Rudi Schmitthenner (Foto: SR)

Ideenschmied Schmitthenner

 

Von Joachim Weyand

Sie sind beliebt wie eh und je: Quiz-Sendungen. Wenn SR 3 Saarlandwelle heute mit seiner Spiel- und Quizshow „Unser Ort ganz groß“ über Land zieht, sind die Säle stets voll. Und das war auch vor mehr als fünfzig Jahren schon so. Da war die öffentliche Sendung „Versuch dein Glück“ mit Quizmaster Rudi Schmitthenner die große Sonntagabend-Unterhaltung im Radio und vor Ort im Saarland. 

„Wenn’s Beschwerden gab, standen die alle bei uns im Büro – und einmal stand auch Josef da.“ Heute sind Irene und Josef Trenz seit mehr als fünfzig Jahren verheiratet. Aber der Reihe nach. Die, die sich beschwert hatten, das waren Orchestermusiker – und das Büro, das war das von Rudi Schmitthenner im Funkhaus „Wartburg“ in Saarbrücken. Dessen Sekretärin war Irene Trenz, die damals noch Backes hieß. Rudi Schmitthenner leitete bei „Radio Saarbrücken“ nacheinander die Abteilungen „Unterhaltungs- und Tanzmusik“ sowie „ Gemischte Unterhaltung“ – gemischt, weil sich die Abteilung um Wort und U-Musik, also Unterhaltungsmusik, kümmerte. Für diese waren die Musikerinnen und Musiker des Orchesters zuständig – live natürlich. Deren Dienstplan sah damals jeweils zwei Wochen E- und eine Woche U- Musik vor. Da letztere nicht immer unbedingt den Geschmack der Musiker traf, gab’s hin und wieder Beschwerden im Büro des Abteilungsleiters. Und einmal sprach eben auch der Oboist Josef Trenz vor. Das Büro Schmitthenner als Eheanbahnungsinstitut – zumindest in diesem Fall.

In erster Linie aber war das Büro eine Ideenschmiede. Der Name Rudi Schmitthenner stand für erfolgreiche Radiosendungen. Er war Programmgestalter, Autor, Moderator und beliebter Quizmaster in einer Person. „Versuch dein Glück“ hieß eine öffentliche Quizveranstaltung, die am Sonntagabend ausgestrahlt wurde. Schmitthenner präsentierte sie immer aus einer anderen Stadt, aus einem anderen Saal. Die Sendung  machte ihn schnell populär. Wie Rudi Schmitthenner zu „Radio Saarbrücken“ kam und danach bald dies Radio-Quiz entstand, erzählte er 1971 selbst. Seine Gesprächspartner  waren der damalige Sendeleiter Pierre Séguy und der Moderator Klaus Groth.

„Versuch dein Glück“ wurde sehr schnell erfolgreich. Bereits am 4. September 1949 warb der saarländische Radiogeräte-Hersteller „ JOBA“ damit. Zum Beweis für seinen Slogan „Radio hören heißt doppelt leben“   führte er auch diese Sendung an (Quelle: www.saarnostalgie.de). Komplette Aufzeichnungen sind leider nicht erhalten. In einer Erinnerungssendung, die der spätere Unterhaltungschef Karl-Heinz Schmieding anlässlich des Todes Schmitthenners am 3. August 1974 zusammenstellte, findet sich aber immerhin ein Ausschnitt vom 19. Juni 1948 in St. Ingbert. Darin versucht Kurt Gerbert aus Dudweiler sein Glück – indem er Melodien erkennen soll, die Rudi Braun am Klavier spielt.

Gewissermaßen als Pendant zu „Versuch Dein Glück“ gab es die Sendung „Wie du mir – so ich dir“, in der Schmitthenner selbst die Fragen beantworten musste. Und schließlich „Auf Biegen und Brechen“ , die große Samstagabendshow im Radio. Drei Sender waren daran beteiligt: Radio Saarbrücken, Radio Klagenfurt (Österreich) und der NWDR Köln (ab 1955: WDR). Jeweils zwei spielten gegeneinander, der dritte stellte die Aufgaben und fungierte als Jury. So mussten zum Beispiel in einer vorgegebenen Zeit kleine Hörspiele ersonnen und produziert werden, Reportagen erstellt und musikalische Aufgaben gelöst werden. Das alles erforderte eine Vielzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – denn alle Texte und jede Musik wurden natürlich live produziert.

Dazu stand eine Musikcombo zur Verfügung. Und die Sprechergarde von Radio Saarbrücken bereitete sich schon zwei Stunden vor Sendebeginn auf ihren Einsatz vor. Auf einem (undatierten) Foto ist zu sehen (von links nach rechts), wer alles bei einer der Sendungen mitgewirkt hat: Schauspieler Theo Schulte, Werner Wiedemann (Sprecher/Werbefunk), Wolfgang Schenck (Sprecher, Aufnahmeleiter u.später Regisseur), die Sprecherinnen Annemarie Burger und Carla Best, die Schauspielerin Ingeborg Thomas, Margot Schönberger (Frau von Victor Lenz, spielte mit bei „Sperlings bunte Bühne“), die Aufnahmeleiter Gerd Güth und Fred Braun. Und natürlich Irene, die Schmitthenners Texte in die Maschine tippte.

Populär im Saarland wurde Rudi Schmitthenner als Quizmaster, bekannt war er aber auch als humorvoller Autor von Unterhaltungssendungen wie „Eskapaden eines Gassenhauers“ oder „ Hüaho, alter Schimmel, hüaho“. Sendungen, die von musikalischen Persiflagen und feinsinnig-witzigen Versen lebten.

Als Autor war Rudi Schmitthenner auch außerhalb des Senders gefragt. So schrieb er Texte für Unterhaltungs- und Film-Musik ("Insel ohne Moral", Regie: Volker von Collande, 1950), war an einem Opernlibretto beteiligt ("Flieder aus Wien", Komponist Fred Raymond, Uraufführung 1949 in Kassel) und arbeitete auch als Hörspielsprecher ("Der Fall Winslow", BR, 1955).

Viele seiner Jahre beim Sender hat Irene Trenz ihren Chef Rudi Schmitthenner als Sekretärin begleitet. Sie erinnert sich vor allem an ihre Zeit in der Wartburg ab 1953, dem Funkhaus von „Radio Saarbrücken“ (und später des Saarländischen Rundfunks) sehr gerne zurück. Zum Beispiel auch daran, wie die Sekretärinnen in der „ Baracke“ – so nannten sie das schmale Gebäude auf dem Wartburggelände, in dem einige Redaktionen untergebracht waren – einen Kaffeenachmittag für die Saarbrücker Waisenkinder organisiert haben. Das war im Advent 1954.

Den Anstoß dafür, so erinnert sich Irene Trenz, hatte damals Frau Schwarz gegeben, ihre Kollegin aus der Literaturabteilung. Die Sekretärinnen sammelten Geld, damit sie die Kinder im großen Saal der Wartburg mit Kuchen versorgen konnten. Und als das Kuvert mit den gesammelten Spenden kurz vor dem Termin plötzlich spurlos verschwunden war, sammelten sie eben noch einmal.

„Die Wartburg, das war wie eine Familie – gelle, Josef?“, sagte Irene, und Josef, ihr Mann der Oboist, nickt. Täglich probten sie damals in der Wartburg mit dem Radioorchester Saarbrücken, alle vier Wochen gab’s ein Konzert, dazwischen täglich Live-Musik fürs Radioprogramm. Gut besucht waren stets die Jugendkonzerte – wie alle Orchesterauftritte unter der Leitung des Chefdirigenten Rudolf Michl. Als SR-Familienkonzerte ist dieser Programmpunkt bis heute im Jahresplan der Deutschen Radiophilharmonie zu finden. Und die „ Musik für junge Ohren“ erklingt auch heute im aktuellen Programm von SR2 KulturRadio.

Irene und Josef Trenz blieben dem Saarländischen Rundfunk ein Arbeitsleben lang verbunden. Irene hat nach einer längeren Familienphase später im neuen Funkhaus auf dem Halberg bis 1985 als Aushilfe gearbeitet. Josef wurde zum Kammermusiker ernannt und war bis zu seiner Pensionierung Oboist im Rundfunk Symphonie-Orchester Saarbrücken.

Rudi Schmitthenner auf Sendung (Foto: W. Dorow, SR)
Rudi Schmitthenner auf Sendung.

Radio-Quizmaster Rudi Schmitthenner

Von Joachim Weyand und Axel Buchholz

Rudi Schmitthenner (geb. 24. Januar 1902 in Freiburg/Breisgau) wollte nach dem Abitur zur Bühne – aber sein Vater, ein Pfarrer, konnte sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden. So nahm der Sohn erst mal ein Medizinstudium auf, arbeitet aber bald als Kaufmann erst in Konstanz, danach in Karlsruhe. Dort wechselte er als Sprecher in die Sendestelle Karlsruhe der „Süddeutschen Rundfunk AG“ (SÜRAG), die ihren Hauptsitz in Stuttgart hatte. Das war am 20. Januar 1932. Rudi Schmitthenner war in Karlsruhe einer von zwei Mitarbeitern – es gab einen Kollegen für die Technik, er selbst agierte als Zeitfunksprecher und Ansager für Unterhaltungssendungen. Und dabei war er anfangs schrecklich aufgeregt, verriet er 1972 der Saarbrücker Zeitung. So sehr, dass er einmal Melodien aus „Die ausverkaufte Braut von Smetana“ ankündigte.

Der Karriere tat es keinen Abbruch. 1936 (in anderen Quellen ist das Jahr 1934 genannt) übernahm Schmitthenner die Sendestelle Mannheim des von den Nationalsozialisten 1933 in „Reichssender Stuttgart“ umgetauften Senders. Danach arbeitete er direkt im Funkhaus des Reichssenders in Stuttgart als Sprecher, Autor und Programmgestalter.

Das Deutsche Bühnenjahrbuch („Das große Adressbuch für Bühne, Film, Funk und Fernsehen“) notiert Rudi Schmitthenner für das Jahr 1937 beim Reichssender Stuttgart unter "Freistehende Mitarbeiter (Fachschaft Bühne)" als Mitglied der Hörspielschar. Diese Tätigkeit als Sprecher im Hörspiel kam sicherlich seinem ursprünglichen Berufswunsch am nächsten.

Ab 1941 waren Schmitthenner, wie viele Medienleute seiner Generation, Soldat in der Propaganda-Kompanie (PK). Beim Soldatensender Belgrad und einem weiteren waren die Unterhaltungssendungen sein Arbeitsgebiet. Dazwischen war er als „ Reichssprecher“ bei der Reichsrundfunkgesellschaft in Berlin zu hören, also in Sendungen, die im gesamten damaligen „Reich“ ausgestrahlt wurden.

Nach dem Krieg war Schmitthenner freier Mitarbeiter bei den von den amerikanischen Besatzern gegründeten Sendern „Radio Stuttgart“ (ab 1949 „Süddeutscher Rundfunk“, ab 1998 Südwestrundfunk, SWR) und „Radio Frankfurt“ (ab 1949 „Hessischer Rundfunk“). Auch als Conférencier bei öffentlichen Veranstaltungen arbeitete er.

Zu „Radio Saarbrücken“ im von Frankreich dominierten teilautonomen Saarland kam Rudi Schmitthenner dann als Autor, Quizmaster und Programmgestalter im April 1948. Er wurde 1952 Leiter einer Abteilung, mal zuständig für „Unterhaltungs- und Tanzmusik“ und mal für „Gemischte Unterhaltung“. Nach 35 Jahren begeisterter Radiotätigkeit, trat Schmitthenner 1967 beim Saarländischen Rundfunk in den Ruhestand.

Aus diesem Anlass erzählte er einer saarländischen Zeitung, dass er 800 Manuskripte fürs Radio geschrieben habe, viele davon in Gedichtform. Und zur Begründung:“ Wilhelm Busch, müssen Sie wissen, war immerhin ein entfernter Verwandter von mir. Ich glaube, dass ich von ihm etwas abbekommen habe.“ Deshalb würden ihm Verse leichter fallen als Prosatexte.

Rudi Schmitthenner starb mit 72 Jahren am 3. August 1974 während eines Kur-Urlaubs in Meran.

Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz (ab); Mitarbeit: Ernst Becker, Michael Fürsattel, Werner Müller, Sven Müller, Roland Schmitt, Hans-Ulrich Wagner

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