Das Logo der CDU (Foto: SR)

"Der Diskurs kommt so nicht voran"

Kommentar zur CDU-Kampagne gegen das Gebäudeenergiegesetz

  19.05.2023 | 15:53 Uhr

Die CDU im Saarland hat am 19. Mai ihre Kampagne gegen das Gebäudeenergiegesetz der Bundesregierung gestartet. In allen Kommunen soll es Infostände und eine Unterschriftenaktion geben. Die Vorgaben für Gebäudeheizungen überfordere die Menschen, heißt es aus der Partei. Die Konkurrenz wirft ihr Populismus vor. Dazu ein Kommentar von Janek Böffel aus der SR-Landespolitikredaktion.

Sind wir mal ehrlich: Natürlich ist es ein bisschen populistisch, was die CDU da macht. Wo immer der Satz „Sorgen und Ängste der Bürger ernst nehmen“ im Kern einer Argumentation steht, ist das verdächtig.

Audio

"Der Diskurs kommt so nicht voran"
Audio [SR 3, Janek Böffel, 19.05.2023, Länge: 03:08 Min.]
"Der Diskurs kommt so nicht voran"
Ein Kommentar von Janek Böffel aus der SR-Landespolitikredaktion zur CDU-Kampagne gegen das Gebäudeenergiegesetz

Um die billigste Definition von Populismus, die von Wikipedia, zu nehmen: „Bei Populismus geht es einerseits um die Erzeugung bestimmter Stimmungen, andererseits um die Ausnutzung und Verstärkung vorhandener Stimmungslagen zu eigenen politischen Zwecken.“ Was anderes als Populismus ist es da, eine Unterschriftenkampagne zu veranstalten, deren Ergebnis doch schon vorher feststeht.

Die CDU braucht keine Unterschriftenaktion

Denn natürlich haben die Menschen Ängste und Sorgen, wer da so tut, eine Unterschriftenaktion zu brauchen statt einfach mal im Supermarkt an der Kasse oder im Sportverein die Ohren aufzumachen, hat ein Problem oder sollte zumindest den Zusatz Volkspartei überdenken.

Aber natürlich braucht die CDU keine Unterschriftenaktion für diese Erkenntnisse, das weiß die Partei auch selbst. Sie argumentiert doch seit Bekanntwerden der Pläne mit eben dem, was sie nun vorgibt: basisdemokratisch zu eruieren.

Die Aufgabe der Opposition

Denn ja, es gibt sie, die Sorgen und Ängste derer, deren Haus und Heizung arg in die Jahre gekommen sind, bei denen sich die Lebenszeit der Öl- und Gasheizung dem Ende zuneigt, die schon so vor dem Tag X der Erneuerung Sorgen hatten, ohne das Haus noch sanieren zu müssen - wenn das denn überhaupt geht.

Und ja, es ist auch Aufgabe einer Oppositionspartei, das in die Debatte einzubringen und ja, auch Profit daraus zu schlagen. So viel Populismus darf sein. Denn egal, wie dieses Gebäudeenergiegesetz inhaltlich zu bewerten ist: Es war das bisher vielleicht größte kommunikative Desaster dieser an kommunikativen Holperern nicht eben armen Ampel in Berlin. Schlecht vorbereitet und noch schlechter verkündet und die Liste der offenen Fragen noch immer schier endlos.

Wenn eine Oppositionspartei wie die CDU da nicht einsteigt, macht sie ihren Job nicht. Insofern ist es von der politischen Konkurrenz wohlfeil, ihr Parteitaktik vorzuwerfen. Natürlich ist es das, verwerflich ist das noch lange nicht.

So zu tun, als hätte eine Unterschrift Folgen, führt in die Irre

Aber die CDU sollte dabei eines nicht vergessen: Worum es am Ende gehen sollte. Nämlich das, was sie selbst sagt: die Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen, nicht sie zu schüren.

Ob da eine Unterschriftenaktion das Maß der Wahl ist, ist mehr als fraglich. Gibt sie doch eine basisdemokratische Beteiligung vor, die nicht existiert. Alles, was die CDU gegen dieses Gesetz tun kann, kann sie auch ohne Unterschriften. So zu tun, als hätte eine Unterschrift Folgen, führt in die Irre.

Und dann ist da am Ende auch die Sache mit der Wortwahl. Wenn Landeschef Stephan Toscani beim Gebäudeenergiegesetz von einem Angriff auf die saarländische Lebensart schwadroniert, dann ist das schlicht Quatsch. Als würde das Selbstbild der Menschen hierzulande vom Öl-Tank im Keller bestimmt.

Überhaupt: Allzu schnell packt die CDU, vor allem im Bund, aber auch an der Saar, derzeit die Ideologie-Keule bei allem, was von der Ampel kommt.

Der Diskurs kommt so nicht voran

Ja, Politik muss auch zuspitzen, es auf einen einfachen Nenner bringen. Aber wenn der Nenner zu einfach ist, dann ist das nicht ein bisschen Populismus, sondern richtig Populismus. Und das schadet nicht nur der Debatte und desavouiert das eigene Anliegen, sondern macht es auch der politischen Konkurrenz nur allzu billig und einfach, zu kontern. Die muss sich nur zurücklehnen und kann sich sicher sein, bei dieser Wortwahl mit dem Populismus-Vorwurf die Richtigen zu treffen - so berechtigt das Anliegen auch sein mag. Der Diskurs kommt so nicht voran. Und das Land auch nicht.

Ein Kommentar von Janek Böffel


Mehr zum Thema


Änderungen am Gebäudeenergiegesetz
Saar-CDU startet Unterschriftenkampagne gegen Heizungspläne
Die Saar-CDU will heute eine breit angelegte landesweite Kampagne gegen die Heizungspläne der Bundesregierung starten. Über mehrere Wochen will sie in allen Kommunen im Saarland Unterschriften gegen das Gebäudeenergiegesetz sammeln.

Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 19.05.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja