Start Faust-Jahr: Warum heute Faust lesen?

Warum heute Faust lesen?

Susan Zare   01.05.2025 | 12:25 Uhr

Zur Walpurgisnacht eröffnete die Sonderausstellung zu "Faust" in Weimar. Mephisto brachte Faust ja auf den Brocken zur Walpurgisnacht der Hexen, damit er dort seiner Lust nachgehe und den Verstand abschalte. Ein Gespräch mit der Kuratorin der Ausstellung, Petra Lutz.

Die Walpurgisnacht steht für Exzess, Ausschweifung, Verführung und sich gehen lassen. Genau an diesem Tag eröffnete in Weimar die neue multimediale und interaktive Sonderausstellung „Faust“ in Goethe-Nationalmuseum, also so gestaltet, dass auch die, die Faust nur aus dem Schulunterricht kennen, wieder Lust auf den Stoff bekommen können.

Leben, Liebe, Naturverhältnis

Darüber, was Goethes Faust heute noch mit uns zu tun hat, hat Susan mit Petra Lutz gesprochen. Sie ist Kuratorin der Ausstellung und Abteilungsleiterin im Goethe-Nationalmuseum. Lutz ist der Auffassung, dass der Faust gerade in unserer Zeit sehr gut passt, weil Goethe dort zentrale Themen der Moderne verhandelt hat: Kapitalismus, die Frage nach Leben und Liebe und auch die Frage nach unserem Naturverhältnis und Naturzerstörung.

Die Ausstellung zielt, so Lutz, darauf ab, zum Lesen zu verführen und zum ins Theater gehen. Vor 200 Jahren begann die Moderne. Aus dieser Perspektive erzähle der Faust Dinge, die für unsere Zeit wichtig sind. Natürlich mit den damaligen Mitteln: Tiere, Hexen, Mischwesen sind ein Muster an Vieldeutigkeit.

Künstliche Intelligenz Homunculus

Auch die Sprache ist für Petra Lutz, „wenn man sich da eine Weile vertieft, unglaublich frisch. Wir begegnen ja ganz ständig ganz vielen Faust-Sentenzen, die wir überhaupt nicht mehr so im Kopf haben, etwa beim Werbesatz. ,Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein.‘“ Das komme ganz klar von Faust: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein.“

So gebe es noch viele weitere Stellen, etwa beim Homunculus im Faust II. Dieser sei als eine künstliche Intelligenz im Labor entstanden. Und hier entwickele der Homunculus eine eigene Sinneswahrnehmung wiedergebe: „Hier weht grad eine weiche Luft. Es grunelt so und mir behagt der Duft!“

Verschiedene Zeit- und Realitätsebenen

Für die Ausstellung hat das Goethe-Nationalmuseum mit dem Comiczeichner Simon Schwartz zusammengearbeitet, der eine raumhohe Karte aller Faust-Orte entworfen hat. "Da sind alle Orte drauf; von der Stadt, die man aus Faust I kennt, der Brocken mit den Hexen, die klassische Walpurgisnacht, die Hexenküche."

Oder etwa der Faust, der in der Zukunft ein großes Veränderungsprojekt mache, "bis hin zu ganz praktischen Dingen, etwa den Kanalbau". Goethe war unter anderem ja auch Wegebaudirektor des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Der Faust spielte also in sehr verschiedenen Zeit- und Realitätsebenen, und die werden in der Ausstellung gespiegelt.

Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag am 30.04.2025 auf SR kultur.

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