Prostatakrebs: Neue Leitlinie streicht Tastuntersuchung

Prostatakrebs: Neue Leitlinie streicht Tastuntersuchung

Ulrike Till / Onlinefassung: Gina Schwan   05.05.2025 | 10:00 Uhr

Wenn sich bei Männern im Alter die Postata immer weiter vergrößert, ist die Angst beim nächsten Früherkennungstermin für Prostatakrebs groß. Wird ein Tumor entdeckt, ist das für die Betroffenen ein Schock. Entscheidend ist, wie aggressiv der Tumor ist und wie schnell man ihn entdeckt. Eine neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie soll helfen, schneller die richtige Therapie zu finden.

Im höheren Alter verändert sich bei der überwiegenden Mehrzahl der Männer die Prostata. Bei manchen entwickelt sich ein Tumor. Die Diagnose ist natürlich immer ein Schock, aber nur bei einigen Betroffenen ist der Krebs hochaggressiv. Je nach Tumortyp müssen Ärztinnen und Ärzte anders vorgehen. Die jeweils beste Strategie steht in einer sogenannten Leitilinie. Die wurde von der Deutschen Gesellschaft Urologie gerade neu überarbeitet.

Was soll sich ändern?

Die meisten Änderungen werde es bei der Früherkennung geben. Bei dieser war jahrelang die Tastuntersuchung üblich. Neuere Studien haben allerdings gezeigt, dass sich mit dieser Untersuchung nur größere Tumore in der Prostata entdecken lassen. Daher handelt es sich bei der Tastuntersuchung eher um eine Spät- als eine Früherkennung. Aus diesem Grund werde die Tastuntersuchung durch die neue Leitlinie auch nicht mehr zur Früherkennung empfohlen.

Stattdessen soll Männern ab 45 Jahren zukünftig ein abgestuftes Programm angeboten werden. Eine wichtige Rolle spiele dabei der Bluttest auf PSA, also auf das Prostata spezifische Antigen. Wenn der PSA-Wert über drei liegt, soll das Krebsrisiko noch mal individuell geprüft werden. Urologinnen und Urologen werden dann unter anderem nach der Familiengeschichte fragen und sich die Prostata noch mal genauer ansehen. Auch das Alter spielt eine entscheidene Rolle.

PSA-Wert steht in der Kritik

Nicht nur die Tastuntersuchung, auch der PSA-Wert hat in letzter Zeit immer wieder in der Kritik gestanden. Denn der PSA-Wert führt immer wieder zu Fehlalarm, da Entzündungen, verschiedene Medikamente oder auch Druck auf die Prostata, beispielsweise beim Radfahren, den Wert in die Höhe treiben können.

Die neue Leitlinie setzt daher ein abgestuftes Verfahren in der Früherkennung ein. Sie rät nur oberhalb bestimmter Grenzwerte und in bestimmten Zeitabständen zur Kontrolle zu kommen. Nur wenn sich der Tumorverdacht verhärtet, wird ein MRT empfohlen.

Unterscheidung zwischen Haustierkrebs und Raubtierkrebs

Mit der Kernspintuntersuchung lässt sich in der Regel nicht nur die Größe des Tumors bestimmen, sondern auch ob er sehr aggressiv oder eher langsam wachse. Bei letzterem handelt es sich um einen Haustierkrebs. "Der hat eine sehr geringe Aggressivität. Der wächst lokal, aber der metastasiert nicht und wächst sehr langsam", so der Koordinator der neuen Leitline, Professor Marc-Oliver Grimm von der Universitätsklinik Jena. "Viele Männer sterben nicht an einem Prostatakarzinom, sondern damit."

Hingegen sei der Raubtierkrebs sehr aggressiv. Das MRT helfe den Ärztinnen und Ärzten dabei, den Krebs gut zu differenzieren. Ein gutes Screening, also ein organisiertes Früherkennungsprogramm, ist für Professor Marc-Oliver Grimm entscheidend, um die Prostatakrebssterblichkeit zu senken.

Engmaschige Überwachung bei langsam wachsenden Tumoren

Wenn zukünftig bei der Untersuchung festgestellt wird, dass der Tumor nicht aggressiv sei, werde dieser nur noch engmaschig überwacht. Anders als bisher sollen Patientinnen und Patienten eine Behandlung nicht mehr angeboten bekommen. Hintergrund dafür sei eine englische Studie, die herausgefunden hat, dass es nach 15 Jahren mit engmaschiger Überwachung nicht mehr Todesfälle als mit Bestrahlungen und Operationen gegeben habe.

Das Vorgehen der neuen Leitlinie sorgt aber auch für Kritik. Bei einer Restlebenserwartung von mindestens zehn Jahren sollen Männer immer wieder zum Screening kommen, was Professor Dr. Stefan Sauerland als nicht sinnvoll ansieht: "Das öffnet Tür und Tor für eine ewige Diagnostik bis 75 oder 80 Jahren."

Über die endgültige Fassung der neuen Leitlinie muss noch ein Bundesausschuss entscheiden, in dem auch die Krankenkassen vertreten sind. Das kann bis zu zwei Jahre dauern.

Ein Thema in der Sendung "SR 3 am Vormittag" am 05.05.2025 auf SR 3 Saarlandwelle.

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