Saarland könnte Vorbild für eine ukrainisch-russische Aussöhnung sein
Prof. Roman Petrov stammt aus der Ukraine und war für zwei Semester Gastdozent an der Saar-Uni. Er sagt, nicht die Menschen in Russland seien das Problem, sondern das Regime. Ein Kriegsende sei nur mit einem Regimewechsel in Russland möglich. Für eine Nachkriegsordnung könnte das Saarland als Vorbild dienen.
Professor Roman Petrov ist Experte für Europarecht und Rechtswissenschaften und war für zwei Semester als Gastdozent an der Saar-Uni. Petrov stammt aus der Ukraine und hat die schweren Folgen des Krieges miterlebt. Bei seiner Abschiedsvorlesung am 31. Januar ging es um die Folgen, die der Krieg in der Ukraine schon heute hat - aber auch um eine mögliche Nachkriegsordnung.
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Petrov ist ein großer Mann mit breiten Schultern. Er ist ein renommierter Rechtswissenschaftler an der Universität in Kiew und Experte für Europarecht. Er wirkt wie ein Mann, den so leicht nichts erschüttern kann und doch schluckt er, als er seinen Vortrag beginnt.
Das Angebot der Gastprofessur kam zur richtigen Zeit
Nach zwei Semestern endet seine Gastprofessur in Saarbrücken und damit eine Stelle, die ihn und seine Familie vor großem Leid bewahrt hätte: „2021 habe ich eine Einladung für die Gastprofessur in Saarbrücken bekommen. Damals dachte ich noch, das sei eine Stelle, wie viele andere, aber dann – und ich glaube an das Schicksal - musste ich feststellen, dass dieses Angebot zur richtigen Zeit kam. In gewisser Weise rettete es mich und meine Familie", sagt er.
Mit seinen beiden Kindern und seiner Frau verlässt er die Ukraine kurz nach Kriegsbeginn und zieht nach Saarbrücken. Er spricht mittlerweile auch ganz gut Deutsch, ein Interview will er aber lieber auf Englisch führen, seiner Arbeitssprache.
Seine Forschung: die Folgen des Ukraine-Krieges
Seit dem Sommer lehrt und forscht Petrov an der Saar-Uni, über die Folgen des Ukraine-Krieges für Deutschland, Europa und die internationale Gemeinschaft.
Völlig neutral könne er das aber nicht betrachten und analysieren, sagt er. „Wenn du mit einem Trauma umgehen musst, dann wirkt sich das auf deine Arbeit aus. Ich ziehe aus der Situation, die ich erlebt habe, Inspiration für meine Arbeit. Mit meinen Analysen kann ich meinem Land helfen und von hier aus kann ich meine Regierung unterstützen, sie bei Fragen des internationalen Rechts beraten.“
Die Chancen auf ein Ende des Krieges
In seinem knapp einstündigen Vortrag zeigt Petrov die Folgen auf, die der Krieg in der Ukraine schon heute hat. Aber er spricht auch von einer neuen möglichen Nachkriegsordnung und versucht eine Antwort zu finden, wie ein Ende des Krieges möglich wäre.
Das Problem seien nicht die Menschen in Russland, nicht die russische Sprache, sondern das Regime. „Meiner Ansicht nach ist ein Ende des Krieges nur mit einem Regimewechsel in Russland möglich", sagt er. Nur dann bestünde die Chance einer Versöhnung zwischen Russland und der Ukraine.
Saarland könnte Vorbild sein
Als Vorbild, wie das laufen könnte, vor allem auch in Bezug auf die von Russland annektierte Krim, nennt Petrov das Saarland. Dessen bewegte Geschichte und dessen Schlüsselrolle in der deutsch-französischen Aussöhnung hat er erst in seiner Gastprofessur entdeckt: „Das ist eine wunderbare Entdeckung für mich gewesen und die Geschichte eures Landes interessiert mich sehr. Ich denke, was dieses Land erlebt hat, kann auch ein Beispiel für die Ukraine sein. Und auch die Gegenwart, die kulturelle Offenheit, der Bezug zu Frankreich. Das ist auch ein wunderbares Beispiel.“
Und so wie Roman Petrov seine traumatischen Erfahrungen zu Kriegsbeginn in der Ukraine in seine Forschung miteinfließen lässt, so wird auch das Leben im Saarland und die Geschichte unserer Grenzregion künftig seine Arbeit beeinflussen. In Heidelberg, denn dort hat er nun ein Forschungsstipendium erhalten.
Ein Thema am 01.02.2023 in der "Region am Mittag" auf SR 3 Saarlandwelle und am 31.01.2023 in "Der Morgen" auf SR 2 Kulturradio.