Irreführende Immun-Werbung? Foodwatch-Klage gegen Bio-Safthersteller
Immunboost, Immunsmoothie oder Immun Water – solche Begriffe suggerieren, dass die Produkte das Immunsystem stärken. Erlaubt sind sie laut EU-Recht aber nicht. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat den Safthersteller Voelkel nun wegen angeblich irreführender Werbung auf einem Saft verklagt.
Der Winter neigt sich dem Ende zu und trotzdem sind die Kliniken und Praxen aktuell voll mit Patienten. Die Grippewelle ist im vollen Gange und die Immunsysteme der Menschen entsprechend geschwächt. Viele Anbieter werben mit der Heilung gesundheitlicher Beschwerden durch die Einnahme ihrer Produkte – so auch in der Lebensmittelindustrie.
Heilmittel Werbung?
Für alle Anbieter gilt aber: „Es darf keine falsche Erwartung geweckt werden oder die Vorstellung, dass man damit Krankheiten heilen könnte“, erklärt Theresia Weimar-Ehl von der Verbraucherzentrale Saarland.
Die gesundheitsbezogenen Aussagen zu einem Produkt müssen dem von der EU zugelassenen Wortlaut entsprechen. Die rund 250 von der EU zugelassenen Aussagen sind klar geregelt und in der sogenannten Health-Claim-Verordnung aufgelistet. Zugelassen ist etwa die Aussage, dass die Vitamine C, D und A jeweils zu einer normalen Funktion des Immunsystems beitragen.
Klage gegen Voelkel
„Irgendwelche ausgedachten Begrifflichkeiten, die eine Gesundheitswirkung suggerieren, die stehen nicht auf der Liste und sind dementsprechend verboten“, sagt Andreas Winkler von der Verbraucherorganisation foodwatch.
Wegen angeblich irreführender Gesundheitswerbung hat foodwatch gegen den Safthersteller Voelkel geklagt. Das Unternehmen bewirbt seinen Multifruchtsaft „BioC“ mit der Bezeichnung „Immunkraft“ und erwecke damit den Eindruck, das Immunsystem werde durch den Konsum besonders gestärkt, argumentiert foodwatch.
Nicht zugelassene Begriffe
Aus Sicht der Organisation: ein klarer Verstoß gegen die europäische Health-Claims Verordnung. Denn der Begriff „Immunkraft“ sei weder zugelassen noch dürfe er sich auf das Produkt als solches beziehen, heißt es in der Klageschrift.
Das Unternehmen Voelkel hat sich auf SR-Anfrage nur schriftlich geäußert und hat die Vorwürfe in einem Statement zurückgewiesen. Darin heißt es: „Tatsächlich ist der Vorwurf, die Kennzeichnung begründe eine unzulässige Gesundheitswerbung und damit einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung (d. H. Die VO (EG) 1924/2006) aus unserer Sicht falsch.“
Sternchenlösung nicht eindeutig
In dem Statement heißt es außerdem, man habe mit Sternchenverweisen auf dem Etikett entsprechende Kennzeichnungen zur Spezifizierung der Werbeaussage getroffen. Theresia Weimar Ehl von der Verbraucherzentrale Saarland findet diese Lösung allerdings nicht sehr gelungen, weil Voelkel mit zwei Sternchen arbeite: „Die verwenden das Sternchen auch nochmal in der Zutatenliste mit dem Verweis, dass die Produkte aus ökologischem Anbau sind.“
Und wenn der Verbraucher nicht genau hinschaue, dann sehe er nur den Verweis auf das ökologische Produkt und der Bezug des Begriffes auf das Vitamin C würde dann übersehen. „Aus meiner Sicht ist diese Lösung nicht so ganz sauber.“
Voelkel liegt noch keine Klage vor
Bisher habe der Bio-Safthersteller Voelkel noch keine Klageschrift erhalten, heißt es in dem Statement weiter. Daher könne man noch nicht von einer „Klage“ sprechen, so Voelkel. Und betont, dass man foodwatch als „Verbündete für eine gesunde Ernährung“ sehe. Als „mehrfach gemeinwohlbilanziertes Unternehmen“ sei „Transparenz eines unserer höchsten Güter“, so Voelkel weiter.
Theresia Weimar-Ehl hat eine klare Haltung dazu: „Voelkel betont, sie seien ein Familienbetrieb und alle Produkte wären aus ökologischem Anbau. Ja, das mag stimmen, aber es geht hier um die Verwendung des Claims und da gilt: Gesetze sind für alle gleich.“
Ähnliche Urteile
Letztendlich muss ein Gericht klären, ob die gewählte Darstellung auf der Flasche zulässig ist oder nicht. Bereits in der Vergangenheit waren jedoch ähnliche Sachverhalte zur Immun-Werbung Thema vor Gericht. Das Oberlandesgericht Koblenz hatte im letzten Jahr etwa dem Safthersteller Eckes Granini verboten, sein Erfrischungsgetränk als „Immun Water“ zu bewerben.
Das bestärkt auch foodwatch in der eigenen Haltung: „Wenn wir gewinnen, dann dürfte Voelkel seinen Saft so nicht mehr bewerben und wir hoffen natürlich, dass so ein Urteil auch Signalwirkung in die gesamte Branche hat“, so foodwatch-Pressesprecher Andreas Winkler.
Was Verbraucher tun können
Bisher würden Verbraucher durch gesundheitsbezogene Angaben auf Lebensmitteln über die wahre Qualität der Produkte getäuscht, schreibt der Bundesverband der Verbraucherzentrale in einem Artikel auf seiner Webseite. Da reiche es auch nicht, auf die verpflichtende Nährwertkennzeichnung hinzuweisen, die angibt, wie viel Zucker, Salz und Fett sowie Kalorien in einem Produkt stecken.
„Wichtig ist auch, dass eine von der EU genehmigte Werbeaussage nicht automatisch bedeutet, dass das Produkt auch gesund ist“, so Theresia Weimar-Ehl und empfiehlt deshalb, immer nochmal auf die Nährwerttabelle und die Zutatenliste zu schauen. „Bei dem Saft zum Beispiel ist relativ viel Zucker drin. Der ist halt natürlicherweise drin. Aber wenn ich Zucker vermeiden möchte, dann sollte ich von dem Saft eher weniger trinken.“
Über dieses Thema berichtete "SR 3 am Vormittag" am 05.03.2025 im Radio.
"Gut zu wissen" - immer mittwochs in "SR 3 am Vormittag" auf SR 3 Saarlandwelle.