Facebook-Nutzerin (Foto: pixabay (CC0))

Algorithmen: Gefangen in der Filterblase

Kerstin Gallmeyer   08.08.2018 | 11:47 Uhr

Algorithmen - das sind, ganz einfach ausgedrückt, automatisierte Problemlöser in digitalen Geräten. Sie verwenden unsere Daten und machen uns Lösungsvorschläge. Wie zum Beispiel in einem Auto-Navi. Wir geben ein Ziel ein - das Navi schlägt uns den besten Weg vor. Aber Algorithmen können noch mehr, als uns Lösungen präsentieren. Sie können unser Verhalten und unsere Meinung beeinflussen, denn Algorithmen sind nicht einfach nur mathematische Formeln, die ein bestimmtes Ergebnis ausspucken. Algorithmen können auch lernen.

Wer öfter mal im Internet was sucht, der kennt das Phänomen: Man bekommt in Folge immer wieder Seiten angeboten, die thematisch zur Suche passen. Das erscheint oftmals ganz praktisch, doch damit wird auch gelenkt, welche Infos einem zugänglich gemacht werden. Und dieses Phänomen gibt es nicht nur bei Suchmaschinen. Internet- und Sozial-Media-Nutzer Oliver Thewes beispielsweise hat folgende Erfahrung gemacht: "Ich schaue mir ein Trump-Video an und zwei Tage später werde ich nur noch zu rechtsradikalen Sachen verlinkt."

Algorithmen entscheiden, was für uns interessant ist

Dahinter stecken bestimmte lernfähige Algorithmen. Sie bewirken, dass der Inhalt, der beispielsweise auf einer Facebook-Seite, dem Newsfeed, erscheint, auf die vermeintlichen Interessen des Nutzers zugeschnitten ist.

Ein algorithmisches Entscheidungssystem bewerte jeden Beitrag, den Freunde und die Seiten, die man geliked habe, bewerte, d.h. inwieweit ist dieser Beitrag für den Nutzer interessant sein könnte", beschreibt Tobias Krafft, Informatiker an der TU Kaiserslautern, das Prinzip. Auf der Grundlage dieses Prinzips "wird entsprechend ein einfaches Ranking durchgeführt, der am interessantesten scheinende Beitrag wird ausgerollt und Beiträge mit einer niedrigeren Bewertung fallen immer weiter unten in den Newsfeed hinein oder werden teilweise sogar ausgeblendet."

Gefangen in der Filterblase

Wenn es um politische Inhalte geht, kann dies jedoch tiefgreifende Folgen haben. Selbstversuche mehrerer Journalisten auf Facebook haben gezeigt: Ein paar Kommentare und Likes und das Teilen von Inhalten - zum Beispiel von rechtspopulistischen Bewegungen - haben ausgereicht, um auf seinem Facebook-Konto recht schnell von einer Art Filterblase umgeben zu sein. Auf einmal werden dann vor allem Kommentare, Videos und Bilder mit Inhalten angezeigt, die dem bereits Angeklickten ähnlich sind.

Blind für die reale Welt

Uwe Conradt, Leiter der Landesmedienanstalt des Saarlandes, sieht darin eine reale Gefahr für die freie Meinungsbildung und die Demokratie: "Wenn man immer nur das, teilt, liked und kommentiert, was man selber mag, dann wird man irgendwann in den sozialen Medien Opfer der eigenen Filterblase. Die Welt in ihrer Bandbreite bekomme man gar nicht mehr dargestellt und das bedeute, dass auch politische Ansichten dadurch viel stärker polarisiert werden können.

Politische Polarisierung versus freie Meinungsbildung

Wie ausgeprägt die so genannten Filterblasen in Deutschland sind, darüber sind Experten unterschiedlicher Meinung. Professor Michael Backes vom Zentrum für IT-Sicherheit CISPA in Saarbrücken sieht auf jeden Fall einen Unterschied zu den USA, denn dort werde sehr stark polarisiert - am linken wie am rechten Rand. " In der Mitte gibt es eigentlich nicht so viel." Die Filterblasen seien in den USA viel stärker ausgeprägt als bei uns mit der Folge, dass die Menschen immer wieder das hören, was sie glauben wollen. Die deutschen User seien da reflektierter, ist Backes überzeugt. Auch hier gebe es mit Sicherheit Manipulationsversuche, "aber ich glaube, sie verfangen bei uns zum Glück nicht in dem Umfang wie in anderen Ländern."

Fest steht: Es ist zwar nicht genau bekannt, wie die Algorithmen von Facebook und Co. funktionieren, dass sie aber geeignet sind, unsere Meinung und Weltsicht zu beeinflussen, ist unstrittig.

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Über dieses Thema wurde auch in 'Dein Vormittag im Saarland' am 08.08.2018 auf SR 1 berichtet.

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