Vier Postkarten mit humorvollen Sprüchen zur Drogenaufklärung. (Foto: SR)

„Das Saarland hat ein Amphetamin-Problem“

Manuela Weichsel   27.03.2019 | 18:00 Uhr

Bei einer Untersuchung im Auftrag der Landesregierung sind erhöhte Werte von Amphetaminen im saarländischen Abwasser gemessen worden. Mit über 400 Milligramm auf 1000 Einwohner ist es europaweit der höchste Wert. Jetzt soll es weitere Studien und eine Öffentlichkeitskampagne geben.

„Wenn man im Vergleich mit Großstädten wie Paris ganz vorne steht, freut einen das normalerweise als Politiker“, sagte der Drogenbeauftragte der Landesregierung, Staatssekretär Stephan Kolling (CDU), am Mittwoch bei der Vorstellung der Untersuchungsergebnisse. In diesem Fall sieht es allerdings anders aus: Bereits vor gut einer Woche wurde durch eine Untersuchung der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht deutlich, dass Saarbrücken 2018 europaweit an der Spitze beim Konsum von Amphetaminen liegt.

Mit einer weiteren Studie im Auftrag der Landesregierung konnten nun Zweifel an dieser Studie aus dem Weg geräumt werden. Die Technische Universität Dresden hat dafür saarländische Abwässer geprüft. Dabei haben sich die Werte der europaweiten Erhebung bestätigt. Kolling machte deutlich: „Das Saarland hat ein Amphetaminproblem.“

Die Werte wurden in vier Kläranlagen im Saarland erhoben: Burbach, Saarlouis, Brebach und Wustweiler. An allen Standorten ist dabei Amphetamin die am häufigsten festgestellte Droge. Gemessen wurde mittwochs und samstags. Am Wochenende ist die Konzentration geringfügig höher. Zumindest Methamphetamin konnte aber nur in Saarlouis gemessen werden. An den anderen drei Standorten befindet es sich unter der Nachweisgrenze. Auch andere Drogen wie Kokain und Heroin spielen offenbar keine große Rolle.

Karin Berty, Drogen-Expertin im Gesundheitsministerium hat eine Vermutung, woran das liegen könnte. „Es gibt immer Moden in der Drogenszene.“ Amphetamin sei eine Leistungsdroge und passe damit gut zur heutigen Gesellschaft.

Mehr als eine Partydroge

Es gebe verschiedene Konsumentengruppen, sagte Kolling. Drogen, die Amphetamine enthalten, wie beispielsweise Speed, würden sowohl als Partydroge als auch zur Leistungssteigerung in Job und Sport eingenommen. Einigen dienten sie als Appetitzügler, Schwerst-Drogenabhängige konsumierten Amphetamine als Ersatz- oder Zusatzdroge.

Stefan Noll, Kriminaldirektor bei der Landespolizei, schilderte seine Beobachtung aus Kontrollen, dass nicht nur mehr Menschen Amphetamin mit sich führen würden, sondern dass die Mengen auch drastisch gestiegen seien. Auch bei Verkehrsunfällen seien immer öfter Betäubungsmittel ein Grund.  

Eine Vermutung im Ministerium ist, dass Amphetamine auch von Grenzgängern aus Frankreich konsumiert werden. Berty sagte, es sei außerdem sinnvoll zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Amphetaminen und Prostitution bestehe. Hinweise darauf, dass die Amphetamin-Rückstände im Abwasser auch aus Drogenlaboren stammen könnten, wurden bisher nicht gefunden.

Wer sind die Konsumenten?

Kolling schlussfolgert daraus: „Wir müssen anhand der Daten der Studien auf einen besorgniserregenden Konsum von Amphetaminen schließen und müssen nun mehr über die Konsumenten herausfinden.“ Dabei soll eine weitere Studie helfen, die so schnell wie möglich starten soll. Das Institut für Rechtsmedizin will dafür Blutproben auswerten, die unter anderem von Verkehrsteilnehmern aus den vergangenen Jahren stammen. Pro Jahr seien das etwa 600 Proben mit allen Personendaten wie Alter, Geschlecht und Beruf, aus denen man gezielt Rückschlüsse ziehen könne.

Außerdem plant das Ministerium eine Kampagne für den selbstkritischen Umgang mit Drogenkonsum: Im Saarland sollen Postkarten mit verschiedenen Motiven verteilt werden. Mit Sprüchen wie „Es is kenn Trauwezugga!“ soll auf die Gefahren von Speed, Ecstasy und anderen psychoaktiven Substanzen hingewiesen werden.

Über dieses Thema hat auch die Region am Nachmittag auf SR 3 Saarlandwelle berichtet.

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