Tischtennis-Profi Patrick Franziska vom 1.FCS TT (Foto: Imago/Eibner)

Finanz-Pingpong bei Saartoto

Caroline Uhl   21.02.2018 | 20:00 Uhr

Die Sportförderung von Saartoto soll transparenter werden. Am Donnerstag ist ein sogenannter "Verstärkungsfonds" Thema im Landtag. Über den Fonds flossen im Jahr 2016 erhebliche Beträge in den Tischtennissport. Dabei spielte der Präsident des Landessportverbands LSVS, Klaus Meiser, eine zentrale Rolle.

Der wichtigste Geldgeber für den Saarsport – egal ob Spitzen- oder Breitensport, ist die Saartoto-Gesellschaft. Millionen Euro hat das Lotterieunternehmen Jahr für Jahr zu vergeben. Zum Sportachtel in Höhe von zuletzt rund 13 Millionen Euro kommen regelmäßig noch zweckgebundene Zuweisungen aus dem Überschuss der Lotto-Gesellschaft hinzu. Seit 2016 außerdem ein Teil der Überschüsse noch in eine ganz besondere Kasse, den sogenannten „Verstärkungsfonds“. Dessen Ziel: Bis zum Jahr 2020, solange also wie im Saarland wegen der Schuldenbremse der Spardruck hoch ist und daher kaum Spielraum für öffentliche Fördergelder besteht, sollen Kultur und Sport aus dem Sondertopf zusätzliche Unterstützung erhalten. Und zwar bis zu 500.000 Euro jährlich, davon sollten jeweils 250.000 Euro an die Kultur und 250.000 Euro an den Sport gehen.

Saartoto-Geschäftsführung und Aufsichtsrat scheint es sehr ernst mit dem Fonds: Die Gesellschaft ist sogar dazu bereit, notfalls auf angesparte Rücklagen zurückzugreifen, sollte in einem Jahr aus dem laufenden Geschäft nicht genug Geld für den "Verstärkungsfonds" übrig bleiben (Saartoto-Geschäftsführer Peter Jacoby laut Protokoll Aufsichtsratssitzung Saartoto vom 19. November 2016).

Zwei Mal Tischtennis

In besonderem Maße profitierte im ersten Jahr, also 2016, der Tischtennissport davon. Insgesamt zwei Beschlüsse für Zuwendungen aus dem „Verstärkungsfonds“ gab es laut Saartoto für die Sportart. In einem ging es demnach um Trainerstellen für den Saarländischen Tischtennisbund (STTB). In einem zweiten Aufsichtsratsbeschluss ging es um einen geplanten Bundesstützpunkt Tischtennis in Saarbrücken.

Zu Letzterem heißt es in der dem SR vorliegenden Beschlussvorlage für den Saartoto-Aufsichtsrat vom 6. Juli 2016: „Der Landessportverband für das Saarland wird mit einem Betrag in Höhe von 90.000,00 € für die Einrichtung eines Bundesstützpunkts Tischtennis im Saarland aus dem 'Verstärkungsfonds' unterstützt.“

Wohin floss das Geld?

Wohin genau das bewilligte Geld dann floss, ist eine von mehreren offenen Fragen. Der Landessportverband für das Saarland (LSVS) hat darauf trotz mehrmaliger Nachfrage keine Antwort gegeben.

Fragende Gesichter derweil beim STTB: Zwar ist es expliziter Wunsch des Landesverbands, einmal einen Bundesstützpunkt an der Hermann-Neuberger-Sportschule zu haben, und es besteht auch bereits eine besondere Jugendförderung in Saarbrücken, wie der Präsident des STTB, der ehemalige Marpinger SPD-Bürgermeister, Werner Laub, betont. „Derartige Dinge, wie zum Beispiel ein Geldfluss von 90.000 Euro“ seien ihm aber „nicht bekannt“.

Wieder Thema im November

Noch einmal ist das Thema Bundesstützpunkt Tischtennis aber Gegenstand einer Saartoto-Aufsichtsratssitzung. Wieder geht es um den „Verstärkungsfonds“. Am 19. November 2016 zählt LSVS-Präsident Klaus Meiser laut Sitzungsprotokoll auf, wofür er Geld aus dem „Verstärkungsfonds“ haben möchte. Es geht um Trainerstellen für Rudern, Triathlon und Ringen, um Frauenfußball und Wohnungen für Behindertensportler. Und, so steht es im Protokoll: „Weitere Gelder seien notwendig, um im Tischtennis u. a. den deutschen Spitzenspieler Patrick Franziska im Trainingszentrum zu halten, damit das Trainingszentrum zu einem Bundesstützpunkt entwickelt werden könne.“

Doppel-Europameister Franziska war erst im Sommer 2016 vom Spitzenclub Borussia Düsseldorf zum 1. FC Saarbrücken TT gewechselt. War das mit dem Aufbau des Bundesstützpunkts begründete Geld anteilig oder ganz für diese Personalie gedacht? Der Landessportverband schweigt auch hierzu. Der sportliche Leiter des 1.FCS TT, Erwin Berg, verweist auf einen Beschluss des Vereins, in der Öffentlichkeit über Gelddinge nicht zu reden. Die Ausführungen Meisers aus dem Saartoto-Aufsichtsrat mit dem Bezug zu Franziska kenne er aber nicht. „Das habe ich nie gehört.“

Linke fordert Transparenz

Die Nähe Klaus Meisers zum Tischtennis und vor allem zum 1.FCS TT ist bekannt: Meiser spielte nach eigenem Bekunden 20 Jahre lang selbst Tischtennis. Im Jahr 2011, als sich der 1.FCS TT aus dem „großen“ FCS ausgründete, wurde Meiser zunächst Vizepräsident des neuen Vereins. Als er im Juli 2016 in seiner Funktion als LSVS-Präsident bei Saartoto um das Geld für den geplanten Bundesstützpunkt bat, hatte er das Amt beim 1.FCS TT nicht mehr inne. Von den STTB-Trainerstellen, in die 2016 ebenfalls Geld aus dem Verstärkungsfonds floss, profitierte womöglich auch der Verein, denn Verein und Verband teilen sich ihre Spitzentrainer.

War der Geldfluss aus dem Verstärkungsfonds 2016 in den Tischtennis-Sport Schwerpunktsetzung des damals noch relativ neu gewählten LSVS-Präsidenten? Oder hatte Tischtennisfreund Meiser vor allem seinen "Heimatverein" 1.FCS TT im Sinn? Auch darüber will sich am Donnerstag auf Antrag der Linksfraktion der Innenausschuss des Landtags Klarheit verschaffen. Schon vorab fordern die Linken: Mehr Transparenz bei den Geldflüssen von Saartoto – auch was den Verstärkungsfonds angeht. Mit dem Bundesstützpunkt kann es aber sowieso so schnell nichts werden: Der Deutsche Tischtennisbund teilte dem SR mit, dass ein offizieller Stützpunkt frühestens im Jahr 2024 möglich wäre.

Timeline
Finanzaffäre beim LSVS
Der Landessportverband für das Saarland (LSVS) ist von einer Finanzaffäre betroffen. Seit Bekanntwerden im Dezember vergangenen Jahres dringen immer mehr Details an die Öffentlichkeit. Wir zeichnen die bisherige Entwicklung in unserer Zeitleiste nach.

Über dieses Thema wurde auch in den Hörfunknachrichten vom 21.02.2018 berichtet.

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