Die saarländische Landtagspräsidentin Heike Becker (Foto: IMAGO / BeckerBredel)

Woran es bei der Umsetzung des Klima-Bürgerrates hakt

Christian Leistenschneider   16.07.2023 | 08:42 Uhr

Mit einem Klima-Bürgerrat will Landtagspräsidentin Heike Becker Saarländerinnen und Saarländern mehr Beteiligung an der Demokratie ermöglichen. Die Umsetzung des Plans erweist sich aber als schwierig. Ein externer Dienstleister soll helfen.

Wie groß das Potenzial von Gesetzesinitiativen zum Klimaschutz ist, die Politik beim Bürger in Messkredit zu bringen, hat die Ampel-Regierung in Berlin leidvoll erfahren müssen. Der Streit um das sogenannte Heizungsgesetz, mit dem die CO2-Emissionen im Gebäudesektor eingedämmt werden sollen, hat die Zustimmungswerte der Bundesregierung teilweise auf 20 Prozent absinken lassen.

Von derart desaströsen Zahlen ist die saarländische Landesregierung weit entfernt. Demokratische Ermüdungserscheinungen werden aber auch an der Saar registriert. So war die Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl 2022 die zweitniedrigste in der Geschichte des Bundeslandes.

Bürgerrat soll Handlungsempfehlungen geben

Um dem entgegenzuwirken, hatte die neugewählte Landtagspräsidentin Heike Becker in ihrer Antrittsrede unter anderem die Einrichtung eines Bürgerrates zum Thema Klimawandel vorgeschlagen. Zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger sollen debattieren, was das Saarland zum Klimaschutz beitragen und wie es sich auf den Klimawandel einstellen kann.

Daraus sollen Handlungsempfehlungen hervorgehen, die im Landtag verhandelt werden. Sollte sich das Verfahren bewähren, könnten auch weitere Thema in Bürgerräten besprochen werden.

Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Klima-Bürgerrates
Audio [SR 3, (c) SR, 16.07.2023, Länge: 00:42 Min.]
Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Klima-Bürgerrates

Komplexes Thema

Mehr als ein Jahr hat es gedauert, bis sich die Landtagsverwaltung an die konkrete Umsetzung der Pläne gemacht hat. Man habe erst noch die neuen Transparenzregeln umsetzen und das beschlossene Lobbyregister in die Wege leiten müssen, sagt der Leiter des dortigen Präsidialbüros, Jürgen Renner.

Aber auch die Personalsituation in der Verwaltung auf der einen, die Komplexität des Themas auf der anderen Seite verhinderten eine schnelle Durchführung, sagt Renner. Und man müsse konstatieren: Ohne Unterstützung von außerhalb werde man das Projekt kaum stemmen können.

Schwierigkeiten schon bei der Zusammensetzung

Schon bei der Frage, wie die Auswahl und Zusammensetzung der Teilnehmer funktioniert, stoße man auf Schwierigkeiten, erklärt Renner. Denn Bürgerräte sollen zwar zufällig zusammengestellt werden, aber auch einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung bieten. Potenzielle Teilnehmer könnten also per Los aus dem Melderegister gefunden werden, ihre Auswahl müsste aber durch bestimmte Kriterien definiert werden.

Wie genau das funktionieren soll, wie die Arbeit des Rates strukturiert wird und was mit seinen Handlungsempfehlungen passiert, das muss der Landtag in einem Einsetzungsbeschluss festlegen. Die Vorbereitung entsprechender Konzepte und die organisatorische Begleitung des Bürgerrates sei mit den personellen „Bordmitteln“ der Landtagsverwaltung allerdings nicht zu bewältigen.

Zu wenig Erfahrung im Saarland

Darum soll ein externer Dienstleister mit entsprechenden Erfahrungen hinzugezogen werden. Im Saarland werde der aber vermutlich nicht zu finden sein, sagt Renner. Außerdem werde wohl die Besetzung einer neuen Projektstelle in der Landesverwaltung nötig, die sich der Begleitung und Auswertung des Verfahrens widmen kann.

Die nötigen finanziellen Mittel dafür sind laut Renner zumindest im Haushalt 2023 bereits gesichert. Veranschlagt sind 200.000 Euro. Wann das Konzept zum Klima-Bürgerrat im Saarland steht, darauf will sich der Leiter des Präsidialbüros aber nicht festlegen.

Über dieses Thema berichten auch die SR-Hörfunknachrichten am 16.07.2023.


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