Viele saarländische Kinderarztpraxen am Limit
Neben den jahreszeitlich typischen Infekten gibt es zurzeit eine Häufung von Streptokokken-Infektionen bei Kindern. Insgesamt sei das Infektaufkommen aber nicht höher als vor Corona, sagt Benedikt Brixius, Kinderarzt und Sprecher der saarländischen Kinder-und Jugendärzte. Problematischer sei in vielen Praxen hingegen der Personalmangel.
Seit Ende letzten Jahres arbeiten viele Kinderärzte im Saarland am Limit - und es scheint nicht besser zu werden. Zurzeit gibt es ein hohes Infektaufkommen und in vielen Kinderarztpraxen ist kaum ein Termin zu bekommen.
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Infektionsaufkommen auf ähnlichem Niveau wie vor Corona
Es seien die jahreszeitlich typischen Infekte, also Husten- und Schnupfenerkrankungen, die derzeit kursieren, sagt Benedikt Brixius, Kinderarzt und Sprecher der saarländischen Kinder-und Jugendärzte.
Hinzu komme eine besondere Häufung von Streptokokken-Infektionen. Streptokokken sind Bakterien, die vor allem Erkrankungen im Bereich der Haut und der Schleimhäute verursachen. Das heißt: eitrige Angina, aber beispielsweise auch Scharlach.
Auch Bindehautentzündungen würden derzeit gehäuft auftreten, sagt Brixius. Er selbst behandle zurzeit mehr Kinder mit Bindehautentzündung als üblich. Und auch Magen-Darm-Erkrankungen gebe es zurzeit sehr häufig. "Wir haben das reiche Potpourri an Infektionskrankheiten", so Brixius.
Das aktuelle Infektaufkommen sei zwar auf einem ähnlich hohen Niveau wie vor Corona, sagt Brixius. Das aktuell hohe Streptokokken-Aufkommen hält er jedoch für eine mögliche Folge der Hygienemaßnahmen während der Coronapandemie.
Das große Problem: Personalmangel
Dass die Praxen aktuell so überlastet sind, hängt nach Einschätzung von Brixius nicht allein am hohen Infektaufkommen. "Es war eigentlich immer so, dass zwischen Fastnacht und Ostern für uns der Höhepunkt war."
Mindestens genauso verantwortlich für die Überlastung sei der Personalmangel. Der sei derzeit ein "ganz großes Problem." In vielen Kinderarztpraxen gebe es zu wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ohne medizinische Fachangestellte bzw. Kinderkrankenschwestern sei das Arbeitspensum für einen Arzt aber gar nicht leistbar. Aktuell gebe es fast in jeder Praxis offene Stellen und die seien ganz schwierig zu besetzen, so Brixius.
Wochenenddienst besonders belastend
Besonders problematisch ist nach Einschätzung von Brixius inzwischen die Arbeit an den Wochenenden in den Bereitschaftsdienstpraxen, wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren jeweiligen Ärzten mit im Einsatz sind. "Da sind wir ganz schön am Anschlag und da ist die Belastung sehr hoch", sagt Brixius. Hinzu komme, dass die Zahl der Ärzte, die den Bereitschaftsdienst machen, zurückgegangen sei. Das heißt: "Immer weniger Ärzte und Mitarbeiterinnen müssen die gleiche Dienstfrequenz schultern und das ist schon eine heftige Belastung."
Ruhe, Tee und Geduld
Brixius appelliert an die Eltern, es bei einem leichten Infekt es erst mal mit naturheilkundlichen Mitteln zu versuchen wie Tee, Fenchelhonig, Brustwickel oder kneippschen Anwendungen. Und bei Fieber sollten Kinder auf jeden Fall viel ruhen und trinken.
Es sei ihm durchaus bewusst, dass viele Eltern unter dem Druck stünden, dass ihre Kinder möglichst schnell wieder in den Kindergarten können, weil sie selbst wieder arbeiten müssten, so der Kinderarzt. "Infektkrankheiten dauern aber nun mal eine Woche", daran könnten auch die Ärzte nichts ändern. Da sei einfach Geduld gefragt.
Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 03.03.2023 auf SR 3 Saarlandwelle