SR-Online
Zeitzeugen Biografien: Hermann Becker

Ein Hüttenmann ist kein Herrgott-Schnitzer


Meine Frau hat im häuslichen Geschäft gearbeitet. Sie hatten in Bayern eine Büglerei und Wäscherei. Nachher, als sie mit ihren Eltern ins Rheinland gezogen ist, hat sie bei der Post als Postangestellte gearbeitet.

Als sie dann zum ersten Mal von Saarbrücken nach Völklingen angereist kam, um sich in Völklingen gemeinsam mit mir eine Wohnung anzuschauen, da habe ich sie am Bahnhof Völklingen abgeholt. Als sie aus dem Zug ausstieg und sich umschaute, hat sie direkt in die Hochofenanlage hineingeblickt und gesagt: ‚Da kriegst Du mich nie hin! Hier zieh‘ ich nie hin!’

Und die Antwort, die ich ihr gegeben habe - die hatte ich eigentlich schon ganz vergessen, bis ein früherer Betriebs-Chef, der uns auf dem Bahnsteig beobachtete, mir erzählt hat, was ich meiner Frau daraufhin entgegnet habe - ich habe ihr dann seinerzeit auf dem Bahnsteig gesagt: ‚Liebes Kind, dann hättest Du keinen Hütten-Mann heiraten dürfen, sondern einen Herrgott-Schnitzer aus Oberammergau.’ Das war also unsere erste Begegnung mit Völklingen.

Meine Frau wusste ja, dass ich im Beruf des Sicherheitsingenieurs jederzeit abrufbar bin, dass also Tag- und Nachteinsätze auch außerhalb der Arbeitszeit drin waren und dass ich nicht immer mit den Kindern rausgehen konnte, wenn sie sich das so vorgestellt hat. Das wusste sie. Und sie hat auch, so weit ich das sehe, durchaus bewältigt und verarbeitet.

Ich glaube nicht, dass sie unter meinem Beruf eigentlich gelitten hat. Denn ihr hat es ja auch im Saarland sehr gut gefallen. Das Saarland war für uns ein Kompromiss zwischen dem Flachland in der Region Düsseldorf, wo ich zuerst gearbeitet habe, und dem Bergland Bayern, wo sie herkam. Also, wir fühlten uns im Saarland sofort sehr wohl. Und das hat ihr auch über einiges hinweggeholfen, was mein Dienst so erforderte.

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