Ministerpräsident Tobias Hans beim Dreh für ein Video auf TikTok (Foto: Nicola Bläs/SR)

Tobias Hans: Krisenkommunikation goes Social Media

Roswitha Böhm   28.04.2020 | 10:00 Uhr

CDU-Politiker müssen sich häufig mit dem Vorwurf rumschlagen, sie hätten die sozialen Netzwerke nicht verstanden. Für Ministerpräsident Tobias Hans kann das nicht gelten. Denn spätestens seit der Corona-Pandemie hat er Instagram, Facebook und Co. für sich entdeckt. Doch wie funktioniert die Krisenkommunikation auf seinen Social-Media-Auftritten? Wir haben uns seine Profile genauer angeschaut.

Es ist weniger als ein Jahr her, dass der blauhaarige Youtuber Rezo medienwirksam vorführte, wie weit deutsche Politiker, insbesondere der CDU, von der Lebenswelt der Digital Natives entfernt sind. Für Tobias Hans kann das heute nicht mehr gelten. Auf Facebook, Twitter und Instagram postet er regelmäßig aus seinem (Berufs-)Alltag und hat seit der Corona-Krise sogar seinen Weg auf die junge Plattform TikTok gefunden. Dort, wo es eigentlich bunt und schrill zugeht, wo die Leute in ihren Videos tanzen und sich für spaßige Challenges nominieren, will er junge Leute über die Corona-Regelungen informieren.

Information und Pizza

Allgemein setzt er auf seinen Social Media-Kanälen gerade auf Information und gibt sich dabei bürgernah. Bei Instagram können sich seine Follower beispielsweise direkt an ihn wenden und Fragen zu Corona und den Ausgangsbeschränkungen stellen. Wenn er nicht informiert oder von seiner Arbeit berichtet, sieht man ihn auch beim Pizza backen, er macht Witze und schwärmt für selbstgekochtes Curry.

„Die Menschen wollen eben auch wissen, was die Person hinter dem Politiker so tut“, erklärt Hans. Für Christian Nuernbergk, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Trier, ist das aber auch Strategie. „Es geht natürlich auch darum, Sympathie zu erzeugen. Das ist eine Art der Selbstdarstellung, die hier praktiziert wird.“

Es geht immer auch um Publicity

Wenn man durch seine Feeds scrollt, fällt eines sofort auf: Tobias Hans ist auf jedem Foto. Denn natürlich geht es in seinen Auftritten in den Sozialen Netzwerken nicht nur darum, über seine Arbeit als Ministerpräsident aufzuklären. Es geht auch um ihn. „Das ist strategische Kommunikation“, sagt Nuernbergk.

„Das erkennt man vielleicht nicht auf den ersten Blick, aber das meiste ist geplant.“ Als Nutzer muss man sich deshalb ins Gedächtnis rufen: Ob Hans nun über Finanzhilfen für Unternehmen während der Pandemie spricht oder Blaubeerpfannkuchen backt, er macht damit immer auch politische Werbung für sich. Seine Posts sind interessengeleitet.

Wer postet hier eigentlich?

Doch von wem stammt eigentlich der Content auf Tobias Hans' Social-Media-Auftritten? Die Antwort ist kompliziert. Sein TikTok-Kanal wird von der Staatskanzlei betrieben. Die Videos erstellen Mitarbeiter oder externe Firmen, die aus dem Etat für Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung bezahlt werden. Tobias Hans' Facebook-, Twitter- und Instagram-Auftritte sind dagegen persönliche Accounts, sagt Regierungssprecher Alexander Zeyer.

Ministerpräsident Tobias Hans beim Dreh für ein Video auf TikTok (Foto: Nicola Bläs/SR)
Ministerpräsident Tobias Hans beim Dreh für ein Video auf TikTok

Doch auch hier gibt es Unterschiede. Denn auf Hans' Facebook Profil wird im Impressum als Verantwortlicher der saarländische CDU-Landesverband genannt. Und das, obwohl Hans dort auch in seiner Rolle als Ministerpräsident spricht. Genauso handhabt das übrigens die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). Nochmal anders läuft es auf Twitter und Instagram. Nach Angaben des Regierungssprechers setzt der Ministerpräsident die meisten Posts dort selbst ab. Aber nicht nur. Auch die Staatskanzlei und der CDU-Landesverband haben laut Zeyer Zugriff auf die Profile und können Inhalte einstellen. Deswegen werden sie auch beide im Impressum genannt.

"Nicht ganz sauber"

Nicht ganz sauber findet das Joachim Wieland, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Speyer. „Im Impressum von Twitter und Instagram muss der Verantwortliche eindeutig genannt werden, Doppelnennungen sind unzulässig, schon weil dann nicht mehr klar ist, ob der Ministerpräsident als Amtsträger oder als Parteivorsitzender handelt.“

Das ist deshalb wichtig, weil Tobias Hans als Ministerpräsident und Vorsitzender des CDU-Landesverbandes eine Doppelrolle hat, für die jeweils andere Regeln gelten. In seiner Rolle als Ministerpräsident gilt für ihn das Neutralitätsgebot. Das heißt, dass er sich nicht parteipolitisch äußern darf, solange er als Regierungschef auftritt.

Ideal wären zwei Accounts

Zwar ist Tobias Hans bisher nicht damit aufgefallen, dass er sich auf seinen persönlichen Accounts als Parteipolitiker äußert und er ist auch bei weitem nicht der einzige Politiker, bei dem in den Sozialen Netzwerken die Rollen zusammenfallen. Dennoch ist der Medienwissenschaftler Nuernbergk der Ansicht, es wäre vorteilhaft, die Kanäle zu trennen. Er schlägt einen nicht an die Person gebundenen Account für den Ministerpräsidenten und einen für Tobias Hans als Privatperson und CDU-Politiker vor.

Profitiert Hans auf Social Media von Corona?

Was Tobias Hans in Zeiten von Corona auf Social Media macht, scheint gut anzukommen. Seine Posts bekommen nun deutlich mehr Likes, sein erfolgreichstes TikTok-Video wurde über 66.000 Mal angeschaut und in den Kommentarspalten bekommt er von seinen Followern Applaus. Manche nennen ihn „Ehrenmann“ und benutzen den Hashtag „tobiashansforbundeskanzler“. „Während der Krise bekommen Entscheider viel Aufmerksamkeit“, sagt Nuernbergk. Das habe damit zu tun, dass die Menschen in Krisenzeiten ein besonders hohes Informationsbedürfnis haben.

Die Kehrseite der direkten Kommunikation

„Es ist mir wichtig, so zu sprechen, dass man das versteht, was ich meine. Dass es eben nicht nur ein Abziehbild von einer Pressekonferenz ist“, sagt Tobias Hans über seine neuen Corona-Informationsformate. Allerdings hat diese direkte Kommunikation auch eine Kehrseite. Denn wenn der Ministerpräsident auf Instagram Fragen zu Corona beantwortet, kann er auswählen, über was er sprechen will und negative Aspekte ausblenden.

Anders als auf einer Pressekonferenz, kann dort nicht kritisch nachgehakt werden. „Das ist ungefilterte Information“, sagt der Kommunikationswissenschaftler. „Da ist kein Journalismus dazwischengeschaltet, der das kritisch hinterfragt“. Darüber müssten sich die Nutzer im Klaren sein und sich auch anderweitig informieren.

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