Ein Wähler wirft seinen Wahlzettel in einem Wahllokal in die Briefwahlurne. (Foto: picture alliance/Gregor Fischer/dpa)

Wie sieht es mit der Generationengerechtigkeit an der Wahlurne aus?

Reporterin: Sabine Wachs/Onlinefassung: Dagmar Scherer   23.05.2023 | 12:50 Uhr

Unsere Gesellschaft wird immer älter. Das zeigt sich auch an der Wahlurne. Ältere stimmen tendenziell eher für Parteien, die vor allem Interessen ihrer Generation vertreten. Stellt sich die Frage, wie es mit der Generationengerechtigkeit an der Wahlurne steht. Dazu im Studiogespräch: SR-Reporterin Sabine Wachs.

Die Alterung unserer Gesellschaft hat vielfache Auswirkungen. Das zeigt sich beispielsweise nicht nur beim Renten- und Gesundheitssystem, sondern auch an der Wahlurne. Studien zeigen, dass Ältere eher für die Parteien abstimmen, die in erster Linie ihre Interessen vertreten. Stellt sich die Frage, inwieweit es überhaupt eine Generationengerechtigkeit an der Wahlurne gibt?

Die Zukunft mitbestimmen - Wählen ab 16
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 25.05.2023, Länge: 04:57 Min.]
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Im Saarland - so wie bundesweit auch - dominieren an den Wahlurnen die Älteren. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes gab es im Saarland 2021 rund 834.000 Menschen über 18 Jahre und ein Großteil davon ist wahlberechtigt. Rund 325.000 Menschen im Saarland sind über 60 Jahre alt - das entspricht ca. 38 Prozent der Wahlberechtigten.

Wahlberechtigte dieser Generation stimmten eher für Parteien, die sich vor allem um die Rechte der Älteren kümmern, sagt Jörg Tremmel, Dozent an der Uni Tübingen, der zu dem Thema forscht. Wenn man Menschen in dieser Altersgruppe beispielsweise frage, "sollte ein Steuerüberschuss eher für die Bildung oder für die Stabilisierung der Rente verwendet werden, dann sagen ältere Menschen, eher für die Rente und jüngere Menschen eher für die Bildung", so Tremmel. Das gelte vor allem dann, wenn die Älteren keine eigenen Kinder hätten.

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"Wenn die Gesellschaft immer älter wird, haben die Älteren an der Wahlurne immer größere Macht"
Audio [SR 3, Moderation: Dorothee Scharner, 23.05.2023, Länge: 05:21 Min.]
"Wenn die Gesellschaft immer älter wird, haben die Älteren an der Wahlurne immer größere Macht"
Studiogespräch mit SR-Reporterin Sabine Wachs.

Die Macht der Älteren

Tremmel sagt: "Wer wählt, der zählt". Das hat zur Konsequenz, dass die Parteien ihr Programm nach den Personen ausrichten, von denen sie sich die meisten Wählerstimmen erhoffen. Hinzu kommt, dass durch die Alterung der Gesellschaft die Älteren allein durch ihre Zahl an der Wahlurne eine immer größere Macht bekommen. "Wir werden von einer Demokratie in eine Gerontokratie kommen - eine Herrschaft der Älteren", so die Einschätzung des Forschers.

Wie schafft man mehr Gerechtigkeit an der Walurne?

Eine junge Wählerin wirft ihren Stimmzettel in die Wahlurne (Foto: picture alliance / dpa | Britta Pedersen)

Eine Möglichkeit, für mehr Generationengerechtigkeit an der Wahlurne, wäre die Absenkung des Wahlalters. Die SPD-Regierung im Saarland konnte sich mit ihrem Vorschlag, das Wahlalter auf 16 zu senken, jedoch nicht durchsetzen.

Eine andere Möglichkeit wäre die Einführung eines Familienwahlrechts. Die Idee: Eltern können für ihr noch nicht wahlberechtiges Kind eine zusätzliche Stimme abgeben. Auch dieser Vorschlag ist umstritten.

Tremmel ist kein Befürworter der Familienwahlrechtsidee. Eltern hätten so mehr als eine Stimme und das würde dem Grundgedanken unserer Demokratie widersprechen, so sein Argument.

Tremmel hält die Absenkung des Wahlalters auf 16 für den besseren Weg. Und er geht noch weiter. Wenn ein Jungendlicher unter 16 ist und ausdrücklich ein Wahlrecht fordere, dann gebe es in seinen Augen kein vernünftiges Argument, ihm das vorzuenthalten.

Einige Bundesländer haben den Schritt gemacht

Es gibt inzwischen einige Vorreiter bei der Absenkung des Wahlalters. Bei der Europawahl gilt inzwischen 16 als Wahlalter. In Bremen, Baden-Württemberg und Brandenburg sind Jugendliche ab 16 bei den Landtagswahlen und den Kommunalwahlen stimmberechtigt. Tremmel geht davon aus, dass es über kurz oder lang auch in den anderen Ländern eine Reform beim Wahlalter geben muss und auch wird.


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