"Die Debatten haben gewonnen"
Der saarländische Landtag verabschiedet den Haushalt für das kommende Jahr – nach stundenlangen, intensiven Debatten zwischen SPD und Opposition. Es ist die erste große Haushaltsverabschiedung in der neuen Rollenverteilung zwischen SPD und CDU, den einstigen Koalitionspartnern. Der Debattenkultur im Landtag hat das gut getan und die politische Diskussion ist auch dringend notwendig mit Blick auf die Transformation. Ein Kommentar von Janek Böffel.
Dieses Wahlergebnis im März, egal wie die persönliche politische Bewertung des Ausgangs sein mag, es hat dem Landtag und damit ganz unweigerlich der politischen Kultur in diesem Land mehr als gut getan.
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Es gibt nach den oft drögen Jahren der überbordenden Dominanz der Großen Koalition wieder eine tatsächliche Opposition im Landtag. Eine die sich auszudrücken weiß und eine Opposition, die stark genug ist, der Regierung auch inhaltlich Paroli zu bieten. Und eine, die weniger mit sich selbst beschäftigt ist, als das die Oppositionsparteien der vergangenen zehn Jahre waren – von Linken über Grüne bis zu Piraten, manch einer wird sich noch an sie erinnern.
Natürlich, noch immer fremdelt die CDU ein wenig damit, nicht mehr vorne auf der Regierungsbank zu sitzen. Doch die Debatten haben gewonnen, der Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition; er ist nicht einmal schärfer, aber doch wuchtiger geworden, näher an Augenhöhe.
Das politische Spektrum ist schmaler geworden
Aber auch das gehört zur Wahrheit dazu: Das politische Spektrum in diesem Landtag, es ist wieder einmal schmaler geworden. Auch wenn es gute Gründe für das Wahlergebnis gab: Grüne, Liberale und Linke Stimmen, sie fehlen. Rechts von der CDU sitzt die AfD, Links von der SPD sitzt niemand mehr – das engt den politischen Wettbewerb und Horizont ein.
Gerade in Zeiten einer Alleinregierung braucht es ganz dringend nicht nur Wortmeldungen aller politischen Lager, sondern auch Ideen. Vor allem wenn es darum geht, was die SPD-Landesregierung mit ihrem drei Milliarden Euro schweren Transformationsfonds anfangen wird. Etwas vollmundig hat sie das Ganze einen Lackmustest für den Strukturwandel in ganz Deutschland genannt. Das ist natürlich mehr politisches Gekläpper als wahr. Dieses Projekt ist ein Lackmustest, ob der Strukturwandel hier im Saarland gelingen kann – nicht mehr und nicht weniger.
Die drei Milliarden müssen sitzen
In zehn Jahren, wenn die Mittel spätestens aufgebraucht sind, wird das Saarland nicht einfach noch einmal neue Milliardenschulden machen können. Diese drei Milliarden Euro müssen sitzen, denn so gigantisch die Summe klingen mag, so schnell kann sie angesichts der Herausforderungen zusammenschmelzen.
Die einzige Maßgabe wird sein, ob das Saarland mit diesen drei Milliarden, den längst meilenweiten Rückstand bei der wirtschaftlichen Entwicklung zum Rest der Republik wird aufholen können. Und gerade deshalb braucht es den politischen Wettbewerb, braucht es eine Opposition aller Lager. Es muss gestritten werden, ob die hunderte Millionen Euro für den Stahl wirklich alternativlos sind, ob der Fokus auf Großansiedelungen – so verständlich der Wunsch – tatsächlich richtig ist, ob es nicht viel mehr die kleineren und mittleren sind, die Zukunft in sich tragen.
Dazu braucht es einen wirklichen Wettbewerb der Ideen, gerade unter einer Alleinregierung. Denn wahrscheinlich ist dieses Projekt nicht nur ein Lackmustest für den Strukturwandel im Land, sondern wenn am Ende drei Milliarden Euro nicht reichen sollten, den Rückstand zum Rest der Republik spürbar aufzuholen, dann ist es auch ein Lackmustest dafür, ob dieses Land alleine überlebensfähig ist.
Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 08.12.2022 auf SR 3 Saarlandwelle