"Wir sind eigentlich im Begriff, den Wahnsinn zu verwalten"
Viele Saar-Kommunen klagen über knappe Kassen. Wie können und sollen sich die Städte im Saarland da weiterentwickeln? Das ist das Thema einer öffentliche Diskussionsrunde am 30. Mai in Sulzbach. Jochen Kuttler, der Bürgermeister von Wadern, schlägt im SR-Interview Alarm. Man stehe in vielen Kommunen mit dem Rücken zur Wand.
Am 30. Mai hat die Stiftung Baukultur zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion in die Aula nach Sulzbach eingeladen. Thema am Abend ist die Stadtentwicklung von Kommunen abseits der Landeshauptstadt. Ein Diskussionsteilnehmer ist Waderns Bürgermeister Jochen Kuttler. Im SR-Interview zeigt sich Kuttler äußerst besorgt mit Blick auf die finanzielle Situation der Saar-Kommunen.
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Gleiche Chancen für den ländlichen Raum
Man sei in den allermeisten Kommunen quasi im Begriff, "den Wahnsinn zu verwalten", sagt der Wadener Bürgermeister Kuttler. Auch wenn man das in Saarbrücken, Neunkirchen oder Homburg vielleicht nicht hören wolle: Er fordere die "Verwirklichung der gleichwertigen Lebensverhältnisse"- also gleiche Chancen und Möglichkeiten - besonders im ländlichen Raum.
"Geht nicht um Luxusaufgaben"
Die Probleme abseits der großen Städte seien groß, so Kuttler. Man stehe finanziell mit dem Rücken zur Wand. "Da geht es nicht um Luxusaufgaben". In Wadern gehe es dabei um Schulsanierungen, Bau von Kindergärten, die städtische Infrakstruktur oder die Schwimmbaderneuerung. Das seien riesige Projekte, die keinen Platz für Neues ließen.
Und ohne Fördermittel gehe es da meist nicht mehr - und das nur um die bestehende und überlebenswichtige Infrastruktur aufrecht zu erhalten und so zu entwickeln, um im Konkurrenzkampf mit anderen Kommunen bestehen zu können.
Hohe Hürden für Fördermittel
Nun gibt es viele Förderprogramme von EU, Bund und Land. Aber auch hier gebe es Hürden, so Kuttler. Die Programme seien zwar gut, aber man habe nachsteuern und sogar eine Fördermanagerin einstellen müssen. Denn die bürokratische Antragsstellung sei mittlerweile so komplex geworden, dass man das ohne Professionalisierung nicht mehr hinbekomme.
Beispiel medizinische Versorgung
Eine weitere Herausforderung für die Kommunen auf dem Land ist die medizinische Versorgung. Das Krankenhaus in Wadern zum Beispiel ist mittlerweile geschlossen. Zwar sei die medizinische Versorgung grundsätzlich Aufgabe des Landes bzw. des Kreises, aber auch hier müsse er "sich der Sache annehmen", sagt Kuttler, sonst würde man "baden gehen."
Allein nach der Krankenhausschließung in Wadern habe er 331 Termine zum Thema Nachfolgeversorgung wahrnehmen müssen. Aktuell sei man so weit, dass man eine Art Portklinik einrichten wolle - flankierend mit anderen Gesundheitsdienstleistern.
Die Diskussionsveranstaltung
Wann? Montag, 30. Mai 2022, 18:30 Uhr
Wo? Aula Sulzbach, Gärtnerstraße 12, 66280 Sulzbach
Thema: "Potenziale – Stadtentwicklung abseits der Landeshauptstadt. Was saarländische Kommunen brauchen – zum Beispiel Sulzbach und Wadern"
Auf dem Podium:
- Ilka Desgranges (Saarbrücker Zeitung)
- Barbara Renno (SR 2 KulturRadio)
- Michael Adam (Bürgermeister Sulzbach)
- Jochen Kuttler (Bürgermeister Wadern)
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.
Ein Thema in der Sendung "Region am Mittag" am 30.05.2022 auf SR 3 Saarlandwelle.