Eine ältere Frau am Telefon. (Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Fleig / Eibner-Pressefoto)

"Analoge Angebote, bis alle digitalen Zugang haben"

Interview: Dorothee Scharner / Onlinefassung: D.Scherer   20.12.2022 | 13:00 Uhr

Ob Behörde, Bank oder Privatunternehmen - die Digitalisierung schreitet immer weiter voran. Doch immer noch gibt es viele, die keinen Internetzugang haben. Sie fühlen sich immer mehr ausgegrenzt. Die BAGSO fordert deshalb: Solange nicht alle online sind, braucht es weiter analoge Zugänge.

Wer für seine Bankgeschäfte auf den Schalter in der Filiale angewiesen ist, weil er kein Onlinebanking machen kann, muss oft ein Vielfaches an Gebühren dafür zahlen. Und das ist nur ein Beispiel von vielen für die Benachteiligung derer, die kein Internet haben. Viele fühlen sich aber nicht nur benachteiligt, sondern sogar ausgegrenzt. Das hat eine Umfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) bestätigt.

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"Es müssen auch analoge Zugänge zur Verfügung stehen "
Audio [SR 3, Interview: Dorothee Scharner / Regina Görner, 20.12.2022, Länge: 04:01 Min.]
"Es müssen auch analoge Zugänge zur Verfügung stehen "
Interview mit Regina Görner, Vorsitzende der BAGSO.

Besonders problematisch: die Digitalisierung im öffentlichen Dienst

"Ein wesentlicher Punkt sind die Veränderungen im öffentlichen Dienst", sagt Regina Görner, die Vorsitzende der BAGSO. Das werde als besonders problematisch empfunden, weil man entsprechende Informationen, beispielsweise vom Finanzamt, ja brauche und in diesem Bereich ja nicht einfach den Anbieter wechseln könne.

Aber auch die immer weiter fortschreitenden Filialschließungen der Banken sei für viele ein Ärgernis, denn nicht überall würden vernünftige Alternativen für Menschen ohne Internetzugang gefunden.

"Die Menschen werden künstlich hilfsbedürftig gemacht"

Auf der Suche nach einer Lösung würde den Betroffen stattdessen oftmals der Rat gegeben, sich für Hilfe an Verwandte zu wenden, sagt Görner. Aber "auf diese Art und Weise macht man die Menschen künstlich hilfsbedürftig." Und entsprechend habe die Befragung der BAGSO auch gezeigt: Viele empfinden die immer weiter fortschreitende Digitalisierung als rücksichtslos und sogar verletzend und sie fühlen sich dadurch auch isoliert.

Es wird nicht nachgedacht

Das große Problem sei, dass nicht darüber nachgedacht werde, ob das, was als digitale Lösung angeboten werde, überhaupt irgendwelchen Qualitätsstandards entspreche, so Görner. Es gebe beispielsweise Gemeinden, die im Rathaus Hilfe bei digitalen behördlichen Angelegenheiten anbieten, einen Termin mit dem zuständige Mitarbeiter kann man aber nicht telefonisch, sondern nur über das Internet ausmachen. "Das zeigt, es wird nicht darüber nachgedacht, was hier eigentlich gemacht wird", sagt Görner.

Analoge Angebote bis alle digitalen Zugang haben

Die Forderung laute deshalb: "Solange nicht alle Menschen gleiche Zugänge haben, dass solange auf jeden Fall auch analoge Zugänge zur Verfügung stehen müssen", so die BAGSO-Vorsitzende. Das gelte für alle Anbieter - ob öffentlicher Dienst oder Privatwirtschaft.

Man wolle nun als BAGSO mit den Mitgliedsverbänden dieses Thema auch vor Ort ansprechen, "damit die Verantwortlichen vor Ort auch hören, wo die konkreten Probleme in ihrer Gemeinde sind."

Ein Thema in der "Region am Mittag" am 20.12.2022 auf SR 3 Saarlandwelle

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