1 Kleines aber feines Waderner Stadtmuseum im Oettinger Schlösschen (Foto: Christina Pluschke)

So kann man Flöhe fangen

Kleines aber feines Waderner Stadtmuseum im Oettinger Schlösschen

 

"Geschichte zum Anfassen" soll das neu gestaltete Waderner Stadtmuseum bieten und zwar aus ganz unterschiedlichen Epochen. So würdigt die Ausstellung sowohl die Gräfin Octavie de Lasalle, wie auch einzelne Waderner Bürger und ihren Widerstand im Nationalsozialismus. Gehen Sie mit "Tour de Kultur" auf Entdeckungsreise.

Sie muss eine sehr selbstbewusste Frau gewesen sein, die „Malergräfin“ Octavie de Lasalle von Louisenthal. Eine schillernde Persönlichkeit, die ihrer Zeit (1811 – 1890) weit voraus war. Mit großer Selbstverständlichkeit lebte und arbeitete sie in erster Linie für die Kunst. Sie malte mit Leidenschaft, legte hier besonderes Augenmerk auf die Gesichter ihrer Figuren, musizierte auch vor größerem Publikum wie zum Beispiel bei einem Pariser Salon, wo sie neben Frédéric Chopin am Flügel saß. Und nicht zuletzt ging sie auch durch ihre Wohltätigkeit in die Geschichte der Stadt Wadern ein. So kann man auf einem von ihr gemalten Bild im neuen Stadtmuseum Wadern, das im Vordergrund ihre Mutter, daneben die Künstlerin selbst zeigt, auch im Hintergrund ein kleines Haus erkennen, das die Familie Lasalle als eine Art Sozialhaus eingerichtet hatte. Der Grundstein für das heutige Waderner Krankenhaus.

5 Kleines aber feines Waderner Stadtmuseum im Oettinger Schlösschen (Foto: Christina Pluschke)

Kein Wunder also, dass man dieser Frau ein eigenes Zimmer im Museum gewidmet hat. Ein außergewöhnliches Zimmer, in dem neben den Originalbildern auch die Originalharfe der Octavie de Lasalle von Louisenthal zu bestaunen ist. Eine Harfe aus der berühmten Pariser Werkstatt von Georges Cousineau, die man auch als eines der Highlights in der Sammlung bezeichnen kann. Die Klänge genau dieses Instrumentes ertönen, sobald man den Raum betritt, in dem die Gräfin tatsächlich im Mittelpunkt des Geschehens steht. Denn der Raum ist eine Rotunde, alles dreht sich sozusagen um Octavie de Lasalle.

Neues Konzept für das Museum

Das Stadtmuseum Wadern wurde 1978 von Willy Weinen gegründet, der das Museum über 30 Jahre lang ehrenamtlich und mit großem Engagement betreut hat. Nach seinem Tod 2009 beschloss der Waderner Stadtrat, das Museum neu zu gestalten. Dabei sollte aber nicht die Arbeit von Willy Weinen in den Hintergrund gerückt werden, sondern man wollte vielmehr auch das, was er zusammengetragen hatte, einem neuen Zeitgeist angepasst präsentieren.

Mit völlig neuem Konzept ausgestattet, wird das Museum auch seinem Gründer gerecht und zeigt sein Schaffen und die Entwicklung des Museums genauso eindrucksvoll wie das Leben und die Arbeit anderer Waderner Bürger aus der Vergangenheit. So geht man zum Beispiel auch auf den Widerstand im Nationalsozialismus ein, indem das Handeln einzelner Waderner Bürger ausdrücklich gewürdigt wird. Und man bekommt Einblicke in die verschiedenen Abschnitte aus 2.500 Jahren der Geschichte des Hochwalds, wobei die 24 Dörfer in den 14 Stadtteilen Waderns besonders hervorgehoben werden.

2 Kleines aber feines Waderner Stadtmuseum im Oettinger Schlösschen (Foto: Christina Pluschke)

Es geht um Schloss Dagstuhl, die Burgruine Dagstuhl, Schloss Münchweiler oder die Gallo-Römischen Monumentalgrabhügel von Oberlöstern. Nach Aussage von Christina Pluschke, der Museumsleiterin, will das Museum nicht nur Sammelstätte alter Funde sein. Man möchte die Besucher mitnehmen in die einzelnen Zeitepochen, ihr Interesse wecken, damit sie nach dem Besuch im Museum auch direkt nach Dagstuhl, Münchweiler oder Oberlöstern fahren. Pluschke führt die Besucher selbst durch die neuen Räume, zeigt nicht ohne Stolz, dass hier Geschichte mit Einsatz moderner Medien präsentiert wird. Denn neben der Ausstellung der Originalobjekte sind Filme zu sehen, die zum Beispiel die Entwicklung von Schloss Dagstuhl in Ton und Bild darstellen, man hört Musik, die auf der Originalharfe der „Malergräfin“ gespielt wurde oder es ertönt ein Gedicht über mittelalterliche Markttage aus einem kleinen metallenen Lautsprecher, den der Besucher ans Ohr halten kann. Eines von Pluschkes Lieblingsstücken ist ein so genannter Flohfänger aus dem 17. Jahrhundert, den man bei neueren Ausgrabungen bei Schloss Dagstuhl gefunden hat. Ein kleines durchlöchertes und wunderschön gedrechseltes Gefäß, das man an einer Schnur um den Hals trug. In diesem Gefäß enthalten war eine klebrige Masse wie beispielsweise Wachs oder Harz, die durch die Körperwärme weich wurde. Dazu gab man vielleicht noch ein, zwei Tropfen Blut, um die Flöhe ins Innere zu locken, wo sie dann festklebten. Geschichte mit Geschichten aus dem Alltag weiß die Museumleiterin zu erzählen und freut sich über das Interesse der Besucher.

Geschichte zum Anfassen

Auch das Oettinger Schlösschen selbst darf in der ständigen Ausstellung, die immer mal wieder neu sortiert wird, nicht vergessen werden. Denn nicht nur, dass hier das heutige Stadtmuseum eingerichtet wurde, es wurde auch von einer wichtigen Waderner Persönlichkeit erbaut. Von Graf Joseph Anton von Oettingen-Sötern, dem es ab 1759 als ersten festen Wohnsitz diente. Wie herrschaftlich man damals lebte, ist auch heute noch unter anderem am Stadtpark zu erkennen, der sich hinter dem Schloss befindet. Diesem Grafen Joseph Anton von Oettingen-Sötern hat man auch die Verleihung des Marktrechts im Jahr 1765 zu verdanken, wodurch Wadern, damals noch ohne Stadtrechte, eine Blütezeit erfuhr. Auf kleinen Holztafeln zeigt man, dass viele Redewendungen, die wir bis heute anwenden, aus dieser Zeit stammen, wie zum Beispiel „jedes Wort auf die Goldwaage legen“, „scher dich dahin, wo der Pfeffer wächst“ oder dass das Wort „ellenlang“ in Wadern auf ein anderes Maß zurückzuführen ist als in Merzig. Denn eine Elle in Wadern war 62,62 cm lang, in Merzig dagegen 67,61 cm.

Also alles in Allem wurde bei der Neugestaltung sehr großen Wert auf die Anschaulichkeit gelegt, man will Geschichte zum Anfassen präsentieren, die Lust auf mehr macht. Und das ist schon von außen zu erkennen. Scherenschnitte der ortsansässigen Künstlerin Barbara Ihle sind als Personen-Silhouetten aus unterschiedlichen Epochen in die Vorhänge des Schlösschens eingearbeitet und locken den Besucher ins Innere des Hauses, wo er der Geschichte ein Stück näher kommen kann. Allein in den ersten vier Monaten nach der Neueröffnung im Oktober 2013 sind mehr als 800 Besucher dieser Aufforderung gefolgt. Man kann während der Öffnungszeiten (siehe Infokasten) oder aber zu anderen telefonisch vereinbarten Zeiten an Führungen teilnehmen. Für Schulklassen oder Kindertagesstätten bietet das Museum spezielle Kinderführungen an, die auch den Park mit einbeziehen, wo die Kinder ihrem Bewegungsdrang nachgeben können. Zum neuen Schuljahr will man im Herbst eine erste Sonderausstellung präsentieren. Sie wird sich mit dem Ersten Weltkrieg vor 100 Jahren beschäftigen.

Renate Wanninger


Kontakt:

Stadtmuseum Wadern
Marktplatz 4 (Kleiner Markt)
66687 Wadern
Tel.: (06871) 501-183 oder 5070
E-Mail: stadtmuseum@wadern.de
www.stadtmuseum-wadern.de

Öffnungszeiten/Führungen:

Do./So. 13.00 – 18.00 Uhr, Sa. (April – Okt.) 13.00 – 18.00 Uhr.

Öffentliche Führungen an jedem letzten Sonntag im Monat um 15.00 Uhr,

Gruppenführungen/Terminanfragen außerdem telefonisch oder per Mail.

Eintritt:

Erwachsene 2,50 Euro

Kinder bis 6 Jahre frei,

Kinder ab 6 Jahren/Ermäßigte 1,50 Euro

Familien 6 Euro

Gruppen ab 8 Personen 2 Euro pro Person

Anfahrt:

A 1 Ausfahrt Nonnweiler-Bierfeld bzw. -Braunshausen, -Primstal, Richtung Wadern, der Ausschilderung Richtung Marktplatz folgen. Sie finden das Museum gegenüber der Kirche.



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