Safran, Sauerrübe und Weinbau wie vor 100 Jahren neu entdeckt

Safran, Sauerrübe und Weinbau wie vor 100 Jahren neu entdeckt

Genuss mit Zukunft

Ein Film von Anne Strauch  

Alte Obst- und Gemüsesorten, handgefertigte Lebensmittel ohne industrielle Zusätze, traditionelle Rezepte, die bei uns längst in Vergessenheit geraten sind. Diesmal stellen wir Ihnen Produzenten und ihre Produkte aus dem Elsass vor.

Bildergalerie

Diese Ausgabe von „Genuss mit Zukunft“ wendet sich typischen Produkten im Elsass zu. Die Region im Nordosten Frankreichs ist geographisch vor allem vom Rhein und von den Vogesen geprägt. Das Elsass teilt sich in die beiden Verwaltungsbezirke Oberrhein (Haut-Rhin) und Unterrhein (Bas-Rhin) auf.  


Die Produkte


Dieser Safran stammt aus dem Elsass. (Foto: SR)

Safran aus der Region um Colmar

Safran wurde schon früh im Elsass angebaut - im Ausgang des Mittelalters, im 15. Jahrhundert. Anfang des 19. Jahrhunderts ging diese Tradition verloren. Inzwischen sorgen Menschen wie Marc Pfefen dafür, dass hier wieder Safran blüht. Dafür ist die Region rund um Colmar wegen ihres Klimas perfekt.

Der Safran hat einen umgekehrten Wachstumszyklus: Diese Krokusart schläft im Frühjahr und blüht im Herbst. Eine Blüte hat zwischen drei und fünf Safranfäden, die von Marc Pfefen und seiner Familie gezupft und getrocknet werden. Der Trockenvorgang ist sein großes Geheimnis, denn dieser macht den Safran einzigartig. Wichtige Kriterien, um guten Safran zu erkennen: Er muss rot sein, die Fäden müssen gerade sein und er muss blumig riechen.


Sauerrüben - eine Tradition im Elsass. (Foto: SR)

Sueri Ruewe aus Holzwihr

Die Sauerrübe, auf Elsässisch Sueri Ruewe, ist ein verkanntes Stiefkind unter den Gemüsen, fast vergessen oder als Futterrübe genutzt. „Einige unserer Arbeiter meinten: Das essen wir nicht, das ist für die Pferde!“ Bauer Jean-Marie Frieh muss lachen, wenn er die Anekdote erzählt.

Die Mitglieder der Familie Frieh aus Holzwihr sind vor allem Kohlbauern, stellen Sauerkraut her. Aber für die Sauerrübe haben sie ein kleines Feld reserviert. Sueri Ruewe ist ein Geheimtipp und wird von den Fans ungeduldig erwartet, denn erst im Oktober ist Erntezeit. „Unsere Kunden scharren immer schon mit den Hufen. Es gibt die Sauerrüben nur für eine kurze Zeit und auch nicht viel davon.“

Sauerrüben werden genauso fermentiert wie Kohl: erst salzen, dann das Gefäß luftdicht verschließen und schon beginnen die Bakterien den Zucker in Milchsäure zu verwandeln. „Das wurde vor Urzeiten erfunden“, sagt Jean-Marie Frieh. Und seine Frau Michelle ergänzt: „Wir hoffen, dass noch viele Menschen die Sauerrübe entdecken. Es wäre schade, wenn wir die letzten wären, die Sueri Ruewe essen.“ Die fermentierte Sauerrübe schmeckt milder als Sauerkraut und ist in der Konsistenz weicher.


Christian Binner erntet per Hand und... (Foto: SR)

Traditioneller Weinanbau nördlich von Colmar

Wer im Frühjahr in den Weinbergen nördlich von Colmar unterwegs ist, reibt sich erstaunt die Augen: Hier wird mit Pferden gepflügt, schwere Maschinen sind auf dem Weingut Binner tabu. Winzer Christian Binner arbeitet nach dem Prinzip: Die Pflanze so wenig wie möglich stören und nur eingreifen, falls nötig.

Auch die Traubenlese geschieht per Hand. Und schließlich wird zum Maischen jeder Fuß gebraucht - die Trauben werden mit den Füßen bearbeitet. So wird das Maximum an Frucht, Farbe und Gerbstoff ausgepresst. 

Um die Traubenkerne kümmert sich Michèle Ramponi, Lebensgefährtin von Christian Binner. Sie trocknet die Kerne nach Rebsorten und presst sie danach. Das Öl ist grün und schmeckt nach der jeweiligen Traubensorte. Handelsübliches Traubenkernöl ist geruch- und farblos.

Inzwischen hat Michèle auch erste Pflegeprodukte kreiert. Sie setzt dabei auf altbewährte Rezepte, zum Beispiel beim Aftershave aus Weinbrand und Traubenkernöl. Weinbrand nutzte man früher für kleinere Verletzungen. Und essen könnte man die Beauty Produkte theoretisch auch - alles Bio und ohne Zusätze.

Adressen und Produktinformationen

Dafür trocknet Michèle Ramponi die Traubenkerne nach Sorten. (Foto: SR)


Geographie und Meteorologie

Die Rheinebene wurde über viele Jahrhunderte geprägt: Mancherorts findet man Kieselsteine, die vor ewiger Zeit vom Rhein dorthin transportiert wurden. Diese Kiesel sorgen für einen guten Wasserabfluss und damit trockenen Boden – perfekt für den Safrananbau. Außerdem haben Überflutungen der Vergangenheit dafür gesorgt, dass an anderen Stellen die Erde sehr schwer und fruchtbar ist und damit zum Beispiel ideal für Sauerrüben.

Die Region Colmar bildet ein Mikroklima und ist perfekt für den Wein- und Safrananbau. Der Wind fällt an den Vogesen im Westen ab und steigt beim Schwarzwald wieder auf. Das vertreibt den Regen und sorgt für warme und trockene Sommer.

Touristische Informationen:

  • www.visit.alsace/de
  • www.massif-des-vosges.fr


Informationen zum Safran


Früh am Morgen läuft Marc Pfefen in gebückter Haltung über sein Safran-Feld nahe Colmar. Er muss schnell sein und noch vor Sonnenaufgang alle Safranblüten ernten. "Sobald die Blüte sich öffnet, leidet die Qualität des Safrans", erklärt er.

Eigentlich war Marc Pfefen Qualitätsmanager in der Lebensmittelindustrie. Mit 40 hat er den Job an den Nagel gehängt, um seinen Traum wahr zu machen. Als Safranbauer steht er in einer sehr alten Tradition: Bereits im Mittelalter haben Elsässer Safran angebaut, denn das Mikroklima rund um Colmar ist dafür genau richtig. Anfang des 19. Jahrhunderts ging diese Tradition jedoch verloren. Aber das ändert sich gerade - durch Menschen wie Marc Pfefen.

Direkt nach der Ernte zupft der Safranbauer mit Familie und Freunden die Safranfäden. Drei bis sechs Fäden können es pro Blüte sein. Zu Spitzenzeiten müssen sie bis zu 25-tausend Blüten am Tag verarbeiten. Anders als andere Krokusarten blüht Safran erst im Oktober.

Kontakt:
Marc Pfefen
34b, rue du Rhin
F-68320 Durrentzen
Telefon : +33 (0) 782 08 87 04
Email : Safranetoile@gmail.com
www.safranetoile.com

Koch Stéphane Fisch war einer der ersten, die den Safran von Marc Pfefen gekauft haben. Er hat die Anfänge mitbekommen und ist dem Safranbauern immer treu geblieben. Grund dafür sei die hohe Qualität des Safrans, so Stéphane Fisch.

Kontakt:
Restaurant Les Racines
rue d’Alspach
F-68000 Colmar
Telefon : +33 (0)3 89 41 09 01
www.restaurantlesracines.fr/de/


Informationen zur Sauerrübe


Die Sauerrübe, auf Elsässisch Sueri Ruewe, ist ein verkanntes Stiefkind unter den Gemüsen - sie ist fast vergessen oder wird als Futterrübe genutzt. "Einige unserer Arbeiter meinten: Das essen wir nicht, das ist für die Pferde!" Bauer Jean-Marie Frieh muss lachen, wenn er die Anekdote erzählt. Er und seine Familie leben in Holzwihr, sie sind vor allem Kohlbauern und stellen Sauerkraut her. Ein kleines Feld aber haben sie für die Sauerrübe reserviert.

In einer Jahreszeit, in der das regionale Angebot nicht so vielfältig ist, bringt das Wintergemüse Abwechslung in die Küche.

Haltbar gemacht werden die Sauerrüben durch Fermentation mit Salz. Luftdicht verschlossen, beginnen die Bakterien den Zucker in Milchsäure zu verwandeln. "Das wurde vor Urzeiten erfunden", sagt Jean-Marie Frieh. Und seine Frau Michelle ergänzt: "Wir hoffen, dass noch viele Menschen die Sauerrübe entdecken. Es wäre schade, wenn wir die letzten wären, die Sueri Ruewe essen."

Sauerkraut und Sauerrübenverkauf im Hofladen:
Ferme Frieh
51a, rue principale
F-68f320 Holtzwihr
Telefon : +33 (0) 3 89 47 48 57
www.choucroutefrieh.fr


Informationen zum Weinbau


Weinbau wie vor 100 Jahren - das ist für Christian Binner die Zukunft. Wer im Frühjahr in den Weinbergen nördlich von Colmar unterwegs ist, reibt sich erstaunt die Augen: Hier wird mit Pferden gepflügt, schwere Maschinen sind auf dem Weingut Binner tabu. "Wir wollen die Pflanzen so wenig wie möglich stören", erklärt Christian Binner.

Die Traubenlese erledigen er und seine Leute per Hand und das Maischen mit den Füßen - wie anno dazumal. So wollen sie das Maximum an Frucht, Farbe und Gerbstoff auspressen. "Außerdem spüren wir mit den Fußsohlen, was im Bottich vor sich geht."

Um möglichst die ganze Traube zu nutzen, stellt die Lebensgefährtin des Winzers, Michèle Ramponie, aus den Kernen Öl her. Anders als das herkömmliche geruch- und farblose Traubenkernöl, ist ihr kaltgepresstes Öl grün und schmeckt sogar nach der jeweiligen Traubensorte. Das alles ist zugleich romantisch und visionär. Doch Christian Binner weiß auch um den Preis eines solchen Anbaus: "Wir können nicht so gegenhalten wie konventionelle Weinbauern. Aber Missernten gehören zum Leben dazu, genauso wie die sehr guten Jahre."

Kontakt:
Weingut Binner
2, rue des Romains
F-68770 Ammerschwihr
Telefon: +33 (0) 3 89 78 23 20
Email: a-la-tienne@alsace-binner.com
www.alsace-binner.com

Beim Weingut Binner bekommt man auch die Pflegeprodukte „Miralla“ von Michèle Ramponi: ein Körperpeeling mit Traubenkernen, das Tonic und Aftershave „Schnapsig“ sowie das Serum Massageöl „Sirose“.

Die Rezepte zum Nachkochen


Kochen mit Safran geht natürlich das ganze Jahr über! (Foto: SR)

Tian aus Schnecken, Lauch, kandierten Tomaten und Safran

Rezept von Stéphane Fisch

Die kandierten Tomaten:
5 schöne Tomaten
2 EL Zucker
Salz, Pfeffer, Thymian, Olivenöl

Die Tomaten ca. 40 Sekunden in kochendes Wasser geben, häuten und halbieren und die Kerne entfernen.

Die Tomatenhälften auf Backpapier legen, salzen, pfeffern und mit Thymian bestreuen. Olivenöl und Zucker darüber geben. 1 Stunde bei 100° in den Ofen.

Der Lauch:
1 Stange Lauch
20g Butter
Salz und Pfeffer

Den Lauch waschen und in dünne Scheiben schneiden.

Die Butter in einem Topf zerlassen und den Lauch dazu geben, salzen, pfeffern und 5 Minuten kochen lassen. Danach zur Seite stellen.

Die Sauce mit Safran:
5 Schalotten
10cl Weißwein, Riesling
20cl Fischfond
50cl Crème fraîche
15 Safranfäden, die vorher 15 Minuten lang in 30 ml Wasser eingeweicht wurden
100g Butter
Salz und Zitronensaft

Die Schalotten schälen und schneiden. In einem Topf den Weißwein mit den Zwiebeln köcheln lassen, dann den Fischfond, das Safranwasser und die Crème Fraîche hinzugeben. Schließlich die Butter mit Hilfe eines Stabmixers emulgieren und Salz, Pfeffer und Zitronensaft hinzugeben.

Die Schnecken mit Bratenfond:
4 Dutzend (kleine graue) Schnecken
2 fein geschnittene Schalotten, 2 fein gehackte Knoblauchzehen
20 cl Bratenfond
10 cl Petersilienextrakt mit Traubenkernöl
Salz und Pfeffer

Zwiebeln und Knoblauch in einem Topf anbraten, die Schnecken hinzufügen, schließlich auch den Bratenfond hinzugeben. Salzen, pfeffern, 10 Minuten köcheln lassen. Zum Schluss den Petersilienextrakt hinzugeben.

Zu guter Letzt, das Gericht zusammenstellen: 

Einen Ring aus Edelstahl auf einen Teller stellen. Dann die Zutaten in dieser Reihenfolge hinein stapeln: zunächst die Tomate, dann ein bisschen Lauch, dann die Schnecken, erneut Lauch und schließlich mit einer Tomate abdecken.

Die Form nun wegnehmen, die Sauce mit Safran im Kreis drum herum gießen. Zur Deko kann man ein wenig Schnittlauch nutzen.

Tipp für das Kochen mit Safran: Für das Einweichen rechnet man ca. 150 ml Wasser pro 1 g Safran. Grundsätzlich gilt: Safran hat einen intensiven Geschmack. Am Anfang lieber vorsichtig dosieren und erst einmal probieren.


Tipps von Michelle Pfefen:

„Safran kann man auch ganz einfach nutzen!“

  • Spiegelei mit Safran: Butter in der Pfanne zerlassen, Ei aufschlagen, einen Safranfaden auf das Eigelb legen. Das Eigelb verbindet sich mit dem Safran.

  • Tee mit Safran: Tee aufbrühen und zwei, drei Safranfäden dazu geben. Wie einen Tee ziehen lassen. Die Safranfäden kann man mit verzehren.


Sauerrübe wird wie Sauerkraut gekocht. (Foto: SR)

Süri Rüewe

Rezept von Michelle Frieh

Zutaten für 6 Personen:
1,5 kg fermentierte Sauerrüben
1 Glas Öl oder 100 g Schmalz
1 große Zwiebel
2 Knoblauchzehen
5 - 10 Wacholderbeeren
1 Lorbeerblatt
1 Thymianzweig
Geriebene Muskatnuss, Koriander, Salz, Pfeffer
Weißwein
Je nach Geschmack und Appetit: Knack d’Alsace (ähnlich Wiener Würstchen), Kassler, gröbere Wurst, …

Die Sauerrüben sorgfältig mit Wasser spülen, abtropfen lassen.

In einem Topf die fein geschnittenen Zwiebeln in Olivenöl anbraten, bis sie glasig werden.

Die Sauerrüben in den Topf geben, ebenso die Gewürze und den Wein hinzugeben. Mit dem Salz eher sparsam umgehen und ggf. nachsalzen. Alles gut vermischen.

Den Topf abdecken und zwischen 30 – 60 Minuten köcheln lassen. Wichtig: Immer wieder probieren – die Sauerrüben sind empfindlicher als Sauerkraut und verlieren, wenn sie zu lange gekocht werden, ihre Konsistenz. Es kann aber je nach Qualität genauso gut sein, dass sie länger brauchen. Daher regelmäßig checken.  

Ca. 10 Minuten, bevor die Sauerrüben fertig gekocht sind, Kassler und / oder Würstchen hinzufügen.

Als Beilage eignen sich Kartoffeln. Senf darf auf dem Tisch nicht fehlen.


Tipp von Michelle Frieh: Um Koriandersamen im Essen zu vermeiden, mahlt sie sie in der Pfeffermühle. So ist der Geschmack intensiver.

Sie nimmt für den Koriander eine Pfeffermühle. Auf diese Art gemahlen, ist der Geschmack etwas intensiver und sie vermeidet Koriandersamen im Essen.


 ... in lange Spaghetti verarbeitet - zur Milchsäuregärung. (Foto: SR)

Sauerrüben fermentieren

(funktioniert auch mit Kohl für Sauerkraut)

Anleitung von Jean-Marie Frieh 

Sauerrüben schälen und in lange „Spaghetti“ schneiden. Wer hat, nutzt dafür eine sogenannte „Flotte Lotte“.

In einen luftdichten Behälter zunächst eine Lage Sauerrüben geben, dann im Verhältnis 2% Salz darüber streuen, wieder eine Lage Sauerrüben, wieder Salz, etc.

Es darf nun keine Luft an die Rüben kommen – sie müssen mit ihrer eigenen Lake bedeckt sein. Es gibt dafür Fermentationsgläser und –gewichte. 

Sechs Wochen fermentieren lassen.

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