Ein Flur in dem Bordell "Paradise" kurz vor dessen Eröffnung im Juli 2014 in Saarbrücken (Foto: imago images/BeckerBredel)

2014 - Nackter Protest und käufliche Liebe – Saarbrücker Großbordell öffnet

Caroline Uhl   09.11.2020 | 10:12 Uhr

Sie bewarben ihr neues Etablissement als Wellness-Oase für den Mann: Am 3. Juli 2014 öffnete in Saarbrücken-Burbach das Großbordell mit dem vielversprechenden Namen „Paradise“. Die Betreiber der ersten Stunde verkauften sich als betont seriös – doch es sollte kein halbes Jahr dauern, da stand die Polizei vor der Tür.

Da war was los am 3. Juli 2014 in Saarbrücken-Burbach: Die Pforten zum Paradies für Herren, sie öffneten sich zum ersten Mal – so zumindest sahen das wohl die damaligen Betreiber des neuen Großbordells mit Namen „Paradise“. Tatsächlich aber wurde die Eröffnung des 4500 Quadratmeter großen Rotlichttempels von heftigen Protesten begleitet.

Barbusiger Protest

Ein Saarbrücker Aktionsbündnis demonstrierte vor der Tür gegen die Verharmlosung von Prostitution als Luxus- und Wellnessangebot. „Bei Großbordellen wird uns schlecht – Frauenrecht ist Menschenrecht!“, skandierten die rund 80 Demonstranten.

An ihrer Seite: drei Aktivistinnen der feministischen Gruppe Femen, die extra aus Nordrhein-Westfalen angereist waren. Barbusig schlossen sie sich dem Protest an – und bewarfen den Bordell-Betreiber und dessen Sprecher mit Obst. Die Polizei führte die drei Frauen schließlich ab.

100 Bordelle allein in Saarbrücken

Auch Politik und Verwaltung zeigten sich nicht glücklich über die neue Einrichtung in der Landeshauptstadt. Gegen diesen Gewerbebetrieb in dem Saarbrücker Gewerbegebiet sei baurechtlich aber nichts zu machen gewesen, betonte der damalige Ordnungsdezernent der Stadt, Jürgen Wohlfahrt. Und Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wurde mit den Worten zitiert, in Deutschland sei es einfacher ein Bordell zu eröffnen als eine Frittenbude.

Und Saarbrücken hatte sowieso schon einen unrühmlichen Ruf als Hochburg der Prostitution. Über 100 Bordelle zählte 2014 alleine die Landeshauptstadt. Die Grenznähe lockt bis heute viele Freier aus Frankreich und Luxemburg an. Mittlerweile hat die Politik gegengesteuert: Straßenstrich ist nur noch an bestimmten Plätzen zu bestimmten Zeiten erlaubt und Prostituierte müssen sich beim Regionalverband offiziell anmelden.  

Saubermänner im Luxus-Tempel

Den Betreiber des „Paradise“ und seine Entourage ließ das schlüpfrige Image Saarbrückens und die Kritik am Gewerbe unberührt: Rund fünf Millionen Euro hatte der Gründer in das Saarbrücker Etablissement investiert. Wellness sollte in dem FKK-Club mit angeschlossenen Zimmern für den käuflichen Sex großgeschrieben werden.

Zudem betonten die Verantwortlichen gerne das saubere Image der Einrichtung: Die Frauen seien frei in ihrer Entscheidung, mit wem sie zu welchem Preis für welche Dienstleistungen aufs Zimmer gingen. So versprach es der Sprecher des Betreibers noch am Eröffnungstag. Zwangsprostitution? Kein Thema.

Razzia im Paradies

Und dann kam doch alles ganz anders. Rund fünf Monate nach der Eröffnung stand die Polizei vor der Tür: Im Zuge einer Großrazzia in mehreren Großbordellen, Wohnungen und Geschäftsräumen in Deutschland und Österreich filzten Ermittler auch das Saarbrücker „Paradise“. Es folgten langwierige Gerichtsprozesse gegen den Bordell-Betreiber und weitere Beteiligte. Im Februar 2019 erging das Urteil gegen den Betreiber: fünf Jahre Gefängnis, unter anderem wegen Beihilfe zum Menschenhandel und zur Zwangsprostitution.

Das „Paradise“ existiert weiter, aber längst unter anderer Leitung.

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