Hörfunkgebäude SR Außenansicht (Foto: Pasquale d’Angiolillo)

"Wir geben Heimat“

Interview: Gerd Heger   14.11.2022 | 12:30 Uhr

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in der Kritik. Nach einer vielbeachteten und viel diskutierten Rede des scheidenden ARD-Vorsitzenden Tom Buhrow ist die Diskussion auch im Saarland neu aufgeflammt. Dazu im Interview: SR-Intendant Martin Grasmück.

Am 14. November war SR-Intendant Martin Grasmück zu Gast im SR 3-Studio, um mit Moderator Gerd Heger über die aktuelle Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sprechen.

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"Wir geben Heimat“
Audio [SR 3, Moderation: Gerd Heger, 14.11.2022, Länge: 04:45 Min.]
"Wir geben Heimat“
Interview mit SR-Intendant Martin Grasmück.

SR 3: Braucht das Saarland wirklich einen Saarländischen Rundfunk?

Grasmück: Selbstverständlich braucht das Saarland einen Saarländischen Rundfunk. Weil wir für die Identität hier im Saarland schon viel geleistet haben. Weil wir Heimat geben. Weil wir ganz nah bei den Menschen sind. Und weil wir ein vitaler Teil einer föderalen ARD sind. Ich glaube, wir machen einen super Job - und bringen tolle Angebote wie zum Beispiel SR 3 Saarlandwelle.

SR 3: Das alles sind Werte. Aber bei der Diskussion wird auch viel von Geld gesprochen. Würde es denn Geld sparen, wenn wir hier nur noch Landesfunkhaus Saarbrücken wären?

Grasmück: Das ist eine Frage, die ich gar nicht beantworten möchte, denn wir sind sehr effektiv. Wir sind in vielen Punkten auch Benchmark in der ARD, das heißt: Wir machen die Dinge besonders günstig. Wir haben sehr, sehr schlanke Strukturen.

Das ist aus dem wirtschaftlichen Druck der vergangenen Jahre entstanden und von daher können wir sagen: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht - und machen sie auch weiterhin, zu sehr günstigen Konditionen in der ARD. Und wir produzieren damit sehr erfolgreiches Programm.

SR 3: Es gibt aber auch beim SR einige Posten im Budget, an denen nichts gemacht werden kann und die auf Verschwendungen in früheren Zeit zurückzuführen sind - Stichwort "Ruhestandsgelder für ehemalige Führungspersonen". Mit wieviel schlägt so was zu Buche, und was kann man da machen?

Grasmück: Ich kann jetzt nicht aus dem Stegreif sagen, wieviel wir für Pensionen für einzelne Personen ausgeben, die früher für uns gearbeitet haben. Es gibt die Verträge, die geschlossen wurden, und die Betroffenen haben einen Anspruch darauf. Jeder hat einen Anspruch auf ein Ruhestandsgehalt.

Aber das ist nicht gleichzusetzen mit Verschwendung, sondern man muss das im Gesamtzusammenhang sehen - auch der unterschiedlichen Funktionen. Und ich glaube, auch hier hat sich der Saarländische Rundfunk in den vergangenen Jahrzehnten sehr zurückhaltend verhalten. Hier haben wir uns überhaupt nichts vorzuwerfen.

SR 3: In Bezug auf das, was Tom Buhrow gesagt hat: Braucht es 64 Hörfunkwellen in der ARD?

Grasmück: Wir haben hier in unserem Sendegebiet vier Hörfunkwellen plus antenne saar. Diese Hörfunkwellen sind super aufgestellt. Sie haben eine ganz, ganz hohe Reichweite. Wir haben ein föderales System in der ARD - und das ist gut so und das ist auch gewollt.

Weil dieses System sehr stabil ist. Weil es nicht für politische Einflussnahme taugt über eine Zentrale beispielsweise. Die 64 Hörfunkwellen, die es insgesamt in den verschiedenen Bundesländern gibt, die sind ebenfalls sehr nahe bei der Bevölkerung. Das halte ich für richtig.

Ich hätte kein gutes Gefühl, wenn es nur vier Hörfunkwellen für ganz Deutschland geben würde, die aus Berlin gesteuert werden. Dann hätten wir ein ganz anderes Bild dessen, was hier in der Region passiert. Es würde viel weniger transportiert werden können.

Ob es 64 sein müssen oder ein paar weniger, darüber kann man sicherlich reden. Aber wir als Saarländischer Rundfunk sind da sehr schlank aufgestellt: mit einer Popwelle, einer Kulturwelle, mit SR 3 Saarlandwelle, mit UnserDing als junges Programm und mit antenne saar als besonderes Programm, das wenig Aufwand verursacht. Das finde ich optimal und daran sollten wir nicht rütteln.

SR 3: Welche Rolle spielen bei der aktuellen Diskussion Teile der Printpresse und auch Politiker im Hinblick auf eigenständige und unabhängige Informationen?

Grasmück: Ich bin ein großer Fan des dualen Systems im Rundfunks, aber als Journalist auch ein Fan des Printbereichs. Ich glaube, dass die Debatte auf der falschen Ebene geführt wird.

Wir müssen uns fragen: Was braucht diese Gesellschaft in Zukunft? Was hält diese Gesellschaft zusammen? Welche Klammer gibt es? Wir sehen gerade was passiert, wenn große, weltweite Plattformen die Meinungsmacht übernehmen.

Nach der Übernahme von Twitter durch Elon Musk steht plötzlich eine große Plattform mit einem großen Fragezeichen da - auch mit Blick auf die politische Debatte. Deshalb ist es wichtig, dass es unabhängig von wirtschaftlichen Interessen eine Ebene gibt, wo sich Menschen gut informieren können, auch gut unterhalten können, ein ganz breites Angebot bekommen. Und das leistet der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland und er muss es auch in Zukunft leisten. Auch in der immer digitalisierteren Medienwelt. Das ist ganz wichtig für den Zusammenhalt. Und für die politische Willensbildung.

Video [aktueller bericht, 14.11.2022, Länge: 3:52 Min.]
SR-Intendant Grasmück: „Wir geben Heimat.“


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