"Den Lockdown für alle wird es geben"
Interview: Dr. Konrad Schwarzkopf, Intensiv- und Notfallmedizin am Klinikum Saarbrücken
Die Landesregierung verschärft angesichts der auch im Saarland explodierenden Coronazahlen die Maßnahmen. Aus 2G wird 2G plus, Geimpfte und Genesene müssen also, wenn sie ins Restaurant gehen, zusätzlich auch noch einen negativen Coronatest dabei haben. Für Ungeimpfte gibt es quasi einen Lockdown. Die Maßnahmen seien nicht ausreichend, sagt der Intensivmediziner Schwarzkopf.
Er halte sich an die Einschätzung von Experten wie Prof. Lehr, die auf Mathematik, Statistik und Prognoseverfahren beruhe "und da höre ich und lese ich, dass es nicht ausreichen wird", sagt der Intensivmediziner Dr. Konrad Schwarzkopf. Lehr habe klar erklärt, wieso ein neuer Lockdown notwendig sei.
Demokratisch fragwürdig: Lockdown nur für Teil der Bevölkerung
Das Entscheidende sei für ihn dabei auch, dass es in einer Demokratie eigentlich kein Thema sein sollte, die Hälfte der Bevölkerung in einen Lockdown zu schicken und die andere Hälfte nicht. Zudem könne er sich nicht vorstellen, wie das Ganze zu kontrollieren sei.
Sichere Kontrolle kaum möglich
Schon eine 2G-Regel in der Gastronomie sieht er als problematisch an. Zum einen würde - seiner eigenen Erfahrung nach - nicht in allen Betrieben kontrolliert. Zum anderen sei es schlechterdings unmöglich, zu erkennen, welche Impfausweise echt sind und welche nicht. Da habe er als Arzt schon Probleme mit. "Ich könnte es nicht erkennen", sagt er. Ein ähnliches Problem gebe es auch bei den Schnelltests. "Sie sind ja nicht fälschungssicher."
Verschärfung der Corona-Regeln
"Es wird den Lockdown für alle geben"
Die einzige Möglichkeit, die aktuelle Welle zu brechen, sieht Schwarzkopf in einem Lockdown für alle. "Und den wird es geben - da bin ich überzeugt", sagt er.
Es sei viel zu viel Zeit vertrödelt worden. Die Impfaktionen seien nicht vorangetrieben worden, man habe die Impfzentren geschlossen, mit den Boosterimpfungen komme man jetzt nicht richtig nach und es gebe Probleme mit dem Impfstoff-Nachschub aus dem deutschlandweiten Zentrallager in die Impfstationen.
Sein Fazit: "Wir haben es selber in vielen Bereichen verpasst, uns ordentlich vorzubereiten." Die einzige logische Lösung sei für ihn nun: "zwei, drei, vier Wochen Lockdown."
"Hört auf die Experten"
Schwarzkopf appelliert eindringlich, auf die Epidemiologen und die klinischen Modellierer zu hören. Sie seien die Experten. Das Problem sei, dass man seiner Meinung nach, diesen Experten immer nur dann wirklich zugehört habe, wenn ihre Aussagen ins Konzept gepasst haben.
Lage auf der Intensivstation
Schwarzkopf ist sich sicher, dass die beschlossenen Verschärfungen für die aktuelle Lage auf seiner Intensivstation zu keiner Entspannung führen wird. Derzeit gebe es dort neun Corona-Patienten, letzte Woche seien es vier gewesen. Und nun kämen nach und nach diejenigen dazu, die sich in den letzten Wochen angesteckt hätten.
Krisen-OP-Pläne
Im Klinikum habe man bereits Operationen verschieben müssen - und es werden mehr, sagt der Intensivmediziner. Ein neuer Krisen-OP-Plan sei gerade erstellt worden.
In dem Zusammenhang kritisiert Schwarzkopf, dass es bis dato noch keine echte Anweisung gebe. Damit sei auch nach wie vor ungeklärt, wie die durch die verschobenen OPs entstehenden finanziellen Ausfälle aufgefangen werden. Da würden sich Bund und Länder gegenseitig die Verantwortung zuschieben.
Ein Thema in der "Region am Mittag" am 29.11.2021 auf SR 3 Saarlandwelle