Stolpersteine zum Gedenken an den Holocaust (Foto: SR)

Holocaust-Gedenken der Zukunft

ARD-Themenwoche "#WIE LEBEN - Bleibt alles anders"

mit Informationen von Katja Preißner   18.11.2020 | 12:40 Uhr

Wie wollen wir uns in Zukunft an den Holocaust erinnern? Wie wollen wir das Gedenken lebendig halten, wenn es irgendwann einmal keine Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mehr gibt? Ein Thema im Rahmen der ARD-Themenwoche "Wie leben".

Holocaust-Gedenken der Zukunft
Audio [SR 3, Katja Preißner, 18.11.2020, Länge: 02:57 Min.]
Holocaust-Gedenken der Zukunft

Immer weniger Zeitzeugen und Überlebende des Holocaust können von den Greuelerfahrungen und dem Schrecken, den sie erleiden mussten, berichten. Ihre Stimmen verstummen, so auch die von Alex Deutsch, dessen Sohn und Frau in Ausschwitz ermordet wurden. Über viele Jahre erzählte er im Adolf-Bender-Zentrums in St. Wendel, Schülerinnen und Schülern im Saarland von seiner Geschichte. Mittlerweile ist er verstorben. Die Arbeit des Adolf-Bender-Zentrums für Demokratie, Menschenrechte und gegen Rechts geht ohne die Zeitzeuginnen und Zeugen weiter.

"Was hat die Shoa mit der eigenen Familiengeschichte zu tun?"

Für den Leiter des Zentrums Jörn Didas komme es dabei vor allem auf die Vermittlung von Fakten und Wissen an. Und da seien noch Hausaufgaben zu machen, sagt Samuel Salzborn, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Gießen und Antisemitismusforscher: "Was hat der Nationalsozialismus, was hat Antisemitismus, was hat die Shoa mit der eigenen Familiengeschichte zu tun, inwiefern sind eigene Eltern, Großeltern oder mittlerweile auch Urgroßeltern eigentlich involviert gewesen?“. Vor diesen Fragen drückten sich bis heute sehr, sehr viele, und das wäre eigentlich der zentrale Schlüssel, um eine Aufarbeitung wirklich als im Gang befindlich begreifen zu können, mahnt der Antisemitismusforscher.

"Der Antisemitismus hat eine lange Vorgeschichte, er hat eine lange Nachgeschichte"

Diese blinden Flecken fänden sich auch in den Schulbüchern: Auch wenn der Nationalsozialismus in den Schulbüchern sehr umfangreich dargestellt werde, so habe man oft das Gefühl, der Nationalsozialismus sei plötzlich 1933 da gewesen und dann auch 1945 verschwunden. "Und das ist natürlich falsch. Der Antisemitismus hat eine lange Vorgeschichte, er hat eine lange Nachgeschichte", so Salzborn.

Diese Nachgeschichte können man zum Beispiel auch in der Popmusik-Szene beobachten, etwa bei Formen des Gangsterraps, der immer wieder antisemitische Stereotypen bediene. Und an all diese Themen müsse man dringend ran, fordert der Wissenschaftler.

"Ich vertraue darauf, dass sie nicht mehr schweigen werden"

Wenn die Schulklassen ins Adolf-Bender-Zentrum kommen, haben heute viele junge Leute keine deutschen Wurzeln, kommen definitiv nicht aus NS-Täterfamilien. In ihrem Zugang zum Thema Holocaust sieht Jörn Didas eine Chance. Gedenkarbeit müsse moralisierend sein, die Bildungsarbeit könne aber auch ein positives Erlebnis für die Jugendlichen sein. Die Jugend kann also einiges besser machen und nachholen, wovor sich die Großen gedrückt haben. Esther Bejarano, die unermüdlich aufklärende und singende Auschwitz-Überlebende aus Saarlouis, hat Hoffnung. "Ich weiß nicht, was sein wird. Ich vertraue aber auf die Jugend. Ich vertraue darauf, dass sie nicht mehr schweigen werden."

Auch ein Thema in der "Region am Mittag" am 18.11.2020 auf SR 3 Saarlandwelle.

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