Bianca Schaalburg über ihr Buch "Der Duft der Kiefern"
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in vielen Familien kaum über das Erlebte während der Kriegsjahre geredet. Deswegen wissen heute auch viele Deutsche nicht, welche Rolle ihre Vorfahren wirklich während des Nationalsozialismus gespielt hatten. Zum Holocaust-Gedenktag hat Michael Friemel mit der Autorin Bianca Schaalburg gesprochen. Sie hat herausgefunden, dass ihre Familie zu den Tätern gehörte. Aus der Familienrecherche entstand dann das Buch "Der Duft der Kiefern".
Bianca Schaalburg ist Illustratorin, 1968 geboren und Berlinerin. Sie ahnte schon länger, dass ihre Familie zu den Tätern der NS-Zeit gehörte. Sie wollte aber Gewissheit und fing an zu recherchieren. Die Ergebnisse hat sie in ihrem neuen Comic-Buch "Der Duft der Kiefern. Meine Familie und ihre Geheimnisse" zusammengefasst.
Ein böses Erwachen
Ihre Mutter habe sich schon für die Rolle ihres Vaters im Krieg interessiert, erzählt Bianca Schaalburg. Sie "konnte ihn nicht groß fragen", denn er verstarb, als sie gerade 18 Jahre alt war. Hinterher habe ihre Mutter wissen wollen, woran ihr Vater an der Ost-Front eigentlich beteiligt gewesen sei, der habe nämlich nie darüber gesprochen. "Klar war, dass ihre Familie nicht Widerstandskämpfer war oder irgendwelche guten Taten vollbracht hat."
Bianca Schaalburg weiß inzwischen, dass ihr Großvater an Kriegsverbrechen in Lettland beteiligt gewesen sein könnte und dass im Haus der Großeltern eigentlich Juden gelebt haben, die ermordet wurden. Schaalburg sagt, sie sei extrem schockiert gewesen, als sie davon erfahren habe. Von ihren Verwandten habe sie immer wieder gehört, "es gab hier keine Juden und wir wussten von nichts". Ihr Großvater sei auch kein "böser Nazi" gewesen. In der Partei sei er auch nur gewesen, weil jeder drin gewesen sei und auch um beruflich weiterzukommen. "Zu erfahren, dass er schon 1926 in die NSDAP eingetreten war und 1928 in die SA, das war ein ganz schöner Schock."
Warum in Comic-Form?
Als Illustratorin wollte Schaalburg "immer schon ein größeres Projekt" realisieren. Im Comic habe sie die Möglichkeit gehabt, die "vielen Leerstellen und Lücken, die sich bei der Recherche aufgetan haben", mit ihrer Fantasie zu füllen. So zeigt sie beispielsweise verschiedene Szenarien, wie die Aufgabe ihres Großvaters in Riga ausgesehen haben könnten.
Über die drei Juden, die vor ihren Großeltern in dem beschriebenen Haus gelebt hatten, hat Schaalburg nichts herausfinden können. "Die habe ich dann eben nur als Silhouetten gezeichnet, damit man sich selber die Figur vorstellen kann."
Das Buch
Bianca Schaalburg: "Der Duft der Kiefern"
avant Verlag: 208 Seiten, 26 Euro
ISBN: 978-3-96445-058-6
Der Holocaust-Gedenktag
Ein Thema in der Sendung "Guten Morgen" am 27.01.2022 auf SR 3 Saarlandwelle.