Ein Screenshot einer mutmaßlichen Betrüger-Website (Foto: SR)

Geschädigte sagen im Cybertrading-Prozess aus

Niklas Resch   14.06.2022 | 16:03 Uhr

Im Betrugsprozess um gezinkte Online-Finanzportale haben die ersten Geschädigten ausgesagt. Vor dem Saarbrücker Landgericht schilderten sie, wie sie ihr Geld verloren haben. Bei einigen ging es um den Verlust der Altersvorsorge.

In dem Saarbrücker Prozess um einen Multi-Millionen-Betrug mit gezinkten Online-Finanzportalen waren diese Woche zum ersten Mal Geschädigte im Zeugenstand. Unter anderem hat eine 66-jährige Frau aus Nordrhein-Westfalen von ihren Erfahrungen berichtet. Sie hat laut eigener Aussage 120.000 Euro auf der Plattform „Option888“ verloren.

Sie sei im Juli 2017 durch Werbung aufmerksam geworden und habe zunächst 1000 Euro eingezahlt. Ein Callcenter-Mitarbeiter habe ihr dann Tipps für Wetten auf Börsenkurse gegeben. Da sie vermeintlich Gewinne machte, legte sie immer wieder Geld nach. Dafür habe sie auch ihre Lebensversicherung aufgelöst.

Gesamtschaden von rund 42 Millionen Euro

Im Oktober 2017, nur drei Monate nach der ersten Einzahlung, wurde auf ihrem Kundenkonto laut Aussage ein Guthaben von 243.000 Euro angezeigt – rund das Doppelte der eingezahlten Summe. Aber nur ein paar Tage später sei fast das ganze Geld weg gewesen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass alles gezinkt war und gar keine Finanzgeschäfte stattfanden und das Geld über ein Geldwäschenetzwerk direkt in die Taschen der Betrüger floss. In dem Prozess geht es um mehr als 1100 Geschädigte und um einen Gesamtschaden von rund 42 Millionen Euro.

Mann aus Rheinland-Pfalz verliert 56.000 Euro

Auch andere Geschädigte berichten von einem ähnlichen Vorgehen, nachdem sie sich bei der Online-Plattform „Option888“ angemeldet hatten. Ein 81-Jähriger aus Rheinland-Pfalz schilderte am Dienstag, wie er von einem Callcenter-Mitarbeiter dazu überredet wurde, mehrfach größere Summen nachzuschießen, nachdem die Geschäfte zu Beginn gut liefen.

Am Ende seien rund 56.000 Euro weg gewesen. Der 81-Jährige sagte aus, Teile davon habe er aus seiner Altersvorsorge eingezahlt.

Bereits am Montag hatten mehrere Geschädigte ausgesagt, demzufolge hatten sie zwischen 8000 und 75.000 Euro auf der gezinkten Finanzplattform „Option888“ verloren.

Welche Rolle spielte der Angeklagte genau?

Für die Betrugsmasche an sich tauchen im Prozess immer mehr Beweise auf. Allerdings gibt es an einzelnen Stellen Zweifel, welche Rolle der Angeklagte Azem S. dabei genau spielte.

Aussagen von Ermittlern legen nahe, dass er als Callcenter-Betreiber im Kosovo wohl weniger zu sagen hatte, als sein mitangeklagter Kompagnon Betim T. . Dieser ist noch auf der Flucht.

Mutmaßlicher Drahtzieher in U-Haft verstorben

Schon an mehreren Prozesstagen ist deutlich geworden, dass der eigentliche Drahtzieher der Betrugsmasche der deutsche Uwe L. war. Dieser sei, so ein Ermittler, durch die Betrugsmasche vom Millionär zum Multimillionär geworden.

Uwe L. saß in der JVA Saarbrücken in Untersuchungshaft. Dort war er im Sommer 2020 unter nie ganz geklärten Umständen an einer Medikamenten-Überdosis gestorben.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 14.06.2022 berichtet.

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