)

Selbstportraits mit Frau und Hund

Wer den Maler zu Hause – in einem anderen Stadtteil von Metz – besucht, kann sehen, dass seine eigene Wohnung, die gleichzeitig auch Atelier ist, ähnlich wie die Galerie eingerichtet ist: dunkle Tapeten, Holzparkett, schwere Vorhänge bis zum Fußboden. An den Wänden hängen die Werke Korniloffs bis zur Decke: Selbstporträts mit seiner Frau und seinem Hund.

Arbeiten, die manchmal bedrückend wirken, aber auch eine gehörige Portion Selbstironie zeigen: Der Maler eng umschlungen mit seiner Frau, die ihm zu entgleiten droht. Der Maler vervielfacht als multiple Persönlichkeit auf Stelzen, ängstlich nach unten blickend. Von dort bedroht ihn sein ebenfalls verdreifachter Hund – identisch angezogen wie der Maler.

Mediathek

Mediathek: Tour de Kultur: Übernachten im Universum eines Künstlers
[Audio: SR 3, Stephanie Prochnow, 05.08.2016, Länge: 3:13 Min.]
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Sein Hund, erzählt Vadim Korniloff, ist oft überdreht, auf der Straße von zu viel Trubel schnell verängstigt, und sein ewiges Gejaule kann ganz schön nerven. Solche skurrilen Alltäglichkeiten verarbeitet Korniloff eindrucksvoll in seinen Bildern. Aber auch existenzielle Ängste. Er überträgt sein Gefühl direkt aufs Papier, ohne nachzudenken, was er malen soll: „Alles was mich quält, von dem befreie ich mich auf diese Weise“, sagt er.

Musik von Ravel bis Madonna

Aber Korniloff hat auch viel Humor und Selbstironie. „Ich will meine Gäste nicht im Stillen mit meinen Werken zu lassen. Da könnte man ja Angst kriegen“, antwortet er schelmisch auf die Frage, warum in der Galerie-Wohnung ein Plattenspieler steht. Die dazugehörige Schallplattenauswahl reicht von Ravel bis Madonna. „Ich höre quasi ständig Musik“, erzählt Vadim Korniloff.

Und er möchte, dass die Besucher ganz in seinen Kosmos eintauchen, wenn sie in seiner Galerie übernachten. Deshalb sucht man hier auch einen Fernseher vergeblich – zu viel Ablenkung vom Wesentlichen, den Bildern. Von denen wird der Besucher geradezu bedrängt in dem gut 20 Quadratmeter kleinen Raum. Aus Platzgründen lässt sich das Doppelbett tagsüber ein Stück unter eine erhöhte Holzetage schieben und wird mittels eines Überwurfs zum Sofa. Korniloff hat sich das selber ausgedacht und gebaut.

Lebenskrise führte zur Malerei

Einige der Möbel im Zimmer wurden von seiner Frau bemalt. Das ist ihr Hobby. Und eben dadurch kam der Autodidakt Kornillof zur Malerei – als er schon 30 Jahre alt war. Einmal habe er einfach so einen Stift seiner Frau genommen und angefangen zu zeichnen, erzählt Vadim Korniloff. Er war erstaunt, wie natürlich sich das anfühlte und wie gut er malen konnte. Da begann er exzessiv zu malen – es war in gewisser Weise die Verarbeitung einer Lebenskrise und eine besondere Art der Kommunikation mit seiner Frau.

Galerie-Wohnung des Malers Vadim Korniloff (Foto: Stephanie Prochnow)

Früher hatte Korniloff unter anderem eine DVD-Kette in Metz besessen. Seit fünf Jahren lebt er von seinem neuen Beruf – der Malerei. Dazu ist nun noch der Nebenverdienst mit den Übernachtungsgästen gekommen. Frühstück bietet er in der Galerie-Wohnung nicht an. Das ist aus Platz- und  aus organisatorischen Gründen nicht möglich. Aber das ist kein Problem. Schließlich lässt sich direkt um die Ecke in einem der netten Cafés der Metzer Innenstadt gut frühstücken.

Stammgäste aus der Musikszene

Mit seiner Galerie-Wohnung möchte der Maler Leute ansprechen, die an Kunst interessiert sind. Und tatsächlich steigen regelmäßig Musiker oder Schriftsteller hier ab, die in Metz Termine haben. Diese Treffen sind immer wieder eine Überraschung, sagt Korniloff. Weil er sonst als Künstler meist allein zu Hause arbeitet, sei das eine schöne Abwechslung. Zur Schlüsselübergabe empfängt Vadim Korniloff seine Gäste mit einer Privatführung in der Galerie-Wohnung. Danach lässt er sie allein in seinem Universum. Und wer möchte, kann nach der Übernachtung sogar ein kleines Stück dieses Kosmos mitnehmen. Denn die ausgestellten Bilder sind auch käuflich zu erwerben.

Stephanie Prochnow


Auf einen Blick


Kontakt
Galerie-gîte Vadim Korniloff
10, rue Chèvremont
F-57 000 Metz
Tel.: (00 336) 44 01 01 77
https://vadim-korniloff.com/galerie-gite-metz/

Öffnungszeiten
Ganzjährig buchbar

Preise
Eine Übernachtung für eine oder zwei Personen 70 Euro, zwei Übernachtungen für eine oder zwei Personen 130 Euro, drei Übernachtungen für eine oder zwei Personen 180 Euro (maximal 3 Übernachtungen möglich).

Anfahrt
Über die A 4 nach Metz, weiter über die A 314 bis zur Innenstadt, Parken bei der Kathedrale (Place d'Armes). Von hier aus ist die Rue Chèvremont in drei Minuten zu Fuß zu erreichen.



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