Haguenau im Elsass (Foto: Lisa Huth)

Hopfen, Färberkrapp und Militär

Beschauliches Haguenau im Elsass

Lisa Huth  

Im westlich von Straßburg gelegenen Haguenau wird Nachhaltigkeit ganz groß geschrieben. Geschichte und Kultur der fast 1000 Jahre alten und beschaulichen Stadt im Elsass lassen sich auch bequem mit dem Fahrrad erkunden. Ein besonderes Erlebnis ist die Stadtführung mit der Lokalgröße Marcel Neiss.



Es gibt nicht viele Städte, die mit einem neunmaligen Weltmeister angeben können. Haguenau im Elsass gehört dazu. Ausgerechnet der Rallye-Fahrer Sébastian Loeb stammt von dort. So ruhig und beschaulich, wie es in Haguenau zugeht, hätte das wirklich keiner erwartet.

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Tour de Kultur 2017: Beschauliches Haguenau im Elsass
Audio [SR 3, Lisa Huth, 03.08.2017, Länge: 03:09 Min.]
Tour de Kultur 2017: Beschauliches Haguenau im Elsass

„Monsieur DNA“

Wer sich das Städtchen westlich von Straßburg genauer angucken möchte, sollte sich aber nicht mit Sébastian Loeb, sondern mit einer anderen Lokalgröße verabreden: Marcel Neiss. Über Jahrzehnte war er „Monsieur DNA“, also die personifizierte Zeitung Dernières nouvelles d’alsace in dieser Region. Wer mit ihm durch die Stadt geht, muss laufend stehen bleiben, weil offenbar jeder ihn kennt und ein kurzes Wort mit ihm wechseln will.

Seit Jahren führt Marcel Neiss durch die Stadt, verabredet sich zunächst praktischerweise am Parkplatz in der Rue de la vieille île. Besucher können dort günstig parken und erfahren auch gleich: Hier hat alles begonnen.

Geschichte & Kultur

Haguenau im Elsass (Foto: Lisa Huth)

Kein geringerer als der Vater von Kaiser Barbarossa, Friedrich der Einäugige, hat dort bereits 1115 ein Schloss erbauen lassen.

Die Römer waren zwar auch schon hier, aber das heutige Haguenau ist fast 1.000 Jahre alt. Also, einiges davon. Denn heutzutage erlebt die Stadt einen regelrechten Bauboom, was an Straßburg liegt: Dort schießen Baupreise und Mieten ins Kraut, Haguenau passt genau ins Einzugsgebiet und viele Straßburger weichen auf das 34.000-Einwohner-Städtchen aus, das natürlich davon profitiert: lebendige Geschäftswelt in der Innenstadt, keine Leerstände wie sonstwo, die Arbeitslosigkeit liegt bei rund sieben Prozent. Für die Region Grand Est ist das ein guter Wert.

Nachhaltigkeit ist hier wie im ganzen Elsass Trumpf: Radfahren wird von der Stadt gefördert, sogar zweistöckige Fahrradparkplätze finden sich direkt neben dem Torbogen zum Eingang in die Altstadt. Gleich dahinter: der Paradeplatz. Haguenau war über Jahrhunderte hinweg nämlich eine Stadt der Militärs und zwar der Militärs mit dem meisten Prestige: der Kavallerie. Dafür verzichtete die Stadt sogar auf Industrieansiedlungen wie DeDietrich, den Saarländern von den Küchenherden her noch bestens bekannt. Haguenau wollte Offiziere und kein „Arbeitergesindel“ in der Stadt, wie die Stadtoberen im 19. Jahrhundert verlauten ließen. Vielleicht ist das der Grund, warum die Stadt heute noch so beschaulich ist. Die Militärs sind inzwischen nämlich längst abgezogen – mit Ausnahme eines Spionage-Regiments, das aber außerhalb der Stadt stationiert ist. Immerhin, einmal im Jahr, am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag und aus Anlass ein, zwei anderer Feierlichkeiten, finden noch Paraden statt.

Haguenau im Elsass (Foto: Lisa Huth)

Ein besonderes Haus erinnert noch an diese glorreiche Zeiten: ein Hôtel Particulier wie in Paris, das der Familie Hoffmann gehörte. Die Soldaten im 19. Jahrhundert hatten dunkelblaue Jacken und rote Hosen. Die Hoffmanns stellten die rote Farbe aus der Garance her, dem Färberkrapp. Die Pflanze ist grün mit gelber Blüte, hat die leuchtend rote Farbe aber in der Wurzel. Die Idee der roten Hosen: Soldaten sollten im Kampf das eigene Blut nicht sehen. Der Nachteil: im Krieg 1870/71 waren die französischen Soldaten vom deutschen Feind schon von weitem auszumachen. So wurde die Farbe der Uniformen geändert und die Haguenauer Familie Hoffmann verarmte.

Eine andere Pflanze prägt auch heute noch das Stadtleben von Haguenau, der Hopfen. Der Anbau florierte vor allem im 19. und 20. Jahrhundert. Davon zeugt heute noch die Hopfenhalle, in der alljährlich in der letzten Augustwoche das Festival du Houblon, das Hopfenfest stattfindet, 2017 vom 22. August an. Es ist nicht irgendein Fest. Dieses Mal erwartet Haguenau an fünf Tagen insgesamt 500 Künstler und Gruppen aus der ganzen Welt. Die Musik: vor allem Folklore. Hopfen wird in der Gegend immer noch angebaut, was erklärte, dass die Haguenauer einen eindeutigen Hang zum Bier und nicht zum Wein haben, auch wenn es in der Stadt selbst nur ein paar Mini-Brauereien gibt. Dafür gibt es ein elsässisches Museum in einem roten Gebäude aus dem 15. Jahrhundert, der alten Chancellerie und, recht neu, ein Gepäckmuseum. Das aber ist eine Geschichte, die in einer anderen Tour-de-Kultur-Broschüre steht …

Lisa Huth


Kontakt

Office de tourisme
1, place Joseph Thierry
(Musée Alsacien)
F-67504 Haguenau

Tel.: (00333) 88 06 59 99
www.ville-haguenau.fr/tourisme
www.festivalduhoublon.eu/de
www.tourisme-haguenau-potiers.com/

Öffnungszeiten/Besichtigungen

Ganzjährig.
Geführte Besichtigungen nur für Gruppen.
Dauer: 1,5 Stunden.
Im Sommer gibt es Gratisführungen: jeden Mi. im Juli sowie am 2., 9. und 16. August.

Eintritt/Unkosten

Geführte Besichtigungen bis 30 Personen: 75,- €.
Audioguides gibt es auch auf Deutsch, Leihgebühr: 1,- €.

Anfahrt

An der Goldenen Bremm auf die A 3/A 320, bei Freyming-Merlebeach auf die A 4 Richtung Straßburg, Ausfahrt 47 Richtung Haguenau.

Tipp

Koffermuseum in Haguenau
Jean-Philippe und Marie Rolland
Rue de St. Exupéry
F-67500 Haguenau

www.museedubagage.com
www.la-malle-en-coin.com



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