Tour de Kultur 2018: Historischer Halberg (Foto: SR)

Das Schloss, das Grab, der Mythos

2.000 Jahre Geschichte auf dem Wanderweg „Historischer Halberg“

Steffani Balle   31.07.2018 | 12:50 Uhr

Wenn ich im 2. Stock des Hörfunkgebäudes auf dem SR, im so genannten "Newsroom" aus dem Fenster schaue, sehe ich eine Tafel auf einem Sockel aus Stahl, auf der steht: Der Saarländische Rundfunk. Das wäre nichts Besonderes, wäre diese Tafel nicht eine von 19 Stationen auf einem Wanderweg, der vor Historie nur so strotzt: Historischer Halberg heißt der dreieinhalb Kilometer lange Rundweg. Den gehe ich zusammen mit unserem Spezialisten für Historisches ab, Roland Schmitt, seines Zeichens Archivar und Bibliothekar, also Hüter des geschriebenen Wortes beim SR.



Audio

Tour de Kultur: Wanderweg „Historischer Halberg
Audio [SR 3, Steffani Balle, 31.07.2018, Länge: 03:00 Min.]
Tour de Kultur: Wanderweg „Historischer Halberg

Es sind eher die kleinen Dinge, die ich auf unserem Spaziergang nochmal genauer ansehen möchte. Denn natürlich kenne ich als Freiluft-Freundin die Hausstrecke für die Mittagspause. Natürlich weiß ich, dass der Blick auf die Stiftskirche Sankt Arnual besonders schön ist, natürlich habe ich vom Mithras-Kult und seiner leicht gruseligen Kultstätte auf dem Halberg gehört. Und natürlich stehe ich jedes Mal bewundernd vor dem alten Schloss, in dem die SR-Intendanz residiert.

Tour de Kultur 2018: Historischer Halberg (Foto: SR)
Tour de Kultur 2018: Gedenkstein für den "armen Mottel"

Aber meine Lieblingsstelle ist der Gedenkstein für den armen Mottel nach einem knappen Kilometer des Wanderwegs. Links vom Abgrund, gesichert für Wanderer durch einen Metall-Handlauf, ist etwas in den weichen Sandstein geritzt: "Denckmahl dem Unglücklichen Guten Mottel / Er ertrank D 16 Mai 1810 bei Sarbrüken in der Saar / Seines Alters 18 Jahr / Er war ein guter Mensch / Sanft Ruhe Seine Asche. " In ungelenker Schrift haben die Kollegen den Gedenk-Spruch für ihren ertrunkenen Freund in den Stein geritzt. Und sie haben eine kleine Einbuchtung zusätzlich hinein gehauen. Ein Detail, das nachdenkliche Menschen erfinderisch gemacht hat. In den 1970er Jahren hatte der ehemalige Kulturredakteur des SR, Arnfrid Astel, den Eindruck: Irgendetwas fehlt hier – und er legte einen Pfennig in die Ausbuchtung. Und das macht Roland auch jedes Mal mit einem Cent, wenn er an der Stelle vorbei kommt. Der Cent vom vorigen Mal ist dann nämlich auch schon wieder verschwunden. Wohin? – Von einer diebischen Elster geklaut? Vom Regen heraus gespült? Oder von einem Glück-Suchenden als ein gutes Omen eingesteckt? – Man weiß es nicht.

Steinmetz-Zeichen in der Mithras-Grotte

Tour de Kultur 2018: Historischer Halberg (Foto: SR)
Mithras-Grotte

Ein paar Schritte zurück, an der Wand rechts neben dem Gewölbe der Mithras-Kultstätte findet sich ein weiteres Kleinod. Ein Männlein, ein Tier, das ein Vogel oder ein springender Hund sein kann und ein paar kryptische Zeichen sind in den weichen Sandstein geritzt. Man sieht sie nur, wenn man ganz nah ran geht, etwas über Kopfhöhe. „Das sind Steinmetz-Zeichen“, erklärt mir Roland. Jeder professionelle Steinmetz hatte früher sein eigenes Zeichen, das er nach getaner Arbeit irgendwo im Gebäude verewigte. Sozusagen die frühen Vorfahren der heutigen Graffity-Künstler. Es war wie eine Signatur auf einem Bild und auch für die Abrechnung nicht unwichtig.

Über den weichen, gut begehbaren Waldweg gehen wir zurück Richtung Kuppe, kommen am Friedhof der Familie Stumm vorbei. – Tragisch: Der kleine Sohn der Familie wurde nicht mal zwei Jahre alt. „Das ist exterritoriales Gebiet“, erklärt Roland. Der ganze Halberg ist SR-eigen, aber dieser Fleck hier, der gehört nach wie vor der Familie Stumm.

Wer den Bus nimmt, kennt den Pilz

Tour de Kultur 2018: Historischer Halberg (Foto: SR)
"Der Pilz" - heute auch ein Denkmal

Weiter oben am Berg steht der „Pilz“ – die Bushaltestelle. Auch das ein Denkmal, allerdings aus den 1960er Jahren des vorigen Jahrhunderts, Denkmal, weil er typisch für seine Epoche ist. Schließlich erreichen wir wieder das Plateau des Halbergs mit dem Prunkstück, dem Schloss Halberg. Die eigentliche Geschichte aber erzählt eine Baulücke: Hier stand das Schloss Monplaisir, das Mitte des 18. Jahrhunderts der Rückzugsort von Fürstin Wilhelmine wurde, der das ehebrecherische Verhalten ihres Gatten Ludwig am städtischen Hof missfiel. Von französischen Revolutionstruppen zerstört, gibt es heute nur noch eine nachempfundene Zeichnung, wie das Lustschlösschen mal ausgesehen hat.

Tour de Kultur 2018: Historischer Halberg (Foto: SR)
Das einstige Schloss des Stahlbarons Stumm

Das große, noch vorhandene Schloss ließ Stahlbaron Stumm 1880 im neogotischen Stil für sich neu bauen, mit reichlich Türmchen, Stuck und Wandschmuck. Ein Überbleibsel des damaligen Stils findet sich im Erdgeschoss: Die Damentoilette ist einen Blick wert. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Schloss Sitz des französischen Generalgouverneurs Grandval, der später Botschafter von Frankreich im Saarland wurde. Dem waren die neogotischen Türmchen zu „preußisch“, so dass er sie abnehmen ließ. Und schließlich fand das Schloss im Jahre 1959 seine noch heutige Bestimmung: Es ist Sitz der Intendanz des SR.

Besonders ist auch das Grab des Fürsten Heinrich, dessen Gebeine erst in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf den Halberg zur letzten Ruhe kamen, weil der es in seinem Testament so bestimmt hatte. Und nicht zuletzt sind auch die mehr als 3.000 unterschiedlichen Bäume und Pflanzen etwas Besonders auf dem Halberg.

Kultur, Geschichte und Natur

Tour de Kultur 2018: Historischer Halberg (Foto: SR)
Blick auf die Stiftskirche

Idyllisch-grün mit Vogelgezwitscher und dem Rauschen der Bundesstraße, unter dichten Baumkronen in unendlicher Vielfalt spazieren – und das Hämmern der Großbaustelle ganz weit unten hören. Zu erahnende Bauwerke aus der Römerzeit entdecken, vor allem die Mithras-Kultstätte, das fürstliche Schloss aus dem 18. Jahrhundert, die Westwall-Bunker des Zweiten Weltkriegs und die aktuellen Gebäude des Saarländischen Rundfunks: Der Rundweg Historischer Halberg ist ein Wanderweg für alle, die historische Brüche und das Grün inmitten der Stadt lieben. Und einer für alle, die mal eben so 2.000 Jahre Geschichte in drei Stunden durchwandern wollen. Denn die Zeit braucht man, wenn man wirklich alle 19 Stationen auf sich wirken lassen möchte.

Kontakt

Saarländischer Rundfunk
SR Unternehmenskommunikation
Funkhaus Halberg
66100 Saarbrücken
Tel.: (0681) 602-20 48
Fax: (0681) 602-20 49
E-Mail: fuehrungen@sr.de
www.sr.de

Öffnungszeiten

Der Wanderweg ist ganzjährig begehbar.

Eintritt

Der Historische Halberg kann auf eigene Faust erkundet werden. Oder man nimmt an der kostenlosen Führung teil. Eine vorherige Anmeldung ist dafür notwendig. Führungen durch das Funkhaus sind nach vorheriger Anmeldung auch möglich und kostenlos.

Anfahrt

Von Saarbrücken A 620 fahren Sie die Ostspange ab. Folgen Sie der Mainzer Straße Richtung Saarbrücker Zoo. Das Funkhaus Halberg befindet sich in der Franz-Mai-Straße. Das Funkhaus ist auch ausgeschildert. Parkmöglichkeit unterhalb des Pförtnerhauses, neben dem „Pilz“ im Rondell, dort auch Einstieg in den Rundweg.

Tipps

Festes Schuhwerk ist von Vorteil, vor allem wenn’s nass ist. Der Weg ist nicht barrierefrei. Rollstuhl/Rollatoren sind auf dem Plateau des Halbergs für die Stationen 15 bis 19 einsetzbar. Es gibt eine Broschüre mit allen Erklärungen über unsere Unternehmenskommunikation zu beziehen. Dort kann man auch geführte Touren buchen.
Reine Gehzeit etwa 2 Stunden, geführt etwa 3 Stunden.
Entlang des Wegs den kleinen blauen Richtungs- Pfeilen mit Beschriftung „Historischer Halberg“ folgen.



Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja