Ein Graureiher sitzt auf einem Ast (Foto: IMAGO / Philippe Ruiz)

Autobahn GmbH droht Strafe wegen Rodung in Graureiher-Brutgebiet

Herbert Mangold / Onlinefassung: Rebecca Wehrmann   04.07.2023 | 18:26 Uhr

Im Februar hat die Autobahn GmbH mit Rodungsarbeiten eine Graureiher-Kolonie bei Güdingen gestört. Das Saar-Umweltministerium hat den Fall untersucht und geht von einem Fehlverhalten der GmbH aus. Das Ergebnis könnte teure Folgen haben.

Die Autobahn GmbH hatte im Februar an der A620 in Höhe Güdingen Bäume gefällt – in einem kleinen Waldstück, in dem sich eine von nur zehn bekannten Graureiher-Kolonien im Saarland befindet. Ein Mitglied des Naturschutzbundes (Nabu) hatte die Arbeiten zufällig beobachtet und dem Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) gemeldet.

Das ließ die Arbeiten dort sofort stoppen, doch es war schon zu spät. Die Autobahn GmbH hatte zu dem Zeitpunkt schon eine Schneise mitten durch das Brutgebiet geschlagen und damit die streng geschützten Vögel aufgeschreckt.

Video [aktueller bericht, 03.07.2023, Länge: 2:39 Min.]
Autobahn GmbH droht Strafe wegen Rodung in Graureiher-Brutgebiet

Graureiher-Nester zerstört, Vögel verlassen Brutgebiet

Die Autobahn GmbH wies damals alle Schuld von sich: Durch die Arbeiten seien keine Nester zerstört worden, zudem sei der Eingriff aus Gründen der „Verkehrssicherungspflicht“ notwendig gewesen. Das LUA sei bereits im Oktober über die notwendige Maßnahme informiert worden – was die Behörde allerdings bestritt.

Bei den Untersuchungen des Ministeriums habe sich nun aber herausgestellt, dass mindestens zwei Nester zerstört worden seien. Zudem habe sich ein Teil der Graureiher-Kolonie so gestört gefühlt, dass sie von der Brutstätte abgezogen seien.

Art und Umfang der Rodung unverhältnismäßig

Aber warum hatte die Autobahn GmbH so lange mit den Arbeiten gewartet? Das ist für das Umweltministerium unverständlich. Denn zwischen dem 1. Oktober und 15. Januar hätte die GmbH die Arbeiten in Zusammenarbeit mit dem LUA ohne Gefahr für die Graureiher durchführen können.

Desweiteren sei ebenso nicht klar, weshalb die Autobahn GmbH mitten in dem Waldstück überhaupt verkehrssichernde Maßnahmen für nötig hielt: Es ist von allen Seiten von Schnellstraßen umschlossen und für Menschen normalerweise unzugänglich. „Aus unserer fachlichen Sicht gingen Art und Umfang der Rodungsmaßnahmen über das übliche Maß für Verkehrssicherungsmaßnahmen hinaus“, teilte das Ministerium mit.

Höhe des Bußgeldes noch unklar

Das LUA bearbeite aktuell ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen möglicher Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Über die Höhe des drohenden Bußgeldes möchte das Ministerium zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Angaben machen.

Der Nabu begrüßt die Entwicklung: „Wir hoffen, dass der Fall Konsequenzen haben und die Behörde ein ordentliches Bußgeld verhängen wird, damit so etwas nicht mehr vorkommt“, sagt Landesvorsitzende Julia Michely. Es käme im Saarland ständig vor, dass die Niststätten streng geschützter Arten gestört werden: Solche Fälle melde der Nabu regelmäßig an das LUA.

Autobahn GmbH äußert sich nicht

Der Fall der Graureiher-Kolonie sei aber durchaus ungewöhnlich: „Diese Vögel kann man gar nicht übersehen“, erklärt Michely. „Ihre Nester dennoch mutwillig zu zerstören oder zu entfernen ist kein Kavaliersdelikt und schlicht verboten.“

Die Autobahn GmbH selbst will sich zu dem Fall noch nicht äußern: Das LUA habe sie noch nicht kontaktiert, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren sei noch „nicht aktenkundig“. „Wir bitten daher um Verständnis, dass wir uns nicht zu mutmaßlichen Fehlern, fachlichen Urteilen Dritter oder Vorwürfen äußern können, die uns noch nicht vorgehalten wurden“, teilte Sprecher Klaus Kosok auf SZ-Nachfrage mit.

Glück im Unglück

Eine frohe Botschaft gibt es allerdings: Auch wenn ein Teil der Graureiher aus Güdingen flüchtete, stellte sich beim Rest doch noch Nachwuchs ein. „Die andere Hälfte der Kolonie hat nach dem Abschluss der Rodungsarbeiten dort weitergebrütet“, erklärt das Umweltministerium. „Ende Mai sind somit etwa 20 Jungvögel ausgeflogen.“

Laut Angaben des Nabu waren Graureiher lange Zeit im Saarland praktisch ausgestorben – inzwischen sei der Bestand durch strengen Schutz wieder auf 100 bis 150 Paare angewachsen. In dem Waldstück bei Güdingen nisten die Vögel seit 20 Jahren und hätten zum Zeitpunkt der Arbeiten schon zu brüten begonnen.

Über dieses Thema hat auch die SR Fernsehsendung "aktueller berich" am 03.07.2023 berichtet.


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