Ein Haus für Flüchtlinge

Christian Schwarz   01.04.2016 | 08:41 Uhr

Franziska und Max sind Anfang 30 und leben gemeinsam in einer Wohnung in Heusweiler. Seit Oktober sind sie aber auch Hausbesitzer in Dirmingen. Ihre Mieter sind eine neunköpfige Flüchtlingsfamilie, die inzwischen zu Freunden der Beiden geworden sind.

Die Idee, ein Haus zu kaufen und an Flüchtlinge zu vermieten, haben Franziska und Max gemeinsam mit Franziskas Familie getroffen. Die Entscheidung fiel auf ein Haus in Dirmingen, das schon länger leerstand. Nach der Kontaktaufnahme mit der Gemeinde Eppelborn und einer Begutachtung stand der Kauf schließlich fest. Aber wer sollte nun in dem Haus wohnen? Die Gemeinde bot zwei Alternativen: Eine WG mit acht männlichen Flüchtlingen oder eine Familie.

„Da mussten wir aus mehreren Gründen gut abwägen“, erzählen die Beiden. „Einerseits war im Dorf schnell bekannt geworden, dass Flüchtlinge einziehen sollen. Und wer denn da jetzt kommen soll, war schon ein großes Thema. Schließlich müssen die neuen Bewohner ja auch integriert werden.“ Andererseits hätten auch praktischere Aspekte eine Rolle gespielt. „Bei einem Mietvertrag mit einer Familie hätten wir selbst gehaftet, während bei acht Männern die Gemeinde die Mietverträge abgeschlossen hätte. Das Risiko wäre dann für uns geringer gewesen“, erklärt Max. Dennoch entschieden sie sich für die Familie und so zogen am 12. Oktober Basema, ihre vier Kinder und die beiden Brüder Osama und Mohammad ein, die erst vier Wochen zuvor in der Landesaufnahmestelle in Lebach angekommen waren. Kurze Zeit später folgten Basemas Mann Abeth und mit Anas ein weiterer ihrer Brüder. 

Von Palästina, über Syrien nach Deutschland

„Am Anfang waren wir jeden Tag nach der Arbeit dort und haben geholfen: Post vorlesen, zusammen tapezieren, Möbel von Bekannten vorbei bringen“, erzählt Franziska. Unterstützung kam auch aus der Dorfgemeinde, die Fernseher, Schulranzen und Fahrräder vorbei brachte. Erste Schritte der Integration, die sich auch in anderen Bereichen fortsetzt. So gehen die erwachsenen Familienmitglieder jeden Tag in den Deutschunterricht, der in der örtlichen Kirche angeboten wird. An Silvester hatten die Nachbarn alkoholfreies Bier besorgt, um gemeinsam anstoßen zu können.

Die Familie fühlt sich wohl, ist froh auf dem Dorf und nicht in der Stadt gelandet zu sein. Vor ihrer Ankunft in Dirmingen haben die Flüchtlinge einiges erlebt. Obwohl sie in Syrien aufgewachsen sind, sind sie keine syrischen Staatsangehörigen. Ihre Wurzeln liegen in Palästina, von wo Basemas Eltern einst nach Syrien geflüchtet waren. Dort wurden sie zwar geduldet, in ihren Pässen steht dennoch bis heute „andere asiatische Staatsangehörigkeit“.

Aus Mietern wurden Freunde

Bereits vor einigen Jahren, als der Krieg immer offener ausbrach, waren sie aus Syrien geflüchtet und zunächst in Algerien gelandet. Zwei Jahre lebte die Familie dort, baute sich eine neue Existenz auf, ehe das nordafrikanische Land sie auswies. Mit dem Zug aus Paris kommend strandeten sie ohne Geld in Saarbrücken und wurden schließlich nach Lebach gebracht. „Inzwischen sind wir gar nicht mehr so häufig hier, obwohl uns Basema immer so hervorragend bekocht“, erzählen die beiden Vermieter und schwärmen von Baklavas und anderen arabischen Spezialitäten. Ein fester Termin ist allerdings der deutsch-arabische Sprachkurs, für den Franziska jeden Donnerstag vorbeikommt.

Ebenfalls gleich geblieben, ist der Ärger mit den zuständigen Ämtern. Aktuell ist nur Mohammed anerkannt und fällt somit in den Aufgabenbereich des Jobcenters. Die acht übrigen Familienmitglieder haben einen Flüchtlingsstatus. Hier ist das Kreissozialamt Neunkirchen zuständig. „Man muss oft anrufen, Sachen hinterherlaufen, den richtigen Ansprechpartner finden. Schwierig ist es auch mit dem Datenschutz, für manche Infos brauchen wir dann eine Einverständniserklärung unserer Mieter“, erklärt Franziska.

Dennoch: Die Entscheidung, ein Haus zu kaufen und an Flüchtlinge zu vermieten bereuen die Beiden keine Sekunde. Im Gegenteil, sagen sie doch beide: „Da ist auf jeden Fall eine richtige Freundschaft entstanden.“

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