1979 - Schicksalstag im Leben des Joachim Deckarm

Caroline Uhl   09.11.2020 | 10:11 Uhr

Keiner spielte besser Handball als er. Joachim Deckarm war mit 24 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Sportler-Karriere, da brachte ein schicksalhafter Moment sein ganzes bisheriges Leben zum Einsturz. Bei einem Zusammenstoß mit einem Gegenspieler im März 1979 erlitt Deckarm schwerste Verletzungen, von denen er sich nie ganz erholte.

Der 30. März 1979 ist der Schicksalstag im Leben des Joachim Deckarm. Der sportliche Höhepunkt in der Karriere des damals 24-Jährigen war gerade einmal 14 Monate her: Anfang Februar 1978 hatte das Team der Bundesrepublik um den Saarländer Deckarm die UdSSR knapp mit 20:19 im WM-Finale besiegt. Weltmeister! Allein sechs der 20 deutschen Tore hatte Deckarm erzielt.

131 Tage im Koma

Und dann kam der 30. März 79. Im ungarischen Tatabánya trat er mit seinem Verein, dem VfL Gummersbach, zum Rückspiel im Europapokal-Halbfinale an. Beim Versuch einen Pass zu fangen, stieß Deckarm im Sprung mit dem Kopf mit einem Gegenspieler zusammen. Noch in der Luft verlor er das Bewusstsein und prallte ungebremst auf den Hallenboden – ein nur mit einer dünnen PVC-Schicht bedeckter Betonuntergrund. In der Halle: kein Arzt, kein Sanitäter, noch nicht einmal eine Trage. Seine Mannschaftskameraden unter Schock.

Deckarm kam zunächst nach Budapest ins Krankenhaus. Diagnose: schweres Schädel-Hirn-Trauma, Gehirnquetschung und Lähmungen der rechten Körperhälfte. Später wurde er in die Homburger Universitätsklinik verlegt, wo er nach insgesamt 131 Tagen aus dem Koma erwachte.

Kampf zurück ins Leben

Dem ehemaligen Hochleistungssportler und Weltklasse-Handballer stellte sich fortan eine neue Aufgabe: der Kampf zurück ins Leben. Dieser Aufgabe stellt er sich von Anfang an mit Ausdauer, auch wenn er – von den Folgen des Unfalls gezeichnet – zeitlebens auf Hilfe angewiesen ist. „Ich habe nicht auf der faulen Haut gelegen“, erzählte Deckarm Jahrzehnte nach dem Unfall in einer ARD-Dokumentation. „Ich habe trainiert. Und ich habe, wie man sieht, erfolgreich trainiert. Und darauf bin ich stolz.“

Diesen Stolz will er auch anderen Betroffenen weitergeben. 2009 veröffentlichte er ein Buch über seine „zwei Leben“, wie es im Titel heißt. Er wolle damit denjenigen, die eine ähnliche Geschichte teilen, „Mut machen, dass sie ihr Schicksal richtig angehen“, erklärte Deckarm anlässlich der Buchvorstellung.

Heute lebt Joachim Deckarm in einer Pflegeeinrichtung in Gummersbach. Der ungarische Gegenspieler, mit dem er am 30. März 1979 so tragisch zusammenstieß, wurde ihm später ein guter Freund.

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