"Rehlingers zupackende Art hat überzeugt"
Wer hätte das gedacht: 23 Jahre nach ihrem Machtverlust kehrt die SPD wieder in die Saarbrücker Staatskanzlei zurück. Zu verdanken hat sie dies in erster Linie der zupackenden Art von Spitzenkandidatin Anke Rehlinger. Der Verlierer des Abends heißt Tobias Hans. Dass der Noch-Ministerpräsident bei einem Neuanfang der CDU eine Rolle spielen wird, ist so gut wie ausgeschlossen. Ein Kommentar von SR-Landespolitikchef Michael Thieser.
Wer hätte das gedacht: 23 Jahre nach ihrem Machtverlust kehrt die SPD wieder in die Saarbrücker Staatskanzlei zurück.
Zu verdanken hat sie dies in erster Linie ihrer Spitzenkandidatin Anke Rehlinger. Durch ihre zupackende Art und ihre bisherigen Leistungen als Wirtschaftsministerin hat sie die meisten Saarländerinnen und Saarländer überzeugt. Für die Sozialdemokraten ist es ein sensationeller Erfolg. Eine absolute Mehrheit bei einer Landtagswahl, das hat es lange nicht mehr gegeben.
Eine desaströse Niederlage
Für die CDU und Tobias Hans ist es hingegen das schlechteste Ergebnis seit den 50er Jahren, eine desaströse Niederlage. Und die Christdemokraten stehen nun vor der Aufgabe, einen Neuanfang einzuleiten. Dass Tobias Hans nach dem gestrigen Abend dabei noch eine Rolle spielt, ist so gut wie ausgeschlossen. Spätestens heute Abend wird er in den Gremien der CDU-Saar die Konsequenzen ziehen müssen.
Lange als Hoffnungsträger gehandelt, war er am Ende doch der falsche Kandidat, ohne Mission, ohne ein klares Konzept und mit einem Wahlkampf, der auf der Zielgeraden regelrecht kollabierte. Ein Video am Straßenrand gegen die hohen Benzinpreise wirkte wie eine Verzweiflungstat und die Bundes-CDU ging früh auf Distanz zu ihm.
Nur drei statt sechs Parteien
Für die kleinen Parteien schließlich war der gestrige Abend bis zum Schluss eine Zitterpartie. Die FDP hat es erneut nicht geschafft und die Grünen sind – so wies es aussieht – mit 4,99 Prozent hauchdünn an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Die rechtsextreme AfD wird deshalb – sofern nicht noch eine Neuauszählung zu Korrekturen führt – neben der CDU die einzige Oppositionspartei im saarländischen Landtag sein. Drei statt sechs Parteien wie andernorts, es ist ein saarländisches Kuriosum und wurde vor der Wahl kaum für möglich gehalten.
Eine der Ursachen dafür dürfte das Abschneiden der Linken sein. Nach dem Parteiaustritt von Oskar Lafontaine droht die Partei auch im Saarland in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Viele der Linkswähler sind zur SPD zurückgekehrt. Niemand weiß, ob und wo Lafontaine sein Kreuz gemacht hat, aber vielleicht war der gestrige Abend auch für ihn so etwas wie das versöhnliche Ende einer langen, widersprüchlichen und von vielen Kränkungen gezeichneten Politkarriere.
Rückenwind für die SPD
Die Sozialdemokraten jedenfalls knüpfen mit Anke Rehlinger an der Spitze an die Zeiten an, als Oskar Lafontaine im Saarland noch das Sagen hatte und drei Mal hintereinander die absolute Mehrheit holte. Der Triumpf von Anke Rehlinger bedeutet darüber hinaus Rückenwind, auch für die Bundespartei und die nächsten Urnengänge in Schleswig Holstein, Niedersachsen und vor allem in Nordrhein-Westfalen.
Die neue saarländische Ministerpräsidentin wird künftig neben Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Franziska Giffey die vierte sozialdemokratische Regierungschefin auf Länderebene sein. Bei der CDU gibt es dagegen keine einzige Frau mehr in führender Position – für den Vorsitzenden Friedrich Merz ein Hinweis darauf, was sich ändern muss, wenn er aus den jüngsten Niederlagen seine Schlüsse für die Zukunft zieht.
Die konstituierende Sitzung des neuen saarländischen Landtags findet Ende April statt. Gut möglich, dass bis dorthin auch schon die neue sozialdemokratische Landesregierung steht. Die Saar-SPD hat gezeigt, dass nach vielen Niederlagen und Abgesängen ein Comeback und sogar eine absolute Mehrheit möglich sind.
Landtagswahl 2022 im Saarland
Ein Thema in den Sendungen "Guten Morgen" und "Der Morgen" auf SR 3 Saarlandwelle und SR 2 KulturRadio am 28.03.2022.