Interview der Woche: „Eine Verschiebung der Außenpolitik“

„Eine Verschiebung der Außenpolitik“

Interview der Woche mit Antonia Hmaidi vom Mercator Institute for China Studies

Janek Böffel   08.04.2024 | 13:00 Uhr

Nach den in den vergangenen Tagen bekannt gewordenen Fällen von chinesischer Spionage im Bereich Wirtschaft, aber auch im politischen Bereich von einem Mitarbeiter des AfD Europa-Spitzenkandidaten Maximilian Krah, sieht die Analystin Antonia Hmaidi im Interview der Woche in allen Fällen ein klar erkennbares System, in dem sich Wirtschafts- und klassische Spionage vermischen.

Die jüngsten Spionagefälle stünden symbolisch für die chinesischen Aktivitäten, sagt Antonia Hmaidi, Analystin beim Merics-Institut. Es seien binnen kurzer Zeit Fälle von Wirtschaftsspionage, aber auch von politischer Spionage bekannt geworden.

Möglichst lange unerkannt im System sein

Beide Arten würden aber die chinesischen „Kerninteressen berühren“. Zumal in China selbst nicht so sehr zwischen beiden Spielarten unterschieden würde. Dabei verfolge China vor allem den Ansatz, möglichst lange unerkannt im System zu bleiben, um so vor allem Informationen zu sammeln.

Es sei dennoch eine Verschiebung der Außenpolitik. Das hänge auch mit Staatschef Xi zusammen und wie er die Welt sehe, sagt Hmaidi. Ihre Einschätzung: „Dass er die Welt an sich als feindlich ansieht und den Westen insbesondere.“

Importzölle kommen oft zu spät

Mit Blick auf die Konkurrenz aus China auf dem Weltmarkt, betont Hmaidi, dass es ein Wettlauf der Systeme sei, obwohl China längst Deutschlands wichtigster Handelspartner ist.

Der chinesischen Konkurrenz zu begegnen, dazu brauche es mehrere Maßnahmen. Importzölle könnten zwar eine Lösung im Umgang mit der oft subventionierten chinesischen Produktion sein, sagt Hmaidi: „Das Problem ist, dass sie oft zu spät und zu langsam sind.“

Besser Ausschreibungsvorgaben ändern

Jetzt erst Importzölle auf Elektroautos zu erheben sei zwar machbar, würde aber im Endeffekt dafür sorgen, dass es weniger Elektroautos auf dem Markt gebe. Möglich wäre es beispielsweise, die Ausschreibungsvorgaben zu verändern, dass dadurch auch deutscher Stahl bei öffentlichen Aufträgen verwendet werden könne, auch wenn er beispielsweise zehn Prozent teurer sei.

Doch es brauche auch längerfristige Überlegungen. „Ist das Wirtschaftsmodell, das wir in den letzten 20 bis 30 Jahren hatten, mit geringen Löhnen für unseren Wirtschaftsstandort und starken Exportüberschüssen noch das richtige?“ Denn dieses Modell versuche China in Teilen zu emulieren und werde damit zur deutlichen Konkurrenz auf dem Weltmarkt, so Hmaidi. Und China habe nun einmal 15-mal so viele Menschen.

Ein Thema der Sendung "Bilanz am Mittag" am 27.04.2024 auf SR 2 KulturRadio. DAs Foto ganz oben zeigt Antonia Hmaidi von Merics (Bildquelle: Merics)

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