Ein anonymer junger Mann im Schatten (Foto: unsplash / Arthur Chauvineau)

Probleme eines russischen Kriegsdienstverweigerers im Saarland

Reporterin: Bertille van Elslande/Onlinefassung: Dagmar Scherer   19.05.2023 | 09:00 Uhr

Auch wer als Russe in Deutschland lebt, kann einen Einberufungsbefehl für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu bekommen. Ein junger Mann, der im Saarland lebt und studiert, will diesen Kriegsdienst verweigern und hat deshalb hier Asyl beantragt. Doch das hat erhebliche Probleme nach sich gezogen.

Seit über einem Jahr führt Russland nun schon einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Zahllose Menschen haben seitdem Schutz vor dem Krieg gesucht – auch bei uns im Saarland. Doch es sind nicht nur Ukrainerinnen und Ukrainer, die hier inzwischen leben.

Es gibt auch Russen, die hoffen, hier vor dem Krieg sicher zu sein. Einer von ihnen ist Bogdan. SR-Reporterin Bertille van Elslande hat ihn getroffen. Im Studiogespräch erzählt sie seine Geschichte.

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Die Geschichte eines russischen Kriegsdienstverweigerers im Saarland
Audio [SR 3, Moderation: Michael Friemel, 19.05.2023, Länge: 03:29 Min.]
Die Geschichte eines russischen Kriegsdienstverweigerers im Saarland
Studiogespräch mit Bertille van Elslande.

Sein Studentenstatus ist kein Schutz

Bogdan lebt schon seit zehn Jahren im Saarland, studiert hier. Weil er Russe ist, wurde er jetzt einberufen. Er soll als Soldat an die ukrainische Front. Wenn Bogdan die Einberufung verweigert, muss er mit entsprechenden Folgen rechnen – möglicherweise sogar mit dem Gefängnis, sobald er wieder in Russland ist.

Bogdan will aber nicht gegen die Ukraine in den Krieg ziehen und verweigert deshalb diesen Kriegsdienst. Doch er hat in Deutschland nur einen Aufenthaltstitel, das heißt: Deutschland könnte ihn zurück nach Russland schicken, wenn er beispielsweise nach seinem Studium keinen Arbeitsplatz findet, oder wenn sein russischer Pass abläuft.

Der Asylantrag und die Folgen

Um das zu verhindern, hat Bogdan Asyl beantragt. Doch das sorgt jetzt für neue Probleme. Er musste seinen Pass abgeben, kann also nicht mehr nach Frankreich oder Luxemburg fahren. Er musste seinen Job aufgeben, den er neben seinem Studium hatte.

Für eine kurze Zeit sah es sogar so aus, dass er seine Wohnung aufgeben und ins Asylbewerberheim ziehen müsste. Das konnte jedoch abgewendet werden. "Ich bin schon seit zehn Jahren in Deutschland und ich habe mich noch nie so unter Druck gefühlt", sagt er.

Behörde argumentiert mit "Teilmobilmachung"

Bogdans Begründung für den Asylantrag lautet: Durch eine Kriegsdienstverweigerung droht ihm Gefahr, wenn er wieder nach Russland zurückkehrt. Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sieht das anders. Es gibt Fälle, bei denen die Behörde diesen Grund nicht akzeptiert hat.

Die Begründung: Es gebe in Russland nur eine Teilmobilmachung. Das heißt: Wer kein Reservist sei – und Bogdan ist kein Reservist –, der würde nicht einberufen. Dem widerspricht Bogdan. Es sagt, alle würden einberufen – das höre er aus Russland.

Flüchtlingsrat rechnet mit mehr russischen Einberufungsbescheiden

Der Saarländische Flüchtlingsrat bestätigt, dass es Probleme geben kann, wenn man als Kriegsdienstverweigerer Asyl beantragt. Außerdem geht der Flüchtlingsrat davon aus, dass Fälle wie der von Bogdan bald mehr werden, denn seit zwei Monaten bekommen russische Männer ihre Einberufungen digital.

Das heißt: Die Russen, die im Ausland leben, werden jetzt vermutlich verstärkt Einberufungsbescheide erhalten – jedenfalls mehr, als bisher.

Ein Thema in "Guten Morgen" am 19.05.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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