Szene aus dem Film (Foto: Produktionsfirma)

Der Bau

Kein Herz - Eine Rezension von Rick Reitler  

Vielleicht hätte Oscar-Preisträger Jochen Alexander Freydank aus einer alptraumhaften Kafka-Story lieber einen Kurzfilm machen sollen, als ihn mit viel Geld zu einer langatmigen One-Man-Show aufzublasen. Eine Geduldsprobe selbst für hartgesottene Arthouse-Fans.

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Preview von "Der Bau"
In einer ganz besonderen Kulisse hat am Donnerstagabend die Preview von Kafkas "Der Bau" stattgefunden. 450 geladene Gäste haben den Weg nach Völklingen gefunden, um den vom SR koproduzierten Film von Regisseur Jochen Alexander Freydank zu sehen.

Düster-geheimnisvolle Anfangsbilder im David-Fincher-Stil, ein clever aus der Hubschrauber-Perspektive getrickster Vorspann, dazu der Hinweis auf die Franz-Kafka-Vorlage und ein offensichtlich bestens aufgelegter Axel Prahl... Kein Zweifel: Der Einstieg in Jochen Alexander Freydanks Spielfilm "Der Bau" macht Lust auf Kino. Schon wenige Minuten später aber weicht die Vorfreude einer dumpfen Ernüchterung, um dann einem rasend schnell wachsenden Verdruss Platz zu machen - Verdruss vor allem über die Enttäuschung, sich heute für diesen Film entschieden zu haben.

Es gibt im "Bau" keine Spielfilm-Handlung im Sinne einer Abfolge von Worten, Taten, Ereignissen und Reaktionen, die aufeinander aufbauen und sich zu einer Geschichte verdichten würden. Freydank serviert stattdessen eine nahezu endlose Reihe von quälend langatmigen Szenen, in denen der beinahe 50-jährige Büro-Angestellte Franz (Prahl) immer wieder inmitten einer eiskalten Betonwelt mit seiner Videokamera hantiert, die tristen Büro-Stunden absitzt, sich in seiner Eigentumswohnung verbarrikadiert oder unzählige wirre Selbstgespräche in seinen Fusselbart nuschelt, während ein beachtliches Staraufgebot an Nebendarstellern - u. a. Josef Hader, Devid Striesow und Robert Stadlober - gelegentlich am Bildrand auftauchen darf.

Lieblingszitat: "Geht abwärts, ne? Ich sag' dir eins: Das ist erst der Anfang." (Franz' Nachbar zu Franz)

Quälende Langeweile

Geht es um das Porträt eines paranoiden Vorstadtbewohners, der sich mehr und mehr in Wahnvorstellungen verstrickt? Oder handelt es sich vielleicht doch eher um eine Parabel über den westlichen Mittelstandsbürger, der von "Oben" und von "Unten" so lange drangsaliert wird, bis schließlich die ganze Welt in Trümmern liegt? Oder liegt man richtig, wenn man den "Bau" schlicht als expressionistische Umsetzung eines grau-grünen Winter-Albtraums versteht - nicht mehr, aber auch nicht weniger? Mag sein. In jedem Fall genügt diese Aneinanderreihung immer groteskerer Müllkippenbilder nicht für gutes Kino, auch wenn besonders gegen Ende wohl ziemlich viel Geld für die digitalen und echten Kulissen in die Hand genommen wurde.

Regisseur Freydank, immerhin noch 2009 mit dem Oscar für seinen Kurzfilm "Spielzeugland" geehrt, leistet sich bei seinem vierten Langfilm erstaunlich anfängerhafte Dramaturgiesünden. "Schwach angefangen und dann stark nachgelassen" - der alte Sponti-Spruch beschreibt den Aufbau ziemlich treffend. Erschreckend farblos zudem die Figur des Helden, mit der man höchstens so stark mitfiebert wie mit dem eigenen älteren Nachbarn aus der Wohnung gegenüber, der den ganzen Tag stumm rauchend auf die Straße starrt. Das Schlimmste am "Bau" aber ist die Langeweile, mit der Freydank sein Publikum fast zwei Stunden lang foltert: Vor dem ersten Überraschungsmoment verstreicht fast eine Stunde (!). Da dürfte die Hälfte des Publikums längst eingeschlafen oder wütend nach Hause gegangen sein.

Regie: Jochen Alexander Freydank
Produktion: Mephisto Film
Darsteller: Axel Prahl, Kristina Klebe, Josef Hader, Devid Striesow, Robert Stadlober, Fritz Roth, Roeland Wiesnekker
Deutschland 2014 | DCP | Farbe | 110 Min. | dt. Erstaufführung

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