1939 - Grenzkarten

Hinter den Schlagbaum nur mit Erlaubnis: alte Grenzkarten

Carolin Uhl  

Die freie Fahrt in Nachbar-Regionen und Nachbarländer ist eine der eher jüngeren Errungenschaften unserer Zeit. In 100 Jahren Saargebiet gab es lange Phasen, in denen es schon eine Art Genehmigung brauchte, um die Grenze zu passieren oder bestimmte Gebiete zu betreten. Das illustrieren Dokumente, die Saarländerinnen und Saarländer dem Saar100-Projekt zur Verfügung gestellt haben.

Susanna und Katharina Bauer aus Bedersdorf hatten in der NS-Zeit sogenannte Grenzkarten. Ihre Nichte Agathe Becker hat die Original-Ausweisdokumente bis zum heutigen Tage aufgehoben. Die Schwestern brauchten die Karten, um über die Grenze ins benachbarte Lothringen zu kommen. Dort wohnte nämlich die dritte der Becker-Schwestern.

Rote Zone entlang der Grenze

„Susanna war Köchin, sie ging bei Feierlichkeiten immer rüber und hat geholfen“, erinnert sich Nichte Agathe. Katharina sei Näherin gewesen – auch sie packte in Lothringen an, wenn es nötig war. Ohne ihre Grenzkarten, beide ausgestellt im Jahr 1938, hätten die Schwestern nicht nach Lothringen gedurft.

Im Zweiten Weltkrieg gab es Gebiete, die ohne Genehmigung gar nicht betreten werden durften, vor allem die mehrfach evakuierte Rote Zone entlang der deutsch-französischen Grenze. Wer hier in die betroffenen Dörfer – ins „freigemachte Gebiet“ – wollte, brauchte einen Passierschein.

Passierschein zur "Bergung von Wäsche"

Einen solchen besaß Friederike Bonenberger aus Hostenbach. Ihr Passierschein wurde 1944 ausgestellt. Mit dem Dokument durfte sie zur „Bergung von Wäsche“ vorübergehend an ihren Wohnort zurückkehren. „Es war zur Zeit der zweiten Evakuierung, um bestimmte Sachen, hier Wäsche, auf den Weg, der in den Harz ging, mitzunehmen“, erklärt ihr Enkel, Engelbert Gier. Er hat den Passierschein der Großmutter aufbewahrt.

Auch nach dem Krieg gab es noch keine freie Fahrt – noch nicht einmal nach Rheinland-Pfalz. Das Saarland war ja zunächst kein Teil der Bundesrepublik. Eine Grenzgängerkarte musste also her – auch für Berta Gaukler aus Sötern. Die Hausfrau fuhr in den 50er Jahren regelmäßig nach Meckenbach und Achtelsbach zum Einkaufen, wie Nichte Silke Konrath berichtet. In ihrem Besitz ist die Grenzgängerkarte der Tante heute. Noch eine saarländische Besonderheit ist auf Berta Gauklers Dokument vermerkt – die Staatsangehörigkeit der Inhaberin: „saarländisch“. 

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