1953 - Der Tintenfisch spritzt keine Tinte mehr - Die saarländische Satirezeitschrift gibt auf

Sven Rech   01.09.2020 | 10:36 Uhr

Die Lebenserwartung gewöhnlicher Kraken und Oktopusse liegt zwischen drei und fünf Jahren. Insofern hat das saarländische Exemplar – „Der Tintenfisch“ – ein artgerechtes Alter erreicht: er verschied 1953 ziemlich genau fünf Jahre, nachdem er das Licht der Nachkriegswelt erblickt hatte.

Die Satirezeitschrift „Der Tintenfisch“ wurde im Frühjahr 1948 von drei jungen Leuten gegründet – Bruno Koppelkamm, Peter Frantzen und dem Zeichner Bob Strauch. Später kamen weitere Mitarbeiter hinzu, insbesondere der Karikaturist Roland Stigulinszky.

„Der Tintenfisch“ wurde mehrfach verboten

Deckblatt einer Ausgabe "Der Tintenfisch" - ein altes Satire-Magazin aus dem Saarland (Foto: Saarl. Landesarchiv / N NL-HartmannP 2217)
Eine Ausgabe der Satire-Zeitschrift aus dem September 1948

In der Saarbrücker Schumannstraße 18 entstand alle zwei Wochen eine neue Ausgabe, die sich fröhlich-kritisch mit der saarländischen Regierung um Johannes Hoffmann auseinander­setzte. Die 12 Seiten starke Zeitschrift erreichte Auflagen von bis zu 30.000 Exemplaren. Nach zwölf Jahren Nazidiktatur muss ein solches Blatt sicher sehr wagemutig gewirkt haben – aus heutiger Sicht erscheinen viele der Witze eher brav. Dennoch wurde „Der Tintenfisch“ mehrmals verboten.

Macher zerstreiten sich über Saar-Statut

Am Ende zerstritten sich die Macher wohl – wie viele andere Saarländer auch – in der Frage nach dem Saar-Statut. Sollte das Saarland ein eigenständiger, souveräner Staat sein oder ein Bundesland der Bundesrepublik Deutschland werden? Der Karikaturist Roland Stigulinszky fand später, die immergleiche Kritik an der Joho-Regierung sei dann auch „ausgelutscht“ gewesen.

Und so verspritzte der Tintenfisch im Dezember 1953 seine letzte Tinte und verschied.

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