Junge Frau mit Kopfschmerzen (Foto: dpa)

Damit der Schmerz nicht chronisch wird

Corinna Kern   22.05.2023 | 11:00 Uhr

Wenn man länger anhaltend unter Schmerzen leidet, besteht die Gefahr, dass der Schmerz chronisch wird. Doch wie lässt sich das verhindern? Am Uniklinikum in Homburg wird dazu aktuell eine Studie durchgeführt, für die noch Betroffene gesucht werden.

Schmerzen gehören zum Leben. Wir stoßen uns, schneiden uns, verbrennen uns, leiden unter Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Bauchschmerzen. Die Weltschmerzorganisation definiert Schmerz als "unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer tatsächlichen oder drohenden Gewebeschädigung verknüpft ist."

Schmerzen können brennend, stechend, bohrend oder reißend sein. Häufig sind sie nur von kurzer Dauer und gehen von alleine wieder weg, manchmal braucht es Medikamente, um sie zu vertreiben. Aber es gibt auch Schmerzen, die dauerhaft bleiben und chronisch werden können.

Wer unter chronischen Schmerzen leidet, verliert ein hohes Maß an Lebensqualität. Mit der bundesweiten Studie "PAIN2.0", an der auch das Uniklinikum in Homburg teilnimmt, sollen Wege gefunden werden, wie man die Entwicklung von chronischen Schmerzen verhindern kann.

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Damit der Schmerz nicht chronisch wird
Audio [SR 3, Corinna Kern, 22.05.2023, Länge: 03:04 Min.]
Damit der Schmerz nicht chronisch wird

Belastung durch chronische Schmerzen

Schmerzen sind nicht grundsätzlich etwas Schlechtes. Sie signalisieren, dass etwas im Körper nicht in Ordnung ist. In der Regel sollte der Schmerz auch wieder von selbst verschwinden, denn "der Körper hat gute, hemmende Mechanismen, so dass Schmerz eben nicht so wichtig wird, wie es im Rahmen von Schmerzchronifizierung passiert“, sagt Dr. Timo Brausch. Er ist Leiter der Schmerzambulanz am Uniklinikum in Homburg.

Schmerz als eigene Erkrankung

Die Patienten, die zu ihm in die Ambulanz kommen, leiden häufig unter anhaltendem Schmerzen. Bei ihnen ist der Schmerz quasi zur eigenen Erkrankung geworden. „Man kann sich das vorstellen wie einen eingelaufener Waldweg, wenn Schmerzinformation immer wieder über den gleichen Weg kommen", so Brausch.

Der Körper baue in diesem Fall mehr Schmerzrezeptoren ein und leite den Schmerz schneller weiter, so dass er in größeren Bereichen im Gehirn repräsentiert werde. "Das brennt sich ein - wie ein Nachbild", so der Leiter der Schmerzambulanz.

In der medizinischen Theorie spricht man auch von Schmerzgedächtnis. Das heißt, unser Gehirn kann sich an Schmerzen erinnern und kann diese leichter weiterleiten. Das wieder auszulöschen sei die große Kunst und auch Schwierigkeit im Rahmen der chronischen Schmerztherapie.

Chronischer Schmerz hat keine Warnfunktion mehr

Diese Art von Schmerzen ist nicht mehr sinnvoll, denn sie hat ihre eigentliche Warnfunktion verloren. Dafür beeinträchtigt sie jedoch den Alltag der Betroffenen in erheblichem Maße. Schlafstörungen und eine geringere berufliche Leistungsfähigkeit seien nur zwei Effekte, die das Leben der Patienten verschlechtern und erschweren, so Brausch.

Der Ansatz der Studie

Die Bundesweite Schmerzstudie setzt nun an dem Punkt an, an dem der Warnschmerz droht, zur eigenen Erkrankung und chronisch zu werden. „Wir versuchen, eine Lücke zu schließen im Rahmen der Schmerztherapie und zwar nach der akuten Schmerztherapie und vor der Schmerzchronifizierung“, sagt der Leiter der Schmerzambulanz.

Ganzheitliche Betrachtung der Probanden

Die Schmerzpatienten werden dabei ganzheitlich betrachtet. Sie werden ärztlich, physiotherapeutisch und psychologisch an insgesamt zehn Terminen betreut.

Bei jedem einzelnen Patienten wird versucht, genau zu ermitteln, woher der Schmerz kommt und warum er nicht mehr weggeht.

Ein wichtiger Faktor dabei ist auch die Psyche. „Manchmal ist es sprichwörtlich so: Wenn die Seele verletzt ist, dann kann es am Körper wehtun", sagt Brausch. "Schmerz ist nur ein Symptom und hat eine Ursache.“


Informationen zur Studie
Kontakt UKS-Schmerzambulanz
Tel.:
Mo-Fr von 7.30 - 12.00 Uhr unter 06 84 1/16 22 457
Mail: anaesthesiologie_studiepain2punkt0@uks.eu
Für die Teilnahme an der Studie werden Personen ab 18 Jahren gesucht, bei denen der Prozess der Chronifizierung schon eingesetzt hat, die Schmerzen aber noch nicht chronisch sind.

Ein Thema in der Sendung "Bunte Funkminuten" am 22.05.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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