Patienten im Wartezimmer einer Arztpraxis (Foto: picture alliance/dpa | Sina Schuldt)

Aufnahmestopp in vielen saarländischen Arztpraxen

Jennifer Heck   17.06.2023 | 13:58 Uhr

"Wir nehmen leider keine Patienten mehr auf." Diesen Satz hören Patientinnen und Patienten auf der Suche nach einem Arzttermin aktuell häufiger. Grund könnte unter anderem der Wegfall der Neupatientenregelung sein.

Die Situation in den saarländischen Arztpraxen ist angespannt. Neupatienten hören derzeit in vielen Praxen, dass keine neuen Patientinnen und Patienten mehr aufgenommen werden.

Laut Kassenärztlicher Vereinigung sind 66 Hausarzt-Stellen nicht besetzt. Die Zahl der an der Versorgung teilnehmenden Vertragsärzte gehe zurück.

Parallel zu dieser Entwicklung ist die Inanspruchnahme des ärztlichen Bereitschaftsdienstes laut Kassenärztlicher Vereinigung Saarland im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen.

Bereitschaftspraxen gefordert

"Neben dem dramatischen Mangel an Allgemeinmedizinern haben wir im Saarland ein Problem bei der ambulanten Notfallinanspruchnahme über die 116117", so Harry Derouet, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland (KVS). "Diese steigt im Saarland jährlich zweistellig. Dies ist bereits jetzt kaum noch zu bewältigen."

Eine Ursache könnte der Wegfall der Neupatientenregelung sein: Um Geld einzusparen und die finanzielle Situation der Krankenkassen zu verbessern, hatte das Bundesgesundheitsministerium im letzten Jahr ein Paket auf den Weg gebracht, das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz.

Was ist die Neupatientenregelung?

Drei Jahre zuvor war die Neupatientenregelung im Zuge des Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführt worden. Sie besagt, dass ärztliche Leistungen an Neupatienten nicht aus einem gedeckelten Topf, sondern extra vergütet werden.

Arztpraxen hatten also einen finanziellen Anreiz, mehr Patienten zu behandeln und längere Sprechzeiten anzubieten. Längere Wartezeiten und Aufnahmestopps für Neupatienten sind nach Wegfall der Regelung nun die Folge.

Dabei gelten alle, die zum ersten Mal in eine Praxis kommen wollen ebenso als Neupatient wie solche, die zum letzten Mal vor über zwei Jahren in der Praxis behandelt wurden.

Kürzere Sprechzeiten, Ärzteschaft überaltert

"Die Situation ist schon recht schlimm", sagt Ralf-Jürgen Best, der selbst seit fünf Jahren im Rentenalter ist und dessen Praxis einen Aufnahmestopp hat. "Sie können ja nicht mehr als arbeiten. Es fehlen Ärzte, massenhaft. Der Ärztemangel fällt nur weniger auf, weil viele über das Rentenalter hinaus weiter arbeiten."

Dass die saarländische Vertragsärzteschaft überaltert ist, kompliziert die Gesamtsituation laut Derouet noch. Jeder fünfte Arzt sei mindestens 65 Jahre alt.

Wandel der Einstellung zum Arztberuf

Die jüngeren Nachfolger seien oft nicht gewillt, dauerhaft über 50 Stunden pro Woche zu arbeiten.

Der Trend zur Teilzeitarbeit führt laut Kassenärztlicher Vereinigung dazu, dass zunehmend vollständige Versorgungsaufträge nicht mehr wahrgenommen würden und die Versorgungslage sich weiter verschlechtert.

Lösungen aus der Politik gefordert

Um die Gesamtsituation zu entschärfen, sind strukturelle Änderungen gefordert. Zum Beispiel könnten mehr Studierende zu einer Lösung beitragen.

Mehr Studienplätze zu schaffen, wird das Problem aus Sicht der KVS zwar allein nicht lösen. Doch ein Anwachsen der Studentenzahl auf das Niveau von vor der Wiedervereinigung im Jahr 1989 von 15.000 sei durchaus sinnvoll.

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