Ein Paketbote übergibt eine Amazon-Prime-Lieferung seiner Kundin an der Haustür (Foto: SR/Niklas Resch)

Landtag will Paketboten besser schützen

Niklas Resch / Caroline Uhl   20.09.2023 | 19:18 Uhr

Der saarländische Landtag will Paketboten besser vor Ausbeutung schützen. Die Abgeordneten verabschiedeten einen entsprechenden Antrag der SPD, ein inhaltlich ähnlicher Antrag der CDU wurde abgelehnt. Zuletzt hatten SR-Recherchen prekäre Arbeitsbedingungen bei Subunternehmen des Versandriesen Amazon aufgedeckt.

Ursprünglich hatten die Arbeitsbedingungen in der Paketbranche schon vor der Sommerpause auf der Tagesordnung des Landtags gestanden. Damals hatte die SPD-Fraktion das Thema kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt. Sie hatte damit auf Berichte von SR, Correctiv und Nordsee-Zeitung reagiert.

Diese hatten offengelegt, wie der Versandhändler Amazon die Ausbeutung von Paketfahrern begünstigt. Aus Zeitgründen war das Thema aber auf die September-Sitzung des Landtags vertagt worden. In dieser legte nun neben der SPD- auch die CDU-Fraktion einen eigenen Antrag vor. 

Bessere Bedingungen schaffen

Am Ende setzte sich am Mittwoch zwar der Antrag der SPD-Mehrheitsfraktion durch, im Kern hatten beide Anträge aber denselben Inhalt: Bedingungen schaffen, für bessere Arbeitsbedingungen für die Fahrerinnen und Fahrer der Kurier,- Express- und Paket-Branche (KEP-Branche). Diese sind häufig nicht bei großen Logistikunternehmen direkt angestellt, sondern bei kleineren Subunternehmen.  

Beratungsstellen und Gewerkschaften beklagen schon seit mehreren Jahren prekäre Verhältnisse bei solchen Unternehmen. Oft geht es darum, dass Vorgesetzte beispielsweise Überstunden nicht korrekt bezahlen oder anderweitig den Lohn drückten. Die Recherchen des SR und seiner Medienpartner hatten dies deutlich gezeigt.  

Forderung an die Bundesregierung

Mit dem Beschluss vom Mittwoch fordert der Landtag die Bundesregierung nun auf, zum Schutze der Beschäftigten das Paketboten-Schutzgesetz zu verschärfen. Wie schon in der Fleisch-Industrie sollen Subunternehmer in der KEP-Branche komplett wegfallen. Die großen Logistik-Unternehmen sollen so die Verantwortung für die Fahrer direkt übernehmen.  

Der Aufschwung des Online- und Versandhandels habe dazu geführt, dass die Ausbeutung und prekäre Beschäftigung "mittlerweile ein Maß angenommen haben, welches man als erniedrigend und auch menschenunwürdig bezeichnen kann", sagte der SPD-Abgeordnete Frank Schmidt.  

„Ausbeutung, prekäre Beschäftigung, gesetzeswidrige Arbeitsbedingungen und kriminelle Machenschaften sind mittlerweile zum Alltag in der KEP-Branche geworden”, zählte Schmidt auf. Solche Zustände dürften keinen Raum in der Gesellschaft haben. 

Mehr Kontrollen gefordert 

Die CDU sprach sich zwar nicht explizit dafür aus, das Subunternehmertum bei Paketunternehmen generell zu verbieten. Der Abgeordnete Marc Speicher betonte aber mehrfach, es gehe um Lösungen, wie sie in der Fleischbranche bereits existierten. Dort sind Subunternehmen seit 2021 verboten. „Es braucht auch ein eigenes Gesetz zur Verbesserung der Lage, wie in der Fleischwirtschaft auch im Bereich der Kurier-, Express- und Paket-Branche”, sagte Speicher.  

Einig sind sich CDU und SPD darin, dass der Bund den Zoll stärken müsse. Mit dem Ziel, dass dieser die Subunternehmer effektiver und wirksamer kontrollieren kann. Der Zoll ist dabei vor allem für die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns zuständig. 

Der CDU-Antrag hatte außerdem auf Landesseite eine bessere Ausstattung der Gewerbeaufsicht vorgesehen. Diese ist im Saarland beim Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz (LUA) angesiedelt und ist zuständig etwa für die Einhaltung von Ruhe- und Pausenzeiten oder die Arbeitssicherheit.  

Mehr Kontrollen durch die Landesbehörde sind im nun verabschiedeten Antrag der SPD-Fraktion allerdings nicht vorgesehen. Nach SR-Informationen ist die Personaldecke beim LUA äußerst dünn. 

AfD sieht zu großen Eingriff in freie Marktwirtschaft  

Die AfD enthielt sich bei beiden Anträgen. Der Abgeordnete Christoph Schaufert räumte zwar ein, dass es im Bereich der KEP-Branche gleich mehrere Probleme mit prekären Arbeitsbedingungen gebe. Die Anträge seien aber seiner Ansicht nach ein zu großer Eingriff in die freie Marktwirtschaft.  

Insgesamt geht das Saarland mit dem nun verabschiedeten Antrag der SPD-Mehrheitsfraktion weiter als bisher. Zuletzt war die Landesregierung im Mai Mit-Initiatorin eines Entschließungsantrags des Bundesrats gewesen. In dem Papier fordert die Länderkammer die Bundesregierung auf, Subunternehmer in der KEP-Branche zu verbieten.

Debatte um Verbot von Subunternehmen

Allerdings soll es Ausnahmen geben, und zwar dann, wenn die Unternehmen ihren Beschäftigten Tariflöhne zahlen. Branchenkenner und Gewerkschafter kritisieren diesen Einschub. Unredliche Subunternehmer könnten weiter Löhne drücken, weil es aktuell nicht genügend Kontrollen gebe, um das zu unterbinden.  

Das Bundesarbeitsministerium verwies gegenüber dem SR auf hohe rechtliche Hürden, die ein Komplett-Verbot von Subunternehmen in der Branche mit sich brächten. Eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kam zuletzt aber zu dem Schluss, dass ein sogenanntes “Direktanstellungsgebot” rechtlich möglich sei und dem Schutz der Beschäftigten diene. 

Über dieses Thema berichten die SR-Hörfunknachrichten am 20.09.2023.


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