Sulzbacher Klinik testet GPS-Tracker für Demenz-Erkrankte
Für die einen sind sie eine elektronische Fußfessel für Senioren, für die anderen eine Chance auf mehr Sicherheit und Freiheit: GPS-Tracker in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Ein Thema, das angesichts immer mehr Hochbetagter und Personalnot in der Pflege immer brisanter wird. In Sulzbach werden die Tracker getestet.
Bisher werden die GPS-Tracker nach SR-Recherchen noch in keinem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung genutzt. Allerdings: Eine Klinik hat nun einen Pilotversuch unternommen, die Knappschaftsklinik Sulzbach. Hintergrund ist ein tragischer Vorfall dort am 27. Juni dieses Jahr. Damals war eine Patientin nach einer Knieoperation unbemerkt aus Zimmer und Krankenhaus verschwunden. Bis heute fehlt von der 82-Jährigen jede Spur.
Betroffenheit bei allen Beteiligten
Bis heute sind Angehörige und Pflegepersonal geschockt und traurig ob des Vorfalls, sagt die Geschäftsführerin des Knappschaftsklinikums, Andrea Massone. Der Fall der verschwundenen Patientin hat eine Debatte über GPS-Tracker für verwirrte Senioren entfacht: Denn mit einem Ortungsgerät hätte man die 82-Jährige möglicherweise retten können.
Die Knappschaftsklinik hat deshalb den Einsatz von GPS-Trackern mit freiwilligen Patienten und Mitarbeitern vor Kurzem getestet. Dabei wurde der Tracker als Arm- oder Fußband getragen. Sobald der Patient das Zimmer verlässt, beginnt die GPS-Ortung. So kann der jeweilige Aufenthaltsort schnell bestimmt werden oder es fällt auf, wenn Patienten das Krankenhaus verlassen.
Problem Datenschutz
Alles andere als unproblematisch sieht die saarländische Datenschutzbeauftragte Monika Grethel die GPS-Tracker. Denn durch die ununterbrochene Ortung der Patientinnen und Patienten hätte die Klinik ein komplettes Bewegungsprofil der Tracker-Träger. Hier bestehe klar die Gefahr einer Komplettüberwachung der Patienten, sagt die Datenschutzbeauftragte. Dies sei ein ganz erheblicher Einschnitt in die persönliche Freiheit. Grethel hält es daher so gut wie ausgeschlossen, dass man Tracker einsetzen kann, die einen Standortverlauf aufzeichnen. Nutze man den Tracker nur im Notfall, also wenn jemand weggelaufen ist und man die Ortung dann aktiviert, sehe es schon anders aus.
Zustimmung erforderlich
Voraussetzung für den Einsatz der Tracker ist grundsätzlich die Zustimmung des Patienten oder eines Bevollmächtigten. Eine richterliche Genehmigung sei nicht nötig, so lange die Bewegungsfreiheit damit nicht beschränkt werde, sagt der Saarbrücker Betreuungsrichter Gero Bieg. Wenn ein GPS- Ortungssystem nur mit dem Ziel eingesetzt werde, jemanden aufzufinden und man ihm ermögliche, sich bewegen zu können, dann stelle das keine freiheitsentziehende Maßnahme dar. In diesem Fall bedürfe es auch keiner richterliche Genehmigung,
Die Tracker könnten dementen Patienten also aus Expertensicht mehr Freiheit und Sicherheit gewähren - sofern sie nur im Notfall aktiviert werden. Die Knappschaftsklinik Sulzbach will nach ihrem Testlauf weitere Modelle prüfen.
Ein Thema in der Sendung "Region am Nachmittag" am 14.10.2022 auf SR 3 Saarlandwelle.