Kanada: Indigene Frauen klagen gegen Zwangssterilisierung

Kanada: Indigene Frauen klagen gegen Zwangssterilisierung

Von Antje Passenheim  

Im Einklang mit der Eugenik-Gesetzgebung wurden tausende indigene Frauen in Kanada über Jahrzehnte hinweg zwangssterilisiert, wie ein Senatsbericht belegt. Und sogar heute noch werden Frauen gegen ihren Willen sterilisiert. Eine Politikerin kämpft mit Aktivistinnen und Medizinern für die Entschädigung der Frauen und dafür, dass die Zwangssterilisation im kanadischen Strafgesetzbuch als Straftat definiert wird. Das Thema in "Die Reportage" von ARD-Korrespondentin Antje Passenheim am 9. März.

Sendung: Samstag 09.03.2024 17.30 bis 18.00 Uhr

Die Worte des Arztes haben bei Liz Esquega Narben hinterlassen: „Es ist besser, du stimmst der Abtreibung zu. Denn wir werden dir dieses Baby nehmen. So oder so.“  Die 17-jährige Kanadierin vom indigenen Volk der Anishiwabe wagte es nicht, dem weißen Arzt zu widersprechen. Unter Tränen und Medikamenten willigte sie ein. Doch was die Teenagerin nicht ahnte: Während der Abtreibung wurden ihr gleich die Eileiter verschlossen.

Erst Jahre später begriff Liz, warum sie keine Kinder bekam. Und ihr wurde auch klar, dass sie nicht die Einzige mit diesem Schicksal ist. Ein Senatsbericht belegt: Tausende indigene Frauen sind in Kanada im Einklang mit der Eugenik-Gesetzgebung über Jahrzehnte hinweg gegen ihren Willen sterilisiert worden. Und ebenso schockierend: Auch wenn es die Gesetze nicht mehr gibt - bis heute werden zahlreiche indigene Frauen in dem liberalen Land weiter zwangs-sterilisiert. „Seit den 1970er Jahren waren mindestens 12.000 Frauen betroffen“, sagt Senatorin Yvonne Boyer, die in Ottawa eine Untersuchungskommission leitet. Und was bis jetzt bekannt ist, sei nur die Spitze des Eisbergs. „Es geschieht weiter. Während wir hier miteinander sprechen“, sagt die Politikerin, die selbst Wurzeln in der Ethnie der Méthis hat. Sie kämpft mit Politikerinnen, Aktivistinnen und Medizinern dafür, Zwangssterilisation im kanadischen Strafgesetzbuch als Straftat zu definieren und die Frauen für die erlittene Gewalt zu entschädigen. Mehrere Sammelklagen setzen die Regierung unter Druck.

(ARD)

Die Reportage

Im langen Samstag auf SR kultur

Samstags 17.30 - 18.00 Uhr
(ca. 9 mal im Jahr als ARD radio feature von 17.04 - 18.00 Uhr)

Die Reportage: Dokumentation und Hintergrund, authentisch, informativ, gründlich recherchiert - von profilierten Journalisten, insbesondere den ARD-Auslandskorrespondenten.

Redaktion: Michael Thieser, Katrin Aue
Kontakt: feature@sr.de

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