Ein Mann fährt mit seinem Lastenfahrrad (Foto: picture alliance/Gregor Fischer/dpa)

Der Reporter-Langzeit-Test mit dem Lastenrad

Carl Rolshoven   28.04.2023 | 09:00 Uhr

Das Auto ist bequem und nützlich, aber nicht unbedingt umweltfreundlich. Kann man seinen Alltag also auch ohne Auto bewältigen? SR 1 Reporter Carl Rolshoven hat den Sprung gewagt und seinen Wagen durch ein Lastenfahrrad ersetzt. Und zieht eine positive Bilanz.

Wer heute ein neues Auto anschaffen will, muss möglicherweise nicht nur mit langen Wartezeiten rechnen. Neuwagenkäufer greifen auch deutlich tiefer in Tasche als in den vergangenen Jahren. Und auch Gebrauchtwagen sind innerhalb des letzten Jahres laut DAT fast 20 Prozent teurer geworden.

E-Lastenrad statt Auto
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E-Lastenrad statt Auto

SR 1-Reporter Carl Rolshoven bezeichnet sich selbst zwar als leidenschaftlichen Autofahrer, trotzdem hat er sein altes Auto im September 2022 durch ein gefördertes E-Lastenrad ersetzt.

Teststrecke 'Alltag'

Das E-Lastenrad kommt auf allen Strecken innerhalb der Stadt zum Einsatz. Das heißt, Carl Rolshoven fährt damit zum Einkaufen, besucht Freunde, fährt sein Kind in die Kita und selbst zur Arbeit. Von der Haustür über die Kita bis zum Funkhaus auf dem Halberg sind es über einige Saarbrücker Hügel etwa fünf Kilometer. Die Strecke ist mit dem Fahrrad gut zu bewältigen, sodass Carl bei gemäßigter Fahrweise auch ohne Schwitzen am Arbeitsplatz ankommt.

Wer eine niedrigere Unterstützungsstufe des Elektromotors wählt oder stärker in die Pedale tritt, kann sich aber auch zum Beispiel auf dem Heimweg auspowern. Weil der Arbeitsweg innerhalb der Stadt eher kurz ist, braucht Carl mit dem Rad nur ein bis zwei Minuten länger als mit dem Auto. Klar: Je länger der Weg, desto größer natürlich der Zeitvorteil des Autos.

Kann jeder ein Lastenrad fahren?

In der Regel ist der Abstand zwischen Vorder- und Hinterrad deutlich größer als bei klassischen Fahrrädern. Dadurch sind die ersten Meter auf dem Lastenrad sehr wackelig. Mit einer guten Einweisung verläuft eine Testfahrt beim Händler aber in der Regel unfallfrei. Carl musste allerdings schon ein paar Kilometer zurücklegen, bis er sicher einhändig fahren und "blinken" konnte. In der Regel gewöhnt man sich aber sehr schnell an das Fahrverhalten, und dann macht es sehr großen Spaß. Doch Vorsicht: Dreirädrige Lastenräder sind im Gegensatz zu solchen mit zwei Rädern deutlich schwerer zu fahren und kippen in Kurven schnell um.

Dreirädriges Lastenfahrrad (Foto: picture alliance/dpa | Christophe Gateau)

Übrigens: Klassische Konflikte mit Autofahren, wie Radfahrer sie kennen, hat Carl nie erlebt. Das könnte daran liegen, dass man durch den Elektromotor an Ampeln genauso schnell vom Fleck kommt wie Autos. Außerdem sind Lastenräder durch ihre Größe wahrscheinlich besser als Verkehrsteilnehmer zu erkennen.

Alltagstauglichkeit

Mit dem Komfort eines Autos kann das Lastenrad natürlich nicht mithalten. Auch auf einer Kurzstrecke genügt schon ein Nieselschauer, um den Radfahrer komplett zu durchnässen. Der Testpilot hat es selbst erlebt. Deswegen empfiehlt es sich, immer einen Ganzkörper-Regenschutz im Fahrrad liegen zu haben. Und mit entsprechendem Zubehör für das Rad bleiben auch Kind oder Einkäufe im Ladebereich trocken.

Lastenfahrrad mit Regenschutz  (Foto: Imago/Michael_Gstettenbauer )

Bei Schnee oder Glatteis ist von der Nutzung eines Lastenrades grundsätzlich abzuraten. Carl ist auf seinen ersten 2.000 km zum Glück nicht gestürzt. Es ist aber davon auszugehen, dass Stürze mit Lastenrädern aufgrund der Größe und Gewichten von mehr als 20 oder 30 kg verheerender ausgehen als mit dem Freizeitrad. Für die wenigen Glatteistage sollte man sich daher eine Alternative überlegen.

Ministerium fördert Lastenräder

Auf den ersten Blick wirkt die Neuanschaffung eines Lastenrades erst einmal sehr kostspielig. Die Preise für passable Modelle beginnen bei etwa 4.000 Euro. Die Kosten können sich aber aus zwei Gründen schnell relativieren. Ersetzt man mit dem Lastenrad ein Auto, spart man damit auf lange Sicht. Das saarländische Ministerium für Mobilität hat zudem in der Vergangenheit bereits die Neuanschaffung von Lastenrädern gefördert. Das letzte Förderprogramm ist im vergangenen Jahr ausgelaufen. Aber wie das Ministerium dem SR mitteilt, sollen neue Förderanträge bis Ende Mai möglich werden. Die Maximalförderung ist dann geringer als zuletzt. Das Ministerium bezuschusst die Neuanschaffung jetzt mit bis zu 1.000 Euro bzw. 25 Prozent des Neupreises.

Fazit

Für Carl Rolshoven wird sich die Anschaffung finanziell nach etwa einem Jahr lohnen. Der Neupreis des Fahrrades abzüglich der Förderung entspricht etwa den jährlichen Kosten für sein altes Auto. An regnerischen Tagen verflucht Carl zwar seinen Plan und wünscht sich in sein warmes, trockenes Auto zurück. Diese Tage sind aber zum Glück die Ausnahme. Für weite Strecken oder bei Glatteis steht ihm zudem noch ein Familienauto zur Verfügung, auf das er dann auch gerne zurückgreift.

Natürlich ist das Auto immer noch bequemer - die Vorteile des Lastenrades überwiegen aber deutlich. Die hohen Neupreise und die Unterhaltskosten stehen für Carl nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis, wenn das Auto nur auf Kurzstrecken genutzt wird. Und gerade da hat das Fahrrad gegenüber dem Auto deutliche Vorteile, weil Carl damit viel stressfreier durch die City kommt.


Auch Thema am 28.04.2023 in der Sendung 'SR 1 - Deine Eins!'

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