Zwei saarländische Wachleute hoffen auf ihr Recht
Zwei Brüder aus dem Saarland müssen mit den Folgen einer Disko-Schießerei in Nancy leben – und kämpfen seit zwölf Jahren um ihr Recht. Am 2. Mai beginnt nun der Revisionsprozess im Fall des früheren französischen Fußballnationalspielers Tony Vairelles.
Baldassare und Carlo aus Heusweiler sind zwei Männer wie Schränke. Sie waren Bergleute und verdienten sich an Wochenenden mit ihrem Bruder und einem Freund als Türsteher in Clubs in Nancy was dazu. Sie wollten sich selbständig machen und hatten eine Menge Pläne. Alle Träume aber endeten in der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober 2011.
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Was war passiert?
Zwei Männer hatten in der Disko in Nancy randaliert und wurden von den Brüdern Baldassare und Carlo vor die Tür gesetzt. Statt weiterzuziehen kamen die Männer erst mit Baseballschlägern und dann mit scharfen Waffen zurück.
Was dann passierte, schildert Baldassare so: "Einer kam ganz rabiat auf mich zu. Ein paar Meter vor mir zieht er die Waffe raus, zielte direkt auf mich. Dann hat er die Waffe auf mein Gesicht gehalten und hat auf Französisch gesagt: Ich bring Dich um, Du Scheiß-Deutscher. Ich hab an seinem Gesichtsausdruck gesehen, dass er schießen wollte. In diesem Moment habe ich mein Gesicht mit der Hand geschützt, und er schoss. Und schoss mir die Hand kaputt."
Unweit davon war Carlo bereits zu Boden gegangen. Er lag auf dem Rücken. Er bekam das Ganze erst nur hörend mit. Er habe aufstehen wollen und dann sei der Schuss gekommen.
Später, sagen die Brüder, hätten sie bei der Polizei zweifelsfrei die Brüder Vairelles wiedererkannt. Tony Vairelles habe über Carlo gestanden, gezielt und ihm in den Bauch geschossen. Ein Steckschuss in der Wirbelsäule.
Hilfe vom internationalen Versorgungsamt
Beide Männer konnten danach nicht mehr arbeiten. Eine Entschädigung haben sie bis heute nicht bekommen. Alles müssen sie selbst finanzieren. Baldassare hatte sich beim Versorgungsamt in Saarbrücken gemeldet. Dort war man aber nicht zuständig. Zuständig sei das internationale Versorgungsamt in Bonn - so die Auskunft. Dort sei ihnen dann auch wirklich geholfen worden. Die zuständige Sachbearbeiterin habe erklärt, "wie wir vorgehen sollen, dass sie uns unterstützen, zum Beispiel bei Übersetzungen." Und sie hätten auch die Gerichte angeschrieben.
Die Brüder mussten sich einen französischen Anwalt nehmen. Ein deutscher Anwalt hätte sie nicht vertreten dürfen. Sie fanden Maître Schwartz in Saargemünd.
Kostenlose Rechtsberatung und Hilfe in Frankreich
Der Eurodistrikt SaarMoselle hat darauf hingewiesen, dass es in Frankreich in allen Städten ein so genanntes Haus des Rechts und der Gerechtigkeit gibt. „Une Maison de justice et du droit“. Dort gibt es eine kostenlose Beratung und Weiterleitung an die richtigen Stellen.
Für die Brüder aus Heusweiler steht nun der Revisionsprozess an. Voriges Jahr waren die Brüder Vairelles zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden und sofort in Berufung gegangen. Bis es ein endgültiges Urteil gibt "können wir ja nicht einmal Schadensersatz geltend machen", sagt Baldassare. Er und sein Bruder Carlo hoffen nun auf ein gutes Ende. Und sie wollen in die Zukunft blicken. "Für unsere Kinder, für unsere Familie muss es weiter gehen. Aus diesem Tunnel muss man ja irgendwann raus", so Carlo.
Kostenlose Rechtsberatung in Frankreich
- www.justice.gouv.fr
- www.annuaires.justice.gouv.fr
- www.cec-zev.eu (Europäischer Verbraucherschutz: kostenlose rechtliche Unterstützung für Verbraucher)
Ein Thema in der "Region am Mittag" am 02.05.2023 auf SR 3 Saarlandwelle