Angeklagter im Yeboah-Fall sagt erstmals aus (Foto: SR)

"Macht Schluss mit der Bagatellisierung"

Das Jahr, die Meinung: Der Yeboah-Prozess

Thomas Gerber   13.12.2022 | 12:00 Uhr

Während die Bundesanwaltschaft von einer eindeutig ausländerfeindlichen Motivlage ausgeht, tun sich Behörden, die Stadt Saarlouis und die Landespolitik seit Jahrzehnten schwer, die Tat als rassistisch zu bezeichnen. Saar-Justizministerin Petra Berg von der SPD hatte da wenige Stunden vor Prozessbeginn Ende November eine Zeitenwende eingeleitet.

Die Meinung

Dass Peter S. das Feuer gelegt hat, ist noch längst nicht bewiesen. Für manch einen mag es schwer zu ertragen sein, auch für einen gewaltbereiten Neonazi gilt die Unschuldsvermutung. Genau das macht einen Rechtsstaat aus.

Das Jahr, die Meinung: Der Yeboah-Prozess
Audio [SR 3, Thomas Gerber, 14.12.2022, Länge: 03:15 Min.]
Das Jahr, die Meinung: Der Yeboah-Prozess

Während juristisch, was die persönliche Schuld angeht, also Zurückhaltung geboten ist, politisch braucht es klare Kante. Es gibt nun mal keine andere Erklärung als die, dass das Feuer aus Ausländerhass gelegt wurde. Sämtliche andere Spuren waren damals, im Gegensatz zu denen in die rechte Szene, akribisch ausermittelt worden. Ergebnislos.

Die Serie von Anschlägen auf Asylbewerber vor und nach dem tödlichen Brand, Aufmärsche der Skinheads, eine Asylbewerberunterkunft als Ziel des Anschlags, das skrupellose und feige Vorgehen, die ausländerfeindliche Stimmungslage damals; all das lässt nur den Schluss zu: Es ging dem oder den Tätern darum, das ihnen verhasste Fremde zu töten.

Über Jahrzehnte verschanzte sich die Politik hinter Formaljuristischem. Ministerin Berg, selbst Juristin, hat dieser Bagatellisierung endlich ein Ende gemacht. Eine rassistische Tat müsse auch als solche bezeichnet werden, denn ansonsten treibe man das Spiel der Verharmloser der rechten Bedrohungslage. Hoffentlich keine Einzelmeinung im SPD-Landeskabinett!

Wobei Berg auch im eigenen Beritt aufarbeiten will. Denn die Staatsanwaltschaft hatte in der Vergangenheit bei Übergriffen auf Ausländer rassistische Motive nahezu systematisch ausgeklammert. So wurde unter anderem die tödliche Messerattacke auf dem Salzbrunnenfest in Sulzbach juristisch auf das Niveau einer Kirmesschlägerei herunterdekliniert. Dem Täter habe die staatsgefährdende nationalsozialistische Ideologie gefehlt. Das greift zu kurz.

Dass in Sulzbach 2002 ein junger Türke sterben musste, war kein Zufall. Es ist eine aus der NS-Zeit bekannte Unterteilung: in Deutsche und Nicht-Deutsche, in lebenswertes und lebensunwertes Leben. Allein das schon ist staatsgefährdend, ein Angriff auf Menschenrechte und damit auf die Grundfesten unserer Demokratie.


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 13.12.2022 auf SR 3 Saarlandwelle

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