Ein Kernkraftwerk in Deutschland (Foto: IMAGO / Stefan M Prager)

"Man hätte die Kraftwerke auch zum 1. Januar abschalten können"

Interview: Michael Friemel / Onlinefassung: Jil Kalmes   11.04.2023 | 06:31 Uhr

Nach einer knapp viermonatigen Verlängerung aufgrund der Energiekrise werden die letzten Atomkraftwerke in Deutschland nun am 15. April abgeschaltet. Energieökonomin Claudia Kemfert im Interview.

Am 15. April werden die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen: Isar 2 (Bayern), Emsland (Niedersachsen) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg). Nachdem die Abschaltung bereits Ende 2022 hätte erfolgen sollen, wurde die Laufzeit um knapp vier Monate verlängert. Als Grund nannte die Bundesregierung die Energiekrise im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine.

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Claudia Kemfert über die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke
Audio [SR 3, Michael Friemel, 11.04.2023, Länge: 03:33 Min.]
Claudia Kemfert über die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke

Ausreichend Strom vorhanden

Laut Claudia Kemfert, Energieökonomin und Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, sei es aus Energieversorgungssicherheitsgründen nicht notwendig gewesen, die AKW weiterlaufen zu lassen. Dennoch habe die Bundesregierung auf Nummer sicher gehen wollen. "Man hätte die Kraftwerke auch zum 1. Januar abschalten können, ohne dass in Deutschland die Lichter ausgegangen wären", sagt Kemfert.

Deutschland produziere sogar mehr Strom als es brauche. Dieser werde dann exportiert, im Moment insbesondere nach Frankreich, da hier etwa die Hälfte der Atomkraftwerke zurzeit nicht am Netz seien.

"Es gibt so viele Argumente dagegen und ganz wenige dafür"

Im Rahmen der Gaskrise seien eher Kraftwerke gebraucht worden, die Strom und Wärme gleichzeitig produzieren, was Atomkraftwerke nicht täten, so Kemfert. Damit können AKW nicht zum Gasersatz beitragen, außerdem produzierten sie weniger als fünf Prozent des Stroms. Eine längere Laufzeit bedeute aufwendiges Prüfen und den Kauf von teuren Brennelementen, die wieder eine Abhängigkeit zu Russland mit sich brächten.

Kohle als Back-Up, Erneuerbare Energien und Einsparungen

Die Energiekrise sei weiterhin aktuell, auch wenn sie im Alltag nicht mehr so präsent ist wie noch im Winter, so Kemfert. Daher sei es immer noch notwendig Back-Up-Systeme zu haben. "Die Kohlekraftwerke sind diejenigen, die einspringen müssen – leider zu Lasten der Emissionsbilanz", so die Energieökonomin.

Wichtig sei aber auch die grundsätzliche Einsparung von Energie, gerade für den Heizbedarf und beim Strom, sowie der Ausbau der erneuerbaren Energien.

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Ein Thema unter anderem in der Sendung "Guten Morgen" am 11.04.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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