Französische Unternehmen unterliegen strengen Umweltkontrollen
In Frankreich gibt es ein Kontrollgremium, das Deutschland nicht kennt. Industrieanlagen wie die Chemieplattform Carling oder das Atomkraftwerk in Cattenom müssen sich nämlich vor einer lokalen Umweltkommission verantworten.
"Savoir vivre" - das schöne Leben genießen. Das unterstellen wir unseren französischen Nachbarn allzu oft. Und auch, dass sie weniger streng kontrollieren als Deutschland. Dabei stimmt das so nicht. Industrieanlagen werden beispielsweise sehr streng kontrolliert - von einem Gremium, dass es bei uns so gar nicht gibt.
Umweltkommissionen in Carling und Cattenom
Für Industrieanlagen wie die Chemieplattform Carling oder das Atomkraftwerk in Cattenom gibt es jeweils eine eigene lokale Umweltkommission. Vor dieser müssen sich die Industrieanlagen verantworten. Das bedeutet auch, dass diese Kommission Analysen durchführen lassen kann, Gutachten in Auftrag geben kann oder Besichtigungen anmeldet.
Zweimal im Jahr werden die Vorstände der Industrieanlagen zu Gesprächen geladen. Dort müssen sie unter anderem Unternehmensentscheidungen rechtfertigen - und zwar vor einem großen Ausschuss. In dem sitzen die Bürgermeister der umliegenden Orte, Vertreter der jeweiligen Unternehmen, Sicherheitsexperten, Strahlenexperten, Landwirte, Mediziner, Gewerkschaften sowie Wirtschafts- und Umweltverbände.
Mitsprache in der Großregion
Auch der frühere saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD) hat schon an solchen Sitzungen teilgenommen. Jedoch waren diese Umweltkommissionen bis 2019 eine rein französische Angelegenheit. Danach wurde die Regelung geändert.
Seitdem werden auch Saarländer, Rheinland-Pfälzer, Luxemburger und Wallonen - also die französischsprachigen Bewohner der belgischen Region Wallonie - zu den Gesprächen einladen. Somit ist die ganze Großregion beteiligt. Aus dem Saarland sind es der Landkreis Merzig-Wadern, der BUND und Vertreter des Umweltministerium. Diese Vertreter haben auch alle ein Stimmrecht.
Demokratische Abstimmungen
Natürlich vertreten alle Parteien ihre eigenen Interessen. So hat sich beispielsweise der Bürgermeister Cattenoms, Bernhard Zenner, dafür eingesetzt, einen weiteren Meiler zu bauen. Da aber verschiedene Gruppierungen Mitspracherecht haben, verlaufen diese Sitzungen sehr demokratisch ab.
Es kann außerdem zu außerplanmäßigen Sitzungen kommen. Das war beispielsweise der Fall, als im vergangenen Jahr vermehrte Korrosionsschäden in einem Rohrsystem in Cattenom aufgetreten sind. Dazu wurde eine Sondersitzung einberufen, in der Experten ihre Empfehlungen abgaben. Aber auch die Sicherheitsmaßen in Carling werden von der lokalen Umweltkommission geprüft und kritisch begleitet.
Zuschauer teilweise erlaubt
Jedoch dürfen nicht nur Experten und Politiker zu den Sitzungen kommen. Auch für Privatpersonen sind die planmäßigen Sitzungen zweimal im Jahr offen. Man darf also da sein, man darf sich jedoch nicht äußern, da Privatpersonen kein Stimmrecht haben. Wer sich das Ganze aber anschauen möchte, hat im kommenden Jahr die Gelegenheit. Ein Termin steht noch nicht fest. Voraussichtlich wird es April oder Mai werden.
Ein Thema in der Sendung "Region am Mittag" am 29.12.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.