Stephan Toscani (Foto: imago)

Toscani soll Partei auf Kurs bringen

Janek Böffel   28.05.2022 | 15:07 Uhr

Beim Landesparteitag der CDU ist Stephan Toscani zum neuen Landesvorsitzenden gewählt worden. Die neue Aufgabe birgt für ihn einige Herausforderungen – so soll er unter anderem die Partei nach der krachenden Wahlniederlage neu strukturieren. Ein Blick auf die bisherige Karriere Toscanis und auf die anstehenden Aufgaben.

Diesmal hat es endlich geklappt: Nach seiner Nominierung Mitte Mai ist Stephan Toscani am Samstag zum neuen Chef der CDU im Saarland gewählt worden. Am Montag wird er dann vermutlich auch zum Fraktionschef gewählt werden. Zweimal in seiner langen politischen Karriere galt er schon als künftiger Landesvorsitzender und Ministerpräsident, aber beide Male wurden andere vorgezogen.

Kramp-Karrenbauer entscheidet sich für Hans

Es ist mittlerweile gut vier Jahre her. Dieser Abend im Februar 2018, als sich die gesamte Medienlandschaft des Saarlandes im Foyer des Landtages drängte, um offiziell zu erfahren, was im Prinzip schon seit dem Mittag bekannt war. Dass Tobias Hans neuer Ministerpräsident werden würde. Und so trat dann Annegret Kramp-Karrenbauer vor die Mikrofone und erklärte ihre Entscheidung.

Knapp zwei Meter daneben stand Stephan Toscani – und selbst rückblickend fällt es schwer, seinen Gesichtsausdruck an diesem Abend zu deuten. Er wurde zwar neuer Landtagspräsident und damit auf dem Papier der erste Mann im Lande, aber eben nicht Ministerpräsident und damit effektiv der erste Mann im Lande. Und es war nicht das erste Mal, dass ihm jemand anderes für die höchsten Weihen vorgezogen wurde.

Zweimal "Kronprinz"

Schon 2011 war Toscani so etwas wie der natürliche Kandidat, neuer Ministerpräsident zu werden, nachdem Peter Müller seinen Abschied angekündigt hatte. Fast alle Medien hatten damals auf ihn spekuliert, am Ende entschied sich Müller aber für Annegret Kramp-Karrenbauer als seine Nachfolgerin.

Dabei waren die Spekulationen um Toscani alles andere als unbegründet. Kaum jemand in der saarländischen CDU vereint so viel Erfahrung in unterschiedlichen Rollen wie Toscani. Sechs Jahre war er Vorsitzender der Jungen Union, neun Jahre parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, sechs Jahre Generalsekretär der Partei, mittlerweile 23 Jahre Abgeordneter dazu neun Jahre Minister und zum Schluss eben Landtagspräsident.

Rollenwechsel notwendig

Doch genau daraus ergeben sich zwei entscheidende Fragen zu seiner Rolle als neuer Landesvorsitzender der CDU. Einerseits gab es in den ersten Tagen, nachdem sein Interesse am Parteivorsitz öffentlich wurde, ein hörbares Murren an der Parteibasis. Es gab und gibt Zweifel, inwieweit Toscani mit seiner Vita den von vielen gewünschten Neuanfang verkörpern kann.

Um die CDU nach der markerschütternden Wahlniederlage neu zu strukturieren, ist es sicher von Vorteil, diese Partei so gut zu kennen wie Toscani sie kennt. Aber umgekehrt war er immer auch eine der prägenden Figuren der letzten Jahre, wenn auch nicht in der allerersten Reihe. Zumal mit der frühen Festlegung auf Toscani das Gemurre über Entscheidungen im Hinterzimmer wieder laut wurde.

Doch auch das gehört zu Wahrheit dazu: Es hat sich eben auch niemand sonst beworben. Es dürfte auch deshalb eine der größten Aufgaben für Toscani werden, einen glaubhaften Neuanfang zu vermitteln. Zumal der Grat dabei schmal ist. Denn sowohl die Jüngeren in der Partei wollen eine gewichtigere Rolle spielen als auch die Älteren, die sich in der Zeit von Tobias Hans oft zurückgesetzt und zu wenig gehört fühlten. Toscani wird beides bedienen müssen.

Die Suche nach der Oppositionsrolle

Dabei steckt auch die Partei in einer für sie komplett ungewohnten Situation. Nach 23 Jahren Regierung muss sie sich plötzlich an die Oppositionsrolle gewöhnen. Das bedeutet, die Entscheidungen der Regierung nicht wie im vergangenen Vierteljahrhundert zu verteidigen, sondern die Regierung auch vor sich herzutreiben.

Dazu braucht es Angriffslust – und nicht wenige in der Partei fragen sich, wie Toscani das nach vier Jahren als Landtagspräsident hinbekommt. In Teilen wird er seinen Stil ändern müssen.

Präsidialer Oppositionsführer

Dass er dieses Amt mit der nötigen Würde ausgefüllt hat, steht nirgends in Zweifel. Selbst die politische Konkurrenz hat vor allem Lob für ihn übrig. Natürlich war auch seine Zeit als Landtagspräsident nicht vollkommen frei von Parteipolitik, aber die einmütige Meinung wird immer wieder deutlich, dass Toscani den Landtag in seinem Selbstverständnis vorangebracht hat.

Zwar blieb manches von dem, was Toscani mit dem Landtag vorhatte, in Anfängen stecken. Dass der Landtag aber auch zum Ort überparteilicher Debatten wurde, ist nicht zu leugnen. Doch genau das könnte nun zum Problem werden. Denn Toscani, der zumindest nach seinen jungen wilderen Jahren öffentlich nie für die lauten Töne bekannt war, hat die Rolle des Landtagspräsidenten auch mit seiner Art geprägt. Sein Auftreten wurde in den vergangenen vier Jahren noch einmal deutlich präsidialer.

Aus dieser Rolle auszubrechen und plötzlich als Fraktionschef Krawallopposition zu machen, wäre kaum glaubwürdig. Der Ton mag schärfer werden, aber die Abteilung Attacke werden andere übernehmen müssen, Generalsekretär Frank Wagner, der parlamentarische Geschäftsführer Raphael Schäfer oder auch Ex-Generalsekretär Roland Theis.

Ausgemachter Spitzenkandidat

Und deshalb wird es nicht nur spannend zu beobachten, wie sich die CDU in der Opposition einfindet. Toscani wird Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) angreifen müssen, zumindest irgendwann. Denn das ist klar: Er sieht sich auch als logischer Spitzenkandidat bei der Wahl 2027.

Dass er es auch tatsächlich wird, ist wahrscheinlich – auch weil manche in der Partei schon jetzt Zweifel hegen, ob die nächste Wahl überhaupt zu gewinnen ist oder ob nach der krachenden Niederlage im März die Neuaufstellung nicht länger dauern wird, sofern die SPD keine Fehler begeht.

Bewährungsprobe Kommunalwahl 2024

Und in zehn Jahren könnte die Ausgangslage dann eine ganz andere sein – auch für Toscani. Wobei für die CDU und für ihren designierten neuen Vorsitzenden die erste Bewährungsprobe schon ungleich früher ansteht. 2024 sind Kommunalwahlen. Für eine Partei und ihren Vorsitzenden, die sich beide neu erfinden müssen, bleibt da nicht viel Zeit. 

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